Die Geschichte der Migration in Freiburg
Gesichter der Migration
300 Jahre Montforts in Freiburg
Den Kontakt zum Herkunftsland nicht verloren
(Günter Montfort)
Ein völliger Neubau anstelle eines im Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäudes ist das Haus Bertoldstraße 2, in dem sich das Geschäft für "Feine Damenmoden" von Fritz Montfort befand, dessen Vorfahren aus Savoyen stammten.
Familie Schmidt geht 1851 nach Amerika
(Ulrich P. Ecker)
Am Beispiel des Einzelfalls von Schneidermeister Schmidt und seiner Familie werden Ablauf, Hintergründe, Kosten und Probleme einer Auswanderung in die USA 1851/1852 dargestellt.
Vincenzo Merazzi und Giosafatte Gatti
Vom Saisonarbeiter zum Bauunternehmer
(Renate Liessem-Breinlinger)
Sie wurden gebraucht und integrierten sich leicht: die Bauarbeiter aus Italien um 1900. Gelernte Maurer oder "Steinbrecher" konnten zum Polier oder Bauunternehmer aufsteigen. Italiens Frontwechsel im Ersten Weltkrieg störte diese menschlich und geschäftlich gute Entwicklung, aber nicht auf Dauer, wie das Beispiel der Familien Merazzi und Gatti zeigt.
Wahrscheinlich um 1918 ist dieses Bild von Carlo Giosafatte (genannt: Joseph) Gatti (1871-1953) und seiner Familie gemacht worden. Da Gatti 1910 das badische Staatsbürgerrecht erworben hatte, blieb er von der Internierung als feindlicher Ausländer während des Ersten Weltkriegs verschont.
Das ist ein schwieriges Verhältnis
Erinnerungen an die Vertreibung aus dem Elsass
(Sebastian Markowski im Interview mit Friedbert Andernach)
Als die Heimat zur Fremde wurde
Zwischen Emigration und Deportation - Die Freiburger Juden als Opfer des NS-Rassenwahns
(Christiane Pfanz-Sponagel)
Unter dem Druck der immer stärker werdenden Repressalien entschlossen sich viele Freiburger Juden und Jüdinnen zur Auswanderung in immer weiter entfernt liegende Exilländer. Diejenigen, die nicht emigrieren konnten oder wollten, wurden ab Oktober 1940 Opfer der Deportationen in die Konzentrationslager.
Dem Arzt Josef Levi und seiner Frau Sophie, die ihre Auswanderung nach Südafrika schon geplant hatten, gelang es nicht mehr, noch rechtzeitig aus Deutschland weg zu kommen. Hochbetagt wurden sie in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo Josef Levi dem Hungertod erlag.
Als Löb David Maier (1884-1964), der Lehrer an der Rotteck-Oberrealschule war, 1936 zwangsweise als Jude in den "vorläufigen" Ruhestand versetzt wurde, erkannte er klar, dass es in Deutschland für Juden keine Zukunft mehr gab. Seinen Sohn David (hier als Grundschüler an der Lessingschule) schickte er daher, als dieser 16 Jahre war, 1937 nach England. 1939 bekamen auch seine Eltern die Einreiseerlaubnis nach England und ließen sich in London nieder.
Ich musste die Volkswirtschaft aufbauen
Bericht des Michail Marushenko über seine Erfahrungen als Zwangsarbeiter in Freiburg und danach (1942-1953)
(Ulrich P. Ecker)
In Stalins Sowjetunion wurde allen überlebenden Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern unterstellt, sie hätten mit den Deutschen kollaboriert und dafür Strafe verdient. Auch der im Kappler Erzbergwerk eingesetzte Ukrainer Michail Marushenko musste sich daher bei der Repatriierung nach Kriegsende zunächst "rehabilitieren" und fern der Heimat im Ural "die Volkswirtschaft aufbauen".
Im Sommer 1995 besuchte Michail Marushenko nochmals den Ort, an dem er Jahre seines Lebens als Zwangsarbeiter hatte verbringen müssen. Das Bergwerk der "Stolberger Zink" in Freiburg-Kappel ist inzwischen stillgelegt und die Eingänge zu den Schächten sind mit Gittertoren verschlossen.
