Der Stadttunnel bietet für die Gestaltung der Innenstadt entlang der Dreisam völlig neue Möglichkeiten. Was entstehen könnte, wenn täglich Zehntausende Fahrzeuge ihren Weg unter der Erde nehmen, statt mitten durch die Stadt zu fahren, zeigt eine Konzeptstudie. Wo heute der öffentliche Raum durch die stark befahrene B31 und weitgehend versiegelte Flächen dominiert wird, können künftig Freiräume für vielfältiges urbanes Leben geschaffen werden: Von einer Gastro-Zone mit Außenbewirtung über großzügige Promenaden mit Blick über den Fluss bis hin zu grünen naturnahen Räumen.
Die Studie, die von den renommierten Büros Latz+Partner und Schneider Schumacher bearbeitet wurde, stellt keine endgültige Planung dar. Sie wurde im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung in einer eigenen Arbeitsgruppe mit Freiburger Bürger_innen diskutiert und weiterentwickelt. Das nun vorliegende Zwischenergebnis wird dem Gemeinderat noch dieses Jahr vorgestellt, die abschließende Bearbeitung erfolgt im kommenden Jahr.
Parallel zu der Studie zur Oberflächengestaltung lief eine Verkehrsuntersuchung. Sie zeigt, dass es an der Oberfläche mit dem Tunnel nur noch zwei durchgehende Fahrstreifen braucht, nämlich einen je Richtung. Und diese Fahrspuren könnten entweder jeweils auf einer Dreisamseite verlaufen oder gebündelt auf der Südseite des Flusses – das ermöglicht folgende beiden Varianten.
Gestaltungsvarianten
Variante 1: Hauptverkehr auf der Südseite
Bei dieser Variante wird der Hauptverkehr auf der Südseite der Dreisam in beiden Richtungen geführt. Auf der Nordseite könnte zwischen Kronen- und Greiffeneggbrücke ein Fußgängerbereich entstehen. Dieser darf nur von Lieferverkehr, Rettungsfahrzeugen, Radverkehr und für die Zufahrt zu privaten Stellplätzen befahren werden.
Auf der Nordseite in direktem Übergang zur Innenstadt kann so ein neuer Aufenthaltsraum geschaffen werden. Die Oberfläche soll einheitlich gestaltet sein, wobei die Fahrspur nur durch eine tastbare Kante abgegrenzt wird.
Das ermöglicht im Erdgeschoss der Gebäude die Entwicklung einer lebhaften Front mit kleinen Geschäften, Dienstleistungen, kulturellen Einrichtungen und vor allem Gastronomie. Wo die Breite es zulässt, wäre entlang der Fassaden Platz für Außengastronomie. Der Hauptweg für Fußgänger_innen schließt sich daran an, der von einer neu angelegten Reihe großer Bäume beschattet wird. In der Mitte ist Raum für Radverkehr sowie für Rettungs- und Anlieferfahrzeuge vorgesehen.
Eine weitere Reihe neu gepflanzter Bäume schließt sich nach Süden hin an. Hier erstreckt sich eine großzügige Promenade mit direktem Blick auf die Dreisam.
Weitere Planungsdetails dieser Variante
Perspektive Dreisampromenade West (Schreiberstraße)
Die Zeichnung zeigt den neuen Aufenthaltsbereich auf der Nordseite in der Schreiberstraße. Ein einheitlicher Belag reicht bis zur Wiesenfläche Richtung Dreisam. Der Raum beinhaltet eine Zone für Gastronomie entlang der Gebäude, großzügigen Raum für den Fuß- und Radverkehr im Schatten von zwei Reihen neu gepflanzter Bäume, eine Promenade mit Blick zum Fluss. Die Promenade wird durch ein "Aktionsband" erweitert.
Dieses ermöglicht verschiedene Attraktionen wie zum Beispiel Kunstwerke, temporäre Pflanzbeete, eine Nebeldusche, einen kleinen Eiskiosk, Spielelemente, Toiletten und vieles mehr.
An die Promenade grenzt ein offener Freiraum für alle zwischen Kronen- und Kaiserbrücke an. Dieser ersetzt die verbaute Situation und das heute bestehende Cafégebäude und verbindet die Promenade auf Stadtniveau mit dem Fußweg entlang der Dreisam. Diese Fläche ist als konsumfreier und vielseitig nutzbarer Raum konzipiert, frei von festen Einbauten aller Art. Ein barrierefreier Weg gewährleistet eine inklusive Verbindung zum Ufer für alle. Eine entsprechende Rampenanlage östlich der Kaiserbrücke ermöglicht ebenfalls barrierefreien Zugang.
