OB vor Ort

Finale in Littenweiler

Bahnübergang in Littenweiler
Verkehrschaos? Zumindest fürchten das manche, wenn am Bahnhof Littenweiler dereinst auch die Stadtbahn kreuzt.

Nach fast genau fünf Jahren und 25 Stadtteilbesuchen erlebte die Bürgergesprächsreihe "OB vor Ort" vorige Woche in Littenweiler ihr Finale. Einmal mehr war die Veranstaltung mit Martin Horn gut besucht – rund 90 Interessierte waren in den Bürgersaal in Littenweiler gekommen.

Am 20. September 2018 startete der neu gewählte Oberbürgermeister sein Veranstaltungsformat "OB vor Ort" in Munzingen. Seither hat Martin Horn, dem Alphabet folgend, alle Freiburger Stadtteile und Ortschaften besucht. Warum der Auftakt damals am Tuniberg stattfand, war auch beim Finale in Littenweiler kurz Thema. Im Wahlkampf habe er seinerzeit den Eindruck gewonnen, dass für viele Freiburger die Stadt an der Autobahn ende. Die Ortschaften mehr ins städtische Bewusstsein zu rücken, war damals das Ziel und ist dem OB bis heute ein wichtiges Anliegen.

Anfangs war „OB vor Ort“ noch stark geprägt von der Neugierde auf den neuen, jungen Oberbürgermeister – für viele war es der erste persönliche Kontakt mit dem frisch gewählten Stadtoberhaupt. Mehr und mehr setzte sich bei den Veranstaltungen aber die eigentliche Idee der Gesprächsreihe durch: dass Bürgerinnen und Bürger „ihre“ Themen aus dem Stadtteil vortragen und sagen können, wo der Schuh drückt.

Viele Problemlösungen

In seiner Halbzeitbilanz nach vier Jahren im Amt betonte Martin Horn, wie wichtig dieser direkte Kontakt für ihn sei. „Ganz viel!“, antwortete er damals auf die Amtsblatt- Frage, was er aus den Gesprächen mitnehme. „Oft sind es Kleinigkeiten, die man direkt ausräumen kann. Das hat schon zu vielen, ganz unspektakulären Problemlösungen geführt.“ Dass das klappt, ist auch dem kleinen Rathausteam zu verdanken, das ihn bei seinen Gesprächen begleitet. Social-Media-Referentin Katja Heinrich sorgt dafür, dass alle Fragenstellenden zu Wort kommen. Und Stadtteilreferent Joachim Fritz kümmert sich darum, dass alles, was am Abend selbst zu sehr ins Detail geht, im Nachgang geklärt wird.

Stadtbahn im Fokus

Das Bürgergespräch in Littenweiler war in vielerlei Hinsicht ein Abbild der Gesprächsreihe. In der Tendenz wird eher Kritik geäußert – die Zufriedenen bleiben bei solchen Gelegenheiten still oder gleich zu Hause. Ungewöhnlich war aber, dass sich der Abend gut zur Hälfte nur um ein einziges Projekt drehte: die geplante Stadtbahnverlängerung von der heutigen Endhaltestelle in der Laßbergstraße bis zum Kappler Knoten. Sorgen bereiten offenkundig etwaige Baumfällungen, der Wegfall von Parkplätzen, das Schienenquietschen, ein Verkehrschaos am Bahnhof Littenweiler, durch den Bahnverkehr gesperrte Rettungswege oder auch der vermeintliche Wegfall der Unterkunft am Kappler Knoten. Andere Wortmeldungen wünschten Informationen zu Querungsmöglichkeiten der neuen Stadtbahntrasse, zum Fortbestand der heutigen Buslinie 17 oder zur Nutzung der Laßbergschleife.

Für alle diese oft tief ins Detail gehenden Fragen verwies der Oberbürgermeister auf zwei Veranstaltungen, die demnächst geplant seien. Mitte Dezember findet eine große Auftaktveranstaltung für alle Zukunftsprojekte im Stadtteil statt. Und im Frühjahr wird es eine Infoveranstaltung geben, bei der der aktuelle Stand zum Stadtbahnbau vorgestellt wird. An der Richtigkeit der generellen Planungen ließ Horn aber keinen Zweifel. Insbesondere der vorgesehene P&R-Platz am Kappler Knoten werde einen erheblichen Beitrag zur Verkehrsentlastung leisten.

Wärmenetz und Workshops

Fast den Charakter eines Co- Referats hatte die Wortmeldung des ehemaligen Stadtplanungsamtschefs Wulf Daseking, der selbst an der Grenze des Stadtteils wohnt. Am dringlichsten im Freiburger Osten sei der Aufbau eines Fernwärmenetzes zwischen Dreisamstadion, Strandbad und PH. Außerdem regte er für die Planungen rund um die Laßbergschleife eine große Bürgerbeteiligung mit Workshops an. Eine Vorfestlegung als Standort für einen Lebensmittelmarkt dürfe es dort nicht geben, so Daseking. Der sei viel besser am Bahnhof aufgehoben. Volle Unterstützung gab es vom Stadtplaner für die Stadtbahnverlängerung: Richtig und notwendig sei die, befand Daseking. In Sachen Wärmenetz machte OB Horn seinem früheren Amtsleiter indes wenig Hoffnung: „Das ist aktuell nicht vorgesehen.“ Dafür tue sich aber etwas in Sachen Geothermie: Demnächst werde die Stadt den Standort für ein erstes Projekt verkünden. Den Ball zur Bürgerbeteiligung spielte der OB mit Verweis auf die Veranstaltung Mitte Dezember zurück