Ernst & Young: Um- oder Ausbau ist unwirtschaftlich

Ein Um- oder Ausbau des MAGE SOLAR Stadions an der Schwarzwaldstraße auf den Baustandard eines neuen Stadions ist unwirtschaftlich und erreicht nicht das Ziel, langfristig die Erfüllung der Lizenzauflagen zu sichern sowie die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Sport-Club nachhaltig zu verbessern. Technisch und funktional wäre ein Um- und Ausbau des vorhandenen Stadions zwar möglich, jedoch würde jede der untersuchten Varianten bei allen möglichen Annahmen einen dauerhaften Fehlbetrag in Millionenhöhe nach sich ziehen, der nicht durch höhere Erträge zu refinanzieren wäre.

Dies ist die wesentliche Schlussfolgerung des Bürgermeisteramts und des Vorstands des Sport-Club Freiburg aus einer Machbarkeitsstudie des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young, das von der Stadt und dem SC mit einer Untersuchung und wirtschaftlichen Bewertung möglicher Umbauvarianten beauftragt worden war.

Der Sport-Club und das Bürgermeisteramt halten am gemeinsamen Anliegen fest, dass durch eine umsetzbare und tragfähige Lösung für ein Stadion die Rahmenbedingungen für den SC nachhaltig verbessert, die Lizenzauflagen für die Bundesliga erfüllt werden, und die Wettbewerbsfähigkeit des Vereins gestärkt wird. Angesichts der Ergebnisse der  Machbarkeitsstudie sind Stadt und Verein der Überzeugung, dass diese Ziele mit einem Aus- oder Umbau des MAGE SOLAR Stadions nicht zu erreichen sind. Das Konzept soll deshalb nicht weiter verfolgt werden.

Deshalb ist als nächster Schritt vorgesehen, die 2011 durch das Frankfurter Planungsbüro Albert Speer & Partner (AS & P) ermittelten möglichen Neubaustandorte „Hirschmatten“ (Rieselfeld, am
„Lehener Sender“) sowie „Hettlinger“ (im Stadtteil Brühl- Beurbarung, angrenzend an St.Gabriel) durch Ernst & Young auf ihre Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit hin untersuchen zu lassen. Damit sollen belastbare Daten für einen möglichen Neubau ermittelt werden. Die  Machbarkeitsstudie zu den Neubaustandorten ist für 2013 vorgesehen und soll – wie die bisherige Untersuchung auch – von Stadt und SC gemeinsam in Auftrag gegeben werden.

Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie zum Umbau ist inzwischen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des SC-Vorstands und der Gemeinderats-Fraktionen unter Vorsitz von  Baubürgermeister Prof. Haag vorgestellt worden. Das Bürgermeisteramt bringt die Studie am 11. Dezember in den Gemeinderat ein und schlägt vor, mit der Untersuchung der möglichen  Neubaustandorte ebenfalls Ernst & Young zu beauftragen.

Gutachter kalkuliert für Aus- und Umbauvarianten höhere Investitionskosten als Freyler-Studie

Den Anstoß zu der Machbarkeitsstudie von Ernst & Young hatte eine im Februar 2012 vom SC vorgelegte Studie des Kenzinger Bauunternehmens Freyler zum Aus- bzw. Umbau am  vorhandenen Standort bei laufendem Spielbetrieb gegeben. Das damalige Ergebnis: Je nach Variante bewegen sich die geschätzten Netto- Investitionen zwischen 37 Millionen Euro und 53 Millionen Euro und erfordern Bauzeiten zwischen acht und elf Jahren, da das Stadion während der Umbauphase weiter bespielbar bleiben und mindestens 18.000 Zuschauerplätze aufweisen soll. Stadt und Verein waren damals überein gekommen, die von Fa. Freyler im Auftrag des Vereins erarbeiteten Ideenskizzen durch ein im Stadionbau erfahrenes Büro in Bezug auf die Bauabläufe, Bauzeiten und wirtschaftlicher Effekte überprüfen zu lassen. Dazu sind die
Münchener und Stuttgarter Niederlassungen des Wirtschaftsberatungsunternehmens
Ernst & Young beauftragt worden, das bereits vergleichbare Projekte begutachtet und begleitet hat.

Das Ernst & Young-Gutachten kommt nun zu dem Ergebnis, dass die von Fa. Freyler geschätzten Zahlen zu den Investitionskosten eher zu niedrig angesetzt sind und voraussichtlich höher wären. Hingegen sei ein Aus- und Umbau deutlich schneller zu realisieren und könne im laufenden Betrieb in ca. drei Jahren abgeschlossen werden.

Die Investitionskosten kalkuliert Ernst & Young für die kostengünstere Variante auf ca. 52 Millionen Euro (netto, d.h. ohne Umsatzsteuer) mit folgenden Neu- und Umbauten:

- Haupttribüne mit einem Businessbereich, der mit Logenplätzen und hochwertigen Sitzplätzen die Einnahmesituation des SC verbessert

- Nordtribüne (um einige Meter in Richtung Dreisam versetzt), in die die SC-Verwaltungsräume integriert werden. Die freien Ecken zwischen Nordtribüne und Haupttribüne sowie Gegengerade, und zwischen Gegengerade und Südtribüne werden geschlossen.

- Gegengerade und Südtribüne bleiben ansonsten unverändert.

