Geschichtliches
Lehen ist seit 50 Jahren eingemeindet. Hier finden Sie alles von der Gründung bis zur Eingemeindung: Lehen hat eine bewegte Geschichte
Alles hat mit einem Schutzbrief angefangen: Am 14. April 1139 versicherte Papst Innozenz II. dem Bischof von Basel die „Ecclesia de Leheim“, also die Kirche zu Lehen, unter den Schutz der römisch-katholischen Kirche zu stellen. Obwohl die neuere Forschung inzwischen von einer Fälschung ausgeht, ist es immer noch die erste urkundliche Erwähnung Lehens; die offizielle Geburtsstunde der Gemeinde. Es folgt eine bewegte Geschichte von Bauernaufständen, wechselnden Herrschaften und zwei Weltkriegen, bis sie am 1. September 1971 eingemeindet wird und seither ein Teil Freiburgs ist. Natürlich ist das beschauliche
Örtchen am nordwestlichen Rand Freiburgs aber wesentlich älter. Auf dem Lehener Bergle, einer 500 Meter breiten, 1,5 Kilometer langen und 30 Meter hohen Erhebung, wurden Feuersteinsplitter aus Jaspis und knöcherne Doppelwerkzeuge aus der vorrömischen Eisenzeit gefunden. Später bauten die Römer hier vermutlich Lehm ab und besiedelten die Gegend.
Ein rätselhaftes Wappen
Auf den Lehmabbau folgte der Rebenanbau: Der aufgeweichte Boden bietet dem Spätburgunder ideale Verhältnisse. Schon im 13. Jahrhundert begann der Weinbau am Lehener Bergle und erreichte seine Blütezeit um das 16. und 17. Jahrhundert. Wie wichtig der Rebensaft für die kleine Gemeinde war, zeigt die Wappenwahl des Stadtrats im Februar 1899. Das schildförmige Zeichen besteht aus einem großen L für Lehen, einem roten, sichelförmigen Rebmesser und einer Rosette. Letztere wirft bis heute Fragen auf: Steht sie für Ammoniten? Die versteinerten Schnecken finden sich in den 65 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten auf dem Lehener Bergle. Bis heute sind sie im Gemeindebild zu finden – die Giebelfronten von 15 Häusern sind mit wagenradgroßen Ammoniten verziert.
Der Bundschuhaufstand von 1513
Harte Frondienste, hohe Steuern und viele Abgaben: Die meisten Bauern lebten im Mittelalter in bitterer Armut, und manche entschlossen sich, mit Gewalt gegen die adelige Herrschaft vorzugehen – so auch in Lehen: „Im Jahr 1513 versammelten sich in diesem Orte ein Haufen aufrührerischer Bauern. Diese
Verschwörung wurde noch in guter Zeit entdeckt, 200 bewaffnete Freiburger überraschten unvermuthet das Dorf Lehen, nahmen die Bande theils gefangen, theils zerstreuten sie dieselbe.“
Anders als das historische Lexikon aus dem Großherzogtum Baden im Jahr 1816 bewertet die Gemeinde den Bundschuhaufstand heute nicht mehr so kritisch. Im Gegenteil: Der Ortsvorsteher Bernhard Schätzle sieht darin gar den wichtigsten Moment in der Lehener Geschichte: „Vieles, was die Aufständischen forderten, bildet die Basis des deutschen Grundgesetzes. Daher ist es uns ein besonderes Anliegen, die Ereignisse vor 500 Jahren hier in Lehen gebührend zu würdigen.“
Angefangen hat alles im Jahr 1502: In Untergrombach bei Bruchsal gründete sich damals eine Verschwörung, die mehrere Tausend Mitglieder, meist Bauern, gehabt haben soll. Ihr Markenzeichen: der Bundschuh, der Schuh des gemeinen Mannes. Einer der Anführer, Joß Fritz, tauchte um 1512 in Lehen auf. Als altgedienter Soldat konnte er Eindruck machen und sammelte zahlreiche Gleichgesinnte um sich. Die im Wald gelegene „Hartmatte“ war der geheime Versammlungsort. Schließlich verrieten zwei Maler aus Freiburg die Bewegung; am 6. Oktober 1513 zerschlug die Freiburger Obrigkeit den Aufstand. Kein Lehener Bürger durfte fortan mehr bewaffnet durch die Stadttore kommen. Im Jahr 2013 feierte der Ort das 500-jährige Bundschuhjubiläum: Der Holzbildhauer Thomas Rees aus Kappel fertigte eine Bundschuheiche an, um den Bauernaufstand zu gedenken.
