Freitag, 20. Oktober 2023, 16 Uhr
83. Jahrestag der Deportation der Freiburger Jüdinnen und Juden nach Gurs

Foto: Seeger/Stadt Freiburg Foto: Seeger/Stadt Freiburg

Der 22. Oktober 1940 war der letzte Tag des jüdischen Laubhüttenfestes (hebräisch: Sukkot). In einer konzertierten Aktion der nationalsozialistischen Gauleiter Robert Wagner („Gau Baden“) und Josef Bürckel („Gau Saarpfalz“) wurden an diesem Tag über 6500 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Baden, der Pfalz und dem Saarland in das Lager Gurs in Südfrankreich deportiert. Vom Freiburger Bahnhof aus wurden mindestens 379 Freiburger Jüdinnen und Juden deportiert.
Viele der in Gurs Internierten starben aufgrund völlig unzureichender Nahrung, katastrophaler hygienischer Zustände und fehlender medizinischer Versorgung an Entkräftung, Hunger und Krankheit. Ab August 1942 wurden die noch Lebenden über das Sammellager Drancy bei Paris in die Vernichtungslager im Osten, vor allem nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet.
In den Jahren 1939 bis 1945 wurden im südfranzösischen Gurs an die 60.000 Menschen interniert: zunächst Soldaten der im Spanischen Bürgerkrieg geschlagenen republikanischen Armee, dann in Frankreich "unerwünschte" Frauen und Kinder sowie "Politische" und schließlich jüdische Männer, Frauen und Kinder. Zuletzt waren es Sinti und Roma, die als Unerwünschte inhaftiert waren, bevor das Lager Gurs nach Kriegsende geschlossen wurde.
Gedenkfeier
Anlässlich des 83. Jahrestags lädt die Stadt Freiburg zusammen mit den Mitveranstaltern zu einer Gedenkfeier am Freitag, 20. Oktober, 16 Uhr, auf den Platz der Alten Synagoge ein.
Reden
Zunächst spricht für die Stadt der Erste Bürgermeister Ulrich von Kirchbach. Es folgen Beiträge von Irina Katz, Vorsitzende der Israelitischen Gemeinde Freiburg und von Cornelia Haberlandt-Krüger, Vorsitzende der Egalitären Jüdischen Chawurah Gescher.
Nach den kurzen Ansprachen wird Judi Beecher über die Verfolgung und Rettung ihrer jüdischen Großeltern Adolf Paul und Alice Reutlinger und ihrer Mutter Ronja sprechen. Die drei wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Ronja war damals vier Jahre alt. 1942 gelang der Familie die Flucht aus dem Nebenlager Rivesaltes. Unterstützt von vielen Helfer_innen und über viele Stationen gelang den Großeltern die Flucht in die Schweiz. Ronja blieb zunächst in einem französischen Kinderheim nahe der Schweizer Grenze. 1943 verhalf ihr die Kinderrettungsorganisation OSE [Oeuvre de secours aux enfants] zur Flucht in die Schweiz.1946 konnte die ganze, inzwischen fünfköpfige Familie Reutlinger in die USA ausreisen.
Die amerikanische Schauspielerin und Filmemacherin Judi Beecher ist auf Einladung der Israelitischen Gemeinde bereits am 18. Oktober in Freiburg. Im Rahmen der diesjährigen „Jüdischen Kulturtage 5784“ ist sie Gast bei der Vorpremiere des Films „Tango Shalom“ im Friedrichsbau Kino, in dem sie mitspielt. Sie arbeitet an einer filmischen Dokumentation über die Überlebensgeschichte ihrer Großeltern und ihrer Mutter Ronja, in der sie auch einen Zusammenhang zu heutigen Fluchtgeschichten herzustellen versucht.
Gebete
Zum Gedenken an die Opfer des Holocaust werden dann El Male Rachamim und Kaddisch von Vertreter_innen der Israelitischen Gemeinde Freiburg und der Egalitären Jüdischen Chawurah Gescher gebetet.
Schweigemarsch
Im Anschluss findet ein Schweigemarsch zum Mantel-Mahnmal auf der Wiwili-Brücke statt. Dort werden Kränze niedergelegt.
Die Bevölkerung ist herzlich eingeladen, an dieser Gedenkfeier teilzunehmen. Die Teilnahme ist kostenlos.