Burg aus Sand
Laura Gaiser / Lea Gocht / Theresa Klumpp / Clarissa Schnitzer
11.3. – 23.4.
Text: Didem YazıcıAuch wenn man weiß, dass sie am Ende des Tages weggespült wird, ergibt es einen Sinn, eine Burg aus Sand zu bauen. Die Bedeutung liegt nicht in der Existenz einer Sandburg, sondern in dem Prozess, sie zu bauen. Ihre Sandburg wird womöglich nicht die Welt retten, sie kann jedoch andere inspirieren und informieren. Sie kann dem Leben einen neuen Sinn geben. In ihrer Ausstellungsbewerbung schrieben die Künstlerinnen: Die Burg aus Sand bedarf weder einer baulichen Gestaltung, noch unterliegt sie bestimmten Regeln oder Vorschriften. Eine Burg aus Sand bedeutet: improvisieren, spielen, schaffen, bauen und zerstören. In diesen Worten steckt ein großes Gefühl von Freiheit. Nicht nur wegen der Leichtigkeit und der Offenheit gegenüber neuen Erfahrungen und Spontaneität, ohne Angst vor dem natürlich entstehenden Chaos, vielmehr wegen eines gefestigten Selbstbewusstseins, das bereit ist, Risiken einzugehen und Misserfolge zu akzeptieren! Kurz gesagt, die magische Essenz dieser Ausstellung besteht aus weiblichen Energien: der Freundschaft, der Lebendigkeit, der Konversation und der sanften Kraft des gemeinsamen Raums. Die Ausstellung beginnt mit den Arbeiten von Clarissa Schnitzer. Die Fortpflanzung des Menschen hängt vom weiblichen Körper ab, und der Druck und die Erwartungen bedeuten für viele Frauen auf der ganzen Welt eine große Belastung. Auf humorvolle Art und Weise nimmt die Künstlerin den Frauen diese Last von den Schultern. Ihr Werk Auf Freyas Spuren ist ein narratives Video, das die verschiedenen Stadien der weiblichen Fruchtbarkeit auf humoristische Weise reflektiert. In diesem Video wird der menschliche Körper als Teil eines größeren Ökosystems gesehen, zu dem verschiedene Spezies und Tiere gehören. Ein ähnlicher Ansatz ist auch in Laura Gaisers filmischen Arbeiten zu erkennen, die als letztes Werk der Ausstellung zu sehen sind. Die Ausstellung wird mit den Werken der Künstlerin Theresa Klumpp fortgesetzt. Wir sind eingeladen, an einem speziell für die Ausstellung angefertigten Wandgemälde inne zu halten. Das Gemälde verleiht der Ausstellung Luft und Leichtigkeit. Diese fliegenden Objekte sind nicht definiert, sie können Gedanken, Fliegen, Schatten, Hosen oder Erinnerungen sein. In den Worten der Künstlerin all das, das leicht genug zum Fliegen ist.Das Gemälde mit dem Titel High-Kite ist an der Wand angebracht. Es drängt das Wandgemälde jedoch nicht in den Hintergrund, vielmehr geht beides ineinander über.In ihrem Gemälde mit dem Titel UP ist ebenfalls ein fliegendes Objekt zu sehen, aber dieses Mal scheint es etwas Konkreteres zu sein: eine Rakete. Ob es sich um eine echte Rakete oder Spielzeug handelt, ist unklar. In Anbetracht der Düsternis des Gemäldes kann man jedoch nicht umhin, an die anhaltenden Kriege, Invasionen und an die staatliche Gewalt in der Welt zu denken, in der Nachrichten über Kriege “normal” geworden sind.Die Themen der Bilder von Theresa Klumpp stammen aus dem alltäglichen Leben, wobei sie einen konkreten Gegenstand, ein Gefühl oder erlebte Situation nutzt, um über universale Themen oder Gemütszustände zu reflektieren. Lea Gocht ist eine Künstlerin, die mit verschiedenen Materialien Installationen und Skulpturen erschafft. Inspiriert von Bühnenbild und Theater, sind ihre Installationen außergewöhnlich choreographiert und berücksichtigen die architektonischen Elemente des Raums, in dem ihre Werke gezeigt werden. Zwischen Weiblichkeit, Inszenierung und Macht hat sie eine einzigartige Art entwickelt, sich mit der weiblichen Präsenz auseinanderzusetzen. Speziell für die Skulpturen dieser Ausstellung nutzt sie die Mode als Mittel, um den Mainstream und geschlechtsspezifische Machtdynamiken zu hinterfragen. Zwischen den Wandarbeiten von Theresa Klumpp und Laura Gaiser installiert, erden Lea Gochts Objekte die Ausstellung mit der dreidimensionalen Erfahrung.
Gegen Ende der Ausstellung sind Sie eingeladen, sich die filmischen Arbeiten von Laura Gaiser und die Klangarbeiten von Tobias Graf-Carl anzusehen. Wie bereits erwähnt, betrachtet Laura Gaiser die Welt nicht aus dem Blickwinkel des Menschen, vielmehr aus der Perspektive der biologischen Vielfalt. Sie zelebriert die Liebe und Sexualität zwischen allen Geschlechtern und Spezies, ihre filmischen Arbeiten sind fließend, körper- und geschlechtspositiv. So wie der unaufhaltsame Fluss des Wassers, ein Ort, an dem die Liebe keine Grenzen kennt und überfließt. Seit Tausenden von Jahren verwandeln sich Zusammengehörigkeit, Hoffnung und sogar Widerstand in Freude, an einem Ort, an dem sie sich sammelt und wie ein Wassertropfen fließt. Mit ihren gemeinschaftlichen filmischen Arbeiten schafft die Künstlerin ein fließendes, feministisches und queeres Ökosystem, das uns die Tiefe des Meeres und seine sprudelnde Vielfalt vor Augen führt und uns daran erinnert, dass jede Krake, jeder Fisch, jeder Mensch und jede Alge gleichwertig in ihrer Existenz sind.
Alle Installationansichten / Fotos: Lea Gocht