Die Verkehrsführung in Luisen- und Marienstraße müsste angepasst werden, so dass eine Sackgasse mit Wendemöglichkeit an der Dreisamstraße entsteht.
Beidseitig der Dreisam könnten Buhnen und an einer Stelle eine Insel gebaut werden. So wird die Strömung verbessert und es entstehen neue Habitate im und am Wasser.
Perspektive Dreisampromenade Ost
In der Dreisamstraße setzt sich das Profil des fußgängerfreundlichen Raums fort, wenn auch platzbedingt in verengter Form und ohne Aktionsband. Auch hier läuft der Oberflächenbelag durch, so dass Bewegung in alle Richtungen möglich ist. Die Hauptbewegungslinien verlaufen entlang der Gebäude und entlang der Kante zum Flussraum. Zwischen den Baumreihen gibt es eine Fahrgasse, die gemeinsam von Zufußgehenden, Radverkehr und zulässigem Kfz-Verkehr (Anlieferung, Zufahrt zu privaten Stellplätzen) genutzt wird. Parkplätze gibt es nicht, der Raum gehört den Fußgängerinnen und Fußgängern.
Perspektive Lessingstraße
Auf der Südseite der Dreisam in der Lessingstraße fließt der nach dem Bau des Stadttunnels verbleibende Restverkehr. Um die Quartiere besser zu erschließen und den FR1 zu entlasten, entstünde auf der Fahrbahn ein Radstreifen für Radverkehr.
Eine neue Baumreihe würde den Hausvorbereich von der Straße trennen und damit eine angenehme Verbindung für zu Fuß Gehende entlang der Gebäude bilden. Auf der Flussseite wird der lückenhafte Baumbestand zu einer durchgehenden Reihe aufgestockt.
Hybridlösung mit Fußgängerzone und temporeduziertem Bereich auf der Nordseite
Alternativ könnte sich die Fußgängerzone nur bis zur Kaiser-Joseph-Straße erstrecken. Der Bereich zwischen Kaiser- und Greiffeneggbrücke wäre von den Oberflächen her gleich, also in einheitlichem Belag gestaltet, erhält jedoch eine Fahrspur für Radfahrer_innen und Anliegerfahrzeuge mit stark reduziertem Tempo.
Die Hauptbewegungslinien verlaufen auch hier entlang der Gebäude und entlang der Kante zum Flussraum. Der Bereich zwischen den Baumreihen kann in diesem Abschnitt von Radfahrern und Anliegerverkehr mit stark reduziertem Tempo befahren werden, auch einzelne seitliche Parkbuchten für Anlieger wären möglich.
Perspektive Dreisampromenade Ost
In der Dreisamstraße setzt sich die Fußgängerzone östlich der Kaiserbrücke in einem fußgängerfreundlichen Profil fort, raumbedingt in verengter Form und ohne Aktionsband. Wie in der Schreiberstraße läuft der Belag kontinuierlich durch, so dass Bewegung in alle Richtungen möglich ist.
Programm und Aktivitäten
Variante 2: Verkehr beidseitig verteilt auf Nord- und Südseite
In dieser Variante wird der Kfz-Verkehr, analog zur heutigen Situation, auf beide Uferseiten verteilt, aber reduziert auf jeweils eine Spur. Aufgrund der freiwerdenden Flächen ist es dennoch möglich, auf der Nordseite den angestrebten neuen Aufenthaltsraum in direktem Übergang zur Innenstadt umzusetzen.
Auch in dieser Variante ist im Erdgeschoss der Gebäude eine aktive lebendige Front mit kleinen Läden, Dienstleistungen, Kultur und Gastronomie möglich. Wo die Breite es zulässt, entsteht wäre entlang der Fassaden Platz für Außengastronomie.
Weitere Planungsdetails dieser Variante
Perspektive Dreisampromenade West (Schreiberstraße)
Die Darstellung zeigt den neuen Aufenthaltsbereich auf Stadtniveau auf der Nordseite in der Schreiberstraße. Der Raum integriert die Einbahnstraße mit reduzierter Geschwindigkeit. Ein einheitlicher Belag für den Fußgängerbereich entlang der Gebäude und die Promenade an der Kante zum Fluss stellt eine materielle Verbindung her. Zwei Reihen neu gepflanzter Bäume spenden großzügigen Schatten.
Auch das Aktionsband kann in dieser Variante realisiert werden, das verschiedene Attraktionen ermöglicht wie zum Beispiel Kunstwerke, temporäre Pflanzbeete, eine Nebeldusche, einen kleinen Eiskiosk, Spielelemente, Toiletten und vieles mehr.