Die weitergehende Variante (netto ca. 65 Millionen Euro) geht von einem faktischen Komplettumbau der Haupt- und Nordtribüne sowie Gegengeraden zu einem weitgehend geschlossenen Stadion mit einer durchgängigen Dachhöhe aus. Der Unterrang der Südtribüne soll an das abgesenkte Niveau des Spielfelds angepasst werden, während der Oberrang  unverändert bleibt.

In beiden Varianten enthalten sind jeweils ein Parkdeck westlich des Stadions, die Verlängerung und Nivellierung des Spielfelds auf 105 Meter und die Verlagerung der Geschäftsstelle und Funktionsräume unter die Tribünen. Mit heute 100,5 Metern zwischen den Torlinien entspricht das Spielfeld seit mehreren Jahren nicht mehr den Anforderungen der Deutschen Fußballliga (DFL) und internationaler Wettbewerbe, weshalb der Spielbetrieb in der 1. Bundesliga nur auf der Basis einer jährlich neu erteilten Ausnahmegenehmigung der DFL möglich ist. Für alle untersuchten Varianten gilt die Begrenzung auf maximal 25.000 Plätze. Der Untersuchungsauftrag umfasste auch die Prüfung, das Stadion auf den westlichen Grundstücksteil (heute Trainingsplatz und Parkplatz) zu verlagern. Diese Lösung wäre nur zu realisieren, wenn dafür in der Bauphase zusätzliches Gelände für den laufenden Trainingsbetrieb in Anspruch genommen würde, und
scheidet deshalb aus. Zudem bestünde das Risiko, dass ein Stadionneubau auf dem Areal möglicherweise durch Anliegerklagen verhindert werden könnte; das vorhandene Stadion hingegen genießt Bestandsschutz. Auch eine ebenfalls untersuchte Drehung um 90 Grad ist nicht möglich, weil die entsprechenden Richtlinien der DFL eine Ausrichtung von neuen Bundesliga- Stadien in West-Ost-Richtung nicht zulassen.

Wirtschaftlichkeit ist mit keiner Aus- und Umbauvariante zu verbessern
Wesentliche Aussagen trifft die Studie zur Wirtschaftlichkeit der möglichen Varianten. Das zusammengefasste Ergebnis:

Die untersuchten Varianten eines Um- und Ausbaus am vorhandenen Standort lassen sich bei den anzunehmenden Kalkulationsgrundlagen, unabhängig von der Rechtsform des Betriebs,
nicht wirtschaftlich betreiben, sondern führen schon von Anfang an zwangsläufig zu einem  erheblichen Defizit. Dabei sind als wesentliche Eckdaten zugrunde gelegt worden:  Kreditfinanzierung über eine Laufzeit von 20 Jahren; Bau und Betrieb ohne öffentliche Zuschüsse (Stadt und/oder Land), wozu verschiedene Betriebsformen untersucht wurden; Einnahmen aus der Vermarktung von Lounges, Business-Bereichen, Gastronomie, Werbung und Sponsoring usw.; Erbpachtzahlung an die Stadt. Über einen Zeitraum von 20 Jahren wird angenommen, dass der Sport-Club zwei Drittel der Zeit in der 2. Bundesliga und ein Drittel in der 1. Liga spielt, mit entsprechenden Auswirkungen auf der Einnahmeseite durch Ticketverkauf, Vermarktung, Fernsehrechte usw..

Bei diesen angenommenen Rahmenbedingungen ist für den Komplettumbau ein wirtschaftlich positives Ergebnis nicht zu erzielen. Auch im günstigsten Fall – der Sport-Club spielt  ausschließlich in der 1. Bundesliga - und bei der einfachsten Variante eines Teilumbaus würde „am langen Ende“ ein nicht zu deckendes Defizit von mindestens 2,8 Millionen Euro jährlich verblieben; im ungünstigsten Fall würde der jährliche Fehlbetrag über 6 Millionen Euro betragen. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Limitierung auf 25.000 Zuschauerplätze, die durch einen  gerichtlichen Vergleich festgeschrieben und nicht veränderbar ist.

Hinzu kommt erschwerend, dass alle Umbauvarianten am vorhandenen Standort für mindestens ein Jahr den Wegfall des Trainingsplatzes oder der dem Stadion zugeordneten Parkflächen nach sich ziehen würde, die an anderer Stelle ausgewiesen werden müssten. Und: Der Um- und  Ausbau in mehreren Abschnitten ist kostenaufwändiger als eine durchgehende Baumaßnahme.

Gutachten zu möglichen Neubaustandorten untersucht Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit
Deshalb schlagen das Bürgermeisteramt und der Vorstand des Sport-Clubs vor, in einem nächsten Schritt die von Albert Speer & Partner ermittelten möglichen Standorte „Hirschmatten“  und „Hettlinger“ für ein neues Stadion daraufhin untersuchen zu lassen, wie weit durch einen Neubau das angestrebte Ziel besserer wirtschaftlicher, struktureller und technischer  Rahmenbedingungen zu gewährleisten ist, und welcher Standort dafür am besten geeignet wäre. SC-Vorsitzender Fritz Keller und Oberbürgermeister Dieter Salomon: „Für die nächsten Schritte  bis zu einer Standortentscheidung brauchen wir verlässliche Zahlen und Daten, wie das  gemeinsame Ziel zu erreichen ist. Dazu ist eine fundierte Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit möglicher Standorte unerlässlich.“

Drucksache

Um-, Aus- oder Neubau des SC-Stadions: Stand der Untersuchung und weiteres Vorgehen
Vorlage G-12/254

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