Arbeitsheimat - Urlaubsheimat
Agostinho Dias lebt für beide
(Viktoria Balon)
Agostinho Dias ist Kind portugiesischer Gastarbeiter und verbringt sein Leben zwischen Ländern - seiner "Arbeitsheimat” Deutschland und seiner "Urlaubsheimat" Portugal. Neben seinen zahlreichen Aktivitäten produziert er auch seit 18 Jahren die Sendung Boa tarde Portugal bei Radio Dreyeckland.
Vom Akademiker zum Tellerwäscher
Ehemalige jüdische Sowjetbürger als Kontingentflüchtlinge in Freiburg
(Julia Littmann im Interview mit Irina Katz)
Den radikalen Schritt macht man vor allem für die Kinder: die alte Heimat zu verlassen und in einer neuen Umgebung quasi ein neues Leben anzufangen. Die Jüdin Irina Katz hat diesen Schritt vor 20 Jahren mit ihren alten Eltern und mit ihrem Sohn getan und die Vier sind vom ukrainischen Donezk nach Freiburg gekommen. In einem Interview erzählt sie von den Enttäuschungen, aber auch vom Gelingen dieses Neuanfangs.
Irina Katz aus Donezk, die seit dem Jahre 2000 einen deutschen Pass hat, wurde 2009 in den Vorstand der Israelitischen Gemeinde Freiburgs gewählt und ist inzwischen 1. Vorsitzende. 711 Mitglieder, großenteils russischer und ukrainischer Herkunft, hatte die Gemeinde im Jahre 2012.
Vor etwa 10 Jahren wurde dieses Bild von Larissa Kresonskaia, der Mutter von Irina Katz, mit ihrem Enkel Nikita Naravaev – hier als Bundeswehrsoldat in Uniform – gemacht. Nikita Naravaev ist inzwischen angehender Jurist und – wie seine Mutter sagt – "überzeugter Deutscher".
Freiburg ist meine neue Heimat
Jasmina Prpic aus Banja Luka macht Karriere
(Nausikaa Schirilla)
Der Juristin Jasmina Prpic gelang es nach der Flucht aus Bosnien-Herzegowina 1992, allen Schwierigkeiten zum Trotz in Freiburg beruflich durchzustarten. Als Mitbegründerin des Vereins "Anwältinnen ohne Grenzen" wurde sie 2013 vom "Deutschen Anwaltsverein" ausgezeichnet.
Kleine Chance zu überleben, große Chance zu verhungern.
Duy Phams Flucht aus Vietnam endete in Freiburg
(Nausikaa Schirilla)
1971 floh der knapp siebenjährige Duy Pham aus Saigon mit zwei um wenige Jahre älteren Onkeln auf einem Fischerboot mit 140 Personen über das Meer. Die Fahrt war lang und ausgesprochen dramatisch. 1981 kam Duy nach Freiburg und wurde als Pflegekind in einer Pflegefamilie aufgenommen. Mittlerweile hat er sich als Architekt selbstständig gemacht und sagt heute von sich, er denke deutsch und lebe Deutsch, aber er wird von der Außenwelt oft noch als Ausländer wahrgenommen und behandelt.
Immer für die Kurden
Ali Tonc: Vom Flüchtling zum Flüchtlingsbetreuer
(Nausikaa Schirilla)
Der Kurde Ali Tonc kam im August 2005 im Alter von 31 Jahren als Flüchtling nach Deutschland. Er erlebte alle Restriktionen der Flüchtlingssituation: mehrere Flüchtlingswohnheimen, Enge und schlechte bauliche Substanz, Kantinenverpflegung, ständige Anträge bei der Ausländerbehörde, um seine Frau in einer anderen Gemeinde besuchen zu dürfen. Nach der Anerkennung absolvierte er mehrere Deutschkurse, studierte soziale Arbeit und arbeitet heute mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und ehrenamtlich in einem kurdischen Selbsthilfeverein.
Schlaglicht - Don Antonio Desogus (1932-2010), Seelsorger und Musensohn
(Christoph Schmider)
Nahezu vier Jahrzehnte, von 1968 bis 2007, wirkte der sardische Priester Don Antonio Desogus als "Italienerseelsorger" in Freiburg. Seelsorge verstand er in umfassendem Sinn und unterstützte seine Landsleute nicht nur als Priester, sondern als Helfer in allen Lebenslagen. Als Musiker, Dichter und Maler, der er auch war, versuchte er, kulturell ein wenig Italien nach Freiburg zu bringen.
Mit seiner Herzlichkeit und einfühlsamen Art war Antonius Desogus bei seinen italienischen Landsleuten eine hochgeschätzte Persönlichkeit, die ihnen ein Stück Heimat zu geben verstand.
Ein abenteuerlicher Kampf
(Alda Campos im Interview mit der Gewerkschaftlerin Emilia Mortillaro)
Emilia de Oliveira war 14 Jahre alt und hatte bereits einen Arbeitsvertrag einer Wäscherei in der Tasche, als sie 1968 ihrem Vater aus Portugal nach Freiburg folgte. 1972 heiratete sie den Sizilianer Nicola Mortillaro. Zwei Kinder gingen aus der Ehe hervor. Die Arbeit in der Wäscherei gefiel ihr überhaupt nicht, besser ging’s nach einem Jahr in einem Modeatelier in der Talstraße 30 weiter. Später wechselte sie an die Uniklinik und arbeitete sich vom Putzjob zur Verwaltung und Vertrauensfrau für die Gewerkschaft Verdi hoch. 1998 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für ihr Engagement.
Pilar Buesa
Von der "Heiratsmigrantin" zur ersten Präsidentin des "Ausländerbeirats"
(Myriam Alvarez)
In dem Portrait der ersten Präsidentin des Migrantenbeirates Frau Pilar Buesa y Blanco (Guernica 1949) will die Autorin das Leben, die politische Kultur und Partizipation von zugewanderten Frauen aus Freiburg erzählen und sichtbar machen.
Die Spanierin Pilar Buesa y Blanco hatte bereits einen sozialwissenschaftlichen Uni-Abschluss, als sie 1973 mit 24 Jahren in Freiburg ankam. Später studierte sie noch Romanistik und unterrichtete 32 Jahre Spanisch, unter anderem an der Volkshochschule. Dort engagierte sie sich als Dozentenvertreterin – und von 2000 bis 2005 war sie Vorsitzende des Ausländerbeirats.
Prof. Dr. Iwan Schischmanow (1862-1928)
Die Anfänge der Slawistik in Freiburg
(Rumjana Koneva)
Professor Ivan Shishmanov (1862-1928) ist ein bulgarischer Wissenschaftler, Politiker und Diplomat. 1921-1923 lebte er in Freiburg im Breisgau, war Gastprofessor an der Universität Freiburg, hielt eine Vorlesungasreihe "Die Welt der Slaven" und gilt als der erste Slavistik-Professor an der Freiburger Universität. Er war ein aktiver Mitglied der Paneuropäischen Bewegung, zugleich auch ein Freund von Nikolaus Coudenhove-Kallergi, Begründer der Bulgarischen Paneuropäischen Sektion 1927.
Grazyna aus Polen arbeitet in Freiburg als Pflegerin
"Ein Knochenjob, den nicht viele Deutsche machen wollen."
(Linda Sloan-Ecker)
Die Polin Grazyna Z. ist eine von ca. 150.000 Osteuropäerinnen, die machen, wofür sich keine Deutschen finden, nämlich 24 Stunden am Tag für die Alten sorgen. Über zehn Jahre lang pflegte sie rund um die Uhr eine zuletzt bettlägrige alte Dame in Freiburg.
Zum Glück hatte sie freie Wohnung und guten Kontakt zur Familie ihrer Pflegebefohlenen, konnte später auch ihre junge Tochter nachholen. Jetzt nach dem Tode der alten Dame will sie in Deutschland bleiben. Für die Arbeit in einer Seniorenpflegeeinrichtung ist ihre langjährige Erfahrung aber nicht gut genug. Sie muss Weiterbildungskurse besuchen und ein schlecht bezahltes Praktikum ableisten.