Internationales Festival der darstellenden Künste

Performing Democracy!

Zwei Tänzer und eine Tänzerin in brasilianischen Kostümen
Die Auftaktveranstaltung „Encantado“ zeigt, wie sich die gleichnamigen Wesen zwischen Himmel und Erde bewegen. (Foto: Sammi Landweer)

Das Freiburg-Festival hat einen neuen Namen: „Performing Democracy!“ Was zuvor nur ein Untertitel war, ist Programm. Stattfinden wird es zwischen dem 6. und 16. Juni im Stadttheater, im E-Werk, im Theater im Marienbad und im Delphi_ space. Der Kartenverkauf dafür läuft bereits.

Zehn Festivaltage und ein umfassendes Rahmenprogramm laden das Publikum dazu ein, gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstlern aktuelle demokratische Herausforderungen auf unterhaltsame und künstlerische Weise zu diskutieren. Organisiert werden die Veranstaltungstage durch das Theater Freiburg, das Theater im Marienbad und das E-Werk.

Sonja Karadza, Kuratorin am Theater im Marienbad, fasst das Spektrum des Festivals bei der Vorstellung des Programms so zusammen: „Wir werfen uns für die Demokratie künstlerisch in den Ring.“ Deshalb soll das Festival auch klar Kante gegen antidemokratische Einstellungen zeigen, der Demokratie eine Stimme geben und Argumente auf den Prüfstand stellen. Dabei stehen drei Themen im Mittelpunkt: der Klimawandel und seine Folgen, die demokratische Teilhabe und der Widerstand sowie die Auswirkungen von Kriegen auf kommende Generationen.

Klimawandel und Utopie

Die Choreografin Lia Rodrigues und ihre Companhia de Danças geben den Startschuss für das Festival. Ihr Encantado ist eine künstlerische Aufforderung zur gleichberechtigten Existenz aller Lebewesen – egal ob Mensch, Tier oder Pflanze.

Einen intimen Aufruf, der die Zuschauenden in eine virtuelle Realität einbezieht und mit sich selbst konfrontiert, bietet das Schauspiel Essen. In Die Wand (360°) „erlebt man die Geschichte einer Frau, die an ihre Grenzen stößt, hautnah mit“, so Jürgen Eick, Kurator im E-Werk. Die Geschichte basiert auf dem Roman von Marlen Haushofer; Regisseur Thomas Krupa verwandelt diesen aber in einen Virtual- Reality-Kurzfilm und legt den Fokus auf eine fast prophetische Ökologiekritik.

Eine andere Perspektive liefert Out of the Blue des Produktionskollektivs Silke Huysmans und Hannes Dereere. Durch dokumentarische Raffinesse zeigen sie, wie die Tiefsee als lukrativer Markt für neue Ressourcen entdeckt und ausgebeutet wird. Soya the Cow, das Alter Ego von Performancekünstler Daniel Hellmann, lädt zu Try Walking in my Hooves, einem Kunstspaziergang durch Freiburg mit Minikonzert, ein. Dabei legt die singende Drag Cow den Fokus  bewusst auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier. Die Performance SPAfrica von Julian Hetzel und Ntando Cele hinterfragt, wie immaterielle Güter kapitalisiert werden und was Rassismus damit zu tun hat. Demokratie und Widerstand.

Demokratie und Widerstand

Das Junge Theater Basel stellt sich in der Inszenierung Um Kopf und Kragen dem Kampf um Gerechtigkeit, indem es die Auswirkungen von politisch aktuellen und historischen Reden analysiert. Beim Format Schulbesuch Europa besucht die Performancegruppe Rimini Protokoll ausschließlich Schulen, um zu erfahren, wie viel Europa in einem Klassenzimmer steckt. Am Wahlsonntag, 9. Mai, kann jede/jeder in der Staudinger- Gesamtschule mitmachen.

Ukraine Fire der Dakh Daughters findet sich zwischen Punk, Kabarett und Musiktheater. Das musikalische und visuelle Manifest für Freiheit und  Leben, das Kunst als Widerstand darstellt, „legt Zeugnis über den Krieg in der Ukraine ab und fordert aktiv auf, Veränderungen möglich zu machen“, so Kuratorin Karadza. In Foreshadow von Not Standing und Alexander Vantournhout bewegen sich acht Tänzerinnen und Tänzer wie Zahnräder eines kollektiven Körpers. Dabei erkunden sie unmögliche Gleichgewichte, fordern sich heraus und trotzen der Schwerkraft.

Das semidokumentarische Stück Depois do silêncio von Christiane Jatahy basiert auf dem Roman Torto Arado von Itamar Vieira Junior und richtet sich gegen die unmenschliche Politik der herrschenden Klasse.

Krieg und Kindheit

Während kriegerische Auseinandersetzungen zum alltäglichen Medienspektakel geworden sind, kontert „Performing Democracy!“ mit Produktionen, in denen Frauen und Kinder im Fokus stehen. In Dear Leila von Basel Zaraa, eine intime Produktion für jeweils eine Person, tauchen Interessierte tief in das palästinensische Geflüchtetenlager Yarmouk in Syrien ein und werden Zeugen einer persönlichen Reise in die Familiengeschichte des Künstlers. Wer diese Produktion besucht, „verlässt den Raum anders, als er oder sie ihn betreten hat“, erklärt Sandro Lunin, Kurator am Stadttheater.

Das Ljubljana Puppet Theatre zeigt in Irgendwo anders auf subtile und bewegende Weise die Absurdität des Krieges aus der Sicht von Kindern für Kinder. Und geflüchtete Frauen aus der Ukraine, Belarus und Polen bekommen durch Marta Górnicka und ihr Ensemble in Mothers. A Song for Wartime eine Stimme.

Rahmenprogramm

Ergänzt wird das Festival durch ein Rahmenprogramm mit Lesungen, Konzerten, Filmvorführungen und einer Doppelausstellung. Als Kooperationspartner mit dabei sind die Katholische Akademie, der Slow Club, das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus, das Kommunale Kino, das Literaturhaus und der Delphi_ space.

Den Festivaletat in Höhe von 330 000 Euro stellen die Stadt und der städtische Zukunftsfonds Klimaschutz, weitere Förderer sind das Zentrum für kulturelle Teilhabe, die Sparkasse Freiburg, das polnische Ministerium für Kultur und nationales Erbe sowie Pro Helvetia, eine Schweizer Kulturstiftung.

Das gesamte Proramm und weitere Infos auf www.performing-democracy.de

Dieser Artikel erschien im Amtsblatt Nr. 862, am 27. April 2024. Wer auf dem Laufenden bleiben will, wird alle zwei Wochen per Newsletter über das neue Amtsblatt informiert. Jetzt anmelden!

Veröffentlicht am 30. April 2024