Lehen wird ein Teil von Freiburg
Knapp 458 Jahre nach dem Bundschuhaufstand, am 1. September 1971, unterzeichneten der damalige Lehener Bürgermeister Heinz Scherer und der Oberbürgermeister der Stadt Freiburg, Eugen Keidel, im neuen Ratssaal der Stadt den Eingemeindungsvertrag. Die Ortschaftsverfassung schrieb fest, dass
wichtige Teile der Verwaltung in der Gemeinde verbleiben und der Ortsvorsteher im Freiburger Gemeinderat ein Mitspracherecht hat.
Lehen: Fakten und Zahlen
An Dreisam und Stadtrand gelegen, ruhig und nach wie vor dörflich – so lässt sich die einst selbstständige Ortschaft Lehen beschreiben, die vor 50 Jahren – im September 1971 – eingemeindet wurde und seither zu Freiburg gehört. Heute ist Lehen gleichzeitig Stadtteil und Bezirk, hat einen zwölfköpfigen Ortschaftsrat und eine eigene Ortsverwaltung. Ortsvorsteher ist Bernhard Schätzle, der auch dem Freiburger Gemeinderat angehört. Als Randbezirk im Nordwesten der Stadt konnte Lehen sich seinen dörflichen Charakter bewahren. Einfamilien- und Reihenhäuser mit Gärten prägen den Ortsteil. Sport und
Freizeitmöglichkeiten bieten das Hallenbad Lehen, die Naherholungsgebiete Lehener Bergle und Bereiche des Stadtwalds sowie zahlreiche Vereine – einer der bekanntesten davon ist der Bundschuh zu Lehen e. V.
2020 hatte Lehen knapp 2500 Einwohnerinnen und Einwohner, Tendenz leicht sinkend. Das dürfte sich allerdings schon bald ändern: Vor allem das kürzlich vom Gemeinderat beschlossene Neubaugebiet Im Zinklern dürfte für Wachstum sorgen: in dem etwa 14 Hektar großen, südwestlich des Ortskerns an der Dreisam gelegenen Gebiet sollen 515 Miet- und Eigentumswohnungen gebaut werden, weitere 100 geförderte Mietwohnungen sowie 35 Doppelhaushälften oder Reihenhäuser. Außerdem sind ein 800 Quadratmeter großes Lebensmittelgeschäft, eine Kita und eine Pflegeeinrichtung für Senioren geplant. Hinzu kommen ein Quartiersplatz, zwei kleinere Bolzplätze und Flächen für neue Formen des Gärtnerns. Die Zahl der Wohnungen in Lehen erhöht sich damit um 50 Prozent, die Einwohnerzahl wird voraussichtlich auf knapp 4000 steigen – damit wäre Lehen nach St. Georgen, Hochdorf und Opfingen die viertgrößte Ortschaft. Politisch gesehen ist Lehen eher konservativ: Bei der Bundestagswahl 2017 lag die CDU mit einem Ergebnis von 32,3 Prozent weit vor den Grünen (18,9 Prozent) und der SPD (17,2 Prozent). Damit erzielte sie auch ein deutlich besseres Ergebnis als in der Gesamtstadt, wo sie mit 24,5 Prozent abschnitt.
Dieser Artikel ist in der Amtsblattausgabe Nummer 798 erschienen.