Der Blick zur Dreisam bleibt von großzügigen Sitzelementen aus stets offen. Sofern technisch umsetzbar, könnte hier ein neues Bächle integriert werden. Insgesamt entsteht auf Stadtniveau ein großzügiger, lebendiger und vielgestaltiger Stadtraum, der nach dem Vorbild eines urbanen Boulevards den Autoverkehr integrativ aufnimmt.
Ebenfalls möglich sind alle Konzepte für den Freiraum in Richtung Dreisam: Der offene Freiraum für alle, der sich bis zum Fußweg entlang der Dreisam erstreckt, der diagonale Verbindungsweg, sowie die Rampenanlage östlich der Kaiserbrücke.
Perspektive Dreisampromenade Ost
In der Dreisamstraße setzt sich das Profil der Schreiberstraße fort, platzbedingt in verengter Form und ohne Aktionsband. Auch hier werden die beiden neuen Baumreihen fortgeführt. Stadtseitig sind zwischen den Bäumen einzelne Parkbuchten möglich.
Perspektive Lessingstraße
In der Lessingstraße bereichert die neue Promenade am Fluss den Raum. Auch hier wird über konsistente Oberflächengestaltung eine materielle Verknüpfung hergestellt und die innen liegende Fahrbahn integriert. Eine neue Baumreihe könnte entstehen, die den Hausvorbereich von der Straße trennt. So gäbe es eine angenehme Verbindung für Fußgänger entlang der Gebäude. Ein Radstreifen erschließt die Quartiere und entlastet den FR1.
Von der Promenade aus führen kleine Treppen zum Ufer, wo auf steinernen Buhnen kleine Aufenthaltsorte entstehen, ohne die naturnahe Zone zu beeinträchtigen. Weiterhin wird es möglich, den Hausvorbereich etwas breiter zu gestalten, der die neue Baumreihe aufnimmt. Auch in dieser Lösung soll der gute Baumbestand entlang der Kante zum Fluss durch Neupflanzungen zu einer Reihe weiterentwickelt werden.
Programm und Aktivitäten
Potenziale
Die Zone zwischen Schreiberstraße und Dreisam ist eine entscheidende Stelle für die Neugestaltung des Dreisamraums. Aufgrund der Lage direkt an der Innenstadt kann hier ein Freiraum entstehen für Menschen aus den angrenzenden Quartieren gleichermaßen wie für alle aus der gesamten Stadt. Diese Fläche ist gewissermaßen das Herzstück der Kette von Freiräumen entlang der Dreisam.
Sitzen, liegen, sonnenbaden, spielen, den Fluss beobachten - die aktuelle Nutzung soll nicht nur beibehalten, sondern auch verbessert werden. Mit einen offenen Freiraum für alle, in dem alles Erdenkliche geschehen kann, kein Konsumzwang herrscht und alle Bevölkerungsgruppen freien und inklusiven Zugang haben. Er wird zum jedermann bekannten Treffpunkt im Stadtgefüge.
mehr...
Das Konzept der „Offener Freiraum für alle“ ist unabhängig von den jeweiligen Verkehrsszenarien umsetzbar. Im Vergleich zum Bestand werden die Grünflächen um rund 3.000 Quadratmeter vergrößert.
Hier finden sich nur von allen nutzbare Elemente wie Wege, Bänke oder Sitzstufen. Die Fläche der Wiese soll möglichst großzügig angelegt werden, ergänzt lediglich um Elemente zur barrierefreien Erschließung und Sitzgelegenheiten. Die Wiese eröffnet und inszeniert den Blick auf die Dreisam, der von den Ufern und der Kronenbrücke aus ungehindert bleiben soll. Der Sorge, dass hier eine Quelle für nächtlichen Lärm und Müll entsteht, muss in der Detailgestaltung und dem Management Rechnung getragen werden.
Baumpflanzungen sind eines der wesentlichen Instrumente, um die Folgen des Klimawandels für das Kleinklima in der Stadt abzufedern und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Schattenwurf, Verdunstung, langfristige Bindung von CO2 ergänzen sich mit dem Bedürfnis nach atmosphärischer Bereicherung des Stadtraums.
Insgesamt ist die Pflanzung von rund 280 neuen Bäumen in den Gestaltungsvorschlägen enthalten. Die Prüfung der Umsetzbarkeit an den einzelnen Standorten, vor allem hinsichtlich der Spartenlage, muss zu einem späteren Zeitpunkt noch erfolgen. Ebenfalls im Rahmen der Bürgerbeteiligung wurde der Wunsch geäußert, nicht nur viele, sondern auch groß wachsende Bäume zu pflanzen, idealerweise bereits in großen Pflanzgrößen.