Dialogverfahren für möglichen Stadionstandort Wolfswinkel hat begonnen

Anregungen von Bürgerinitiativen, Vereinen und Flugplatznutzern werden in Gutachten eingebracht

Zum ersten Mal hat die Stadt Freiburg bei einem großen und kontrovers diskutierten Bauvorhaben ein Dialogverfahren als Baustein bürgerschaftlicher Partizipation ins Leben gerufen: Am Mittwoch (24.Juli) startete der Dialogprozess zu einem möglichen Standort Wolfswinkel für ein neues SC-Stadion. Erst am Vortag hatte der Gemeinderat Gelder für das extern moderierte Verfahren und die jetzt anstehenden Gutachten beschlossen.

Der Wolfswinkel war mit dem Auswahlverfahrens, in dem die Zahl möglicher Stadionstandorte von ursprünglich 23 auf drei Standorte konzentriert worden war, und der nachfolgenden Überprüfung des Flugplatzes durch die Gutachter Ernst & Young und asp (Stuttgarter Architekturbüro) noch einmal näher untersucht worden. Nach heutiger Beurteilung der Fachleute erscheint der Wolfswinkel am besten für ein neues Fußballstadion mit 30.000 bis 35.000 Plätzen geeignet, ohne dass wegen des Stadionbaus der Motorflugbetrieb beeinträchtigt wäre oder gar vollständig aufgegeben werden müsste.

Im Mai hat die Stadt die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens beschlossen. Gegenwärtig sind verschiedene Gutachter zu Einschätzungen eventueller „K.O.-Kriterien“ angefragt, die den Standort unmöglich machen würden. K.O.-Kriterien könnten beispielsweise die Auflagen der Flugsicherheit, natur- und umweltrechtliche Restriktionen oder Anforderungen an die verkehrliche Erschließung sein. Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, so Baubürgermeister Prof. Martin Haag, kann über den weiteren Planungsprozess für den Stadionstandort Wolfswinkel entschieden werden.

Um die Gutachten zu unterstützen, sollen das Wissen vor Ort und die Erfahrungen der Anwohner in einem Dialogverfahren systematisch mit einbezogen werden. Bei der Auftaktveranstaltung diskutierten unter der Leitung von Antje Grobe, DIALOG BASIS, die Bürgervereine Mooswald, Brühl-Beurbarung und Landwasser, die Bürgerinitiativen „Pro Wolfswinkel“ und „Pro Flugplatz“, die am Flugplatz beheimateten Vereine und Firmen, die Universität, die Liegenschaftsverwaltung des Landes und die Fraunhofer-Gesellschaft, die Möbelhäuser entlang der Hermann-Mitsch-Straße, die „Interessengemeinschaft Industriegebiet Nord“, der Sport-Club Freiburg sowie Umwelt- und Naturschutzorganisationen.

Zu Beginn des ersten Treffens in der Messe skizzierten Baubürgermeister Prof. Martin Haag, Moderatorin Antje Grobe und der Leiter des Amts für Projektsteuerung und Stadterneuerung, Robert Staible, die wichtigen Eckpunkte des Dialogs: Es soll im Plenum einen kontinuierlichen Informationsaustausch sicher stellen, jeden Verfahrensschritt transparent darstellen und Anregungen, Ideen und Bedenken einspeisen und geltend machen. Inhaltlich begleitet der Dialogprozess zunächst die Phase, in der mögliche K.O.-Kriterien untersucht und bewertet werden. Eine Weiterführung in einer möglichen zweiten Phase wurde von Bürgermeister Haag fest zugesagt. Nach dem bisherigen Zeitplan soll bis Ende des Jahres Klarheit darüber bestehen, ob ein Stadion im Wolfswinkel grundsätzlich überhaupt möglich und machbar ist, und ob das Bebauungsplanverfahren mit dann vertiefenden und detaillierten Gutachten in einer zweiten Phase weiter geführt wird. Die Bürgerinnen und Bürger werden diesen Prozess aktiv und kritisch begleiten und haben Gelegenheit, mit den Expertinnen und Experten vertieft zu diskutieren und ihre Fragen und Interessen in die Gutachten einzubringen.

Derzeit bereitet die Bauverwaltung die Vergabe der Untersuchungen an externe Büros sowie die Einbindung u. a. der „Deutsche Flugsicherung GmbH“ und des Deutschen Wetterdienstes vor. Im Mittelpunkt der ersten Sitzung des Dialogverfahrens standen deshalb mögliche Ergänzungen und Präzisierungen der bisher vorbereiteten Leitfragen. Sie umfassen vor allem die drei Themenkomplexe Flugbetrieb und -sicherheit, Verkehrserschließung und Bodenverhältnisse sowie Umwelt mit allen Auswirkungen auf Flora, Fauna, Klima und Gesundheit.

Aus dem Kreis der Betroffenen sind während der vierstündigen Arbeitssitzung zum Teil in Arbeitsgruppen zahlreiche weitere Punkte und Fragen eingebracht worden, die nun aufbereitet und in die Agenda für die Gutachter eingespeist werden. Die wichtigsten betreffen folgende Themenkomplexe:

  • Mögliche spätere Erweiterungen des Stadions und deren Auswirkungen auf den Flugplatz und Flugbetrieb sowie Mooswald.
  • Wirtschaftliche Bedeutung der Möbelhäuser und mögliche Beeinträchtigungen des Geschäftsbetriebs und der Erreichbarkeit bei Spielen oder Veranstaltungen.
  • Vertiefte Untersuchung des Flugplatzes als Kaltluftschneise für Teile der Stadt und Auswirkungen auf das Stadtklima.
  • Mögliche Auswirkungen von Luftverwirbelungen u.ä. vor allem für kleinere Flugzeuge und Ultraleichtflieger durch den Baukomplex eines Stadions; die Flieger befürchten Einbußen für den Flugplatz Freiburg an Attraktivität und Frequenz.
  • Zukunft des Segelflugs, falls eine oder beide Grasbahnen entfallen sollten.
  • Altlasten in der früheren Deponie Wolfswinkel, falls eine Verbindungsstraße zwischen der Isfahan-Allee und Madison-Allee angelegt wird und dafür die Deponie „angeschnitten“ wird.
  • Anforderungen der Universität und der Fraunhofer-Gesellschaft zur Planungssicherheit für die geplanten Instituts- und Laborgebäude auf den Baufeldern, falls diese gegenüber der bisherigen Planung in Richtung Breisacher Bahn verschoben werden sollten.

Grundsätzlich erwarten die Teilnehmer an dem Dialogverfahren bereits in der ersten Stufe nicht nur „belastbare Aussagen“, sondern fachliche Gutachten von anerkannten Experten. Bürgermeister Prof. Haag sagte zu, dass alle Anregungen und Fragen aufgenommen und an die Gutachter übermittelt werden, um dann zeitnah oder spätestens im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens beantwortet zu werden.

Voraussichtlich Ende September und Mitte Oktober sind weitere Sitzungen des Dialogverfahrens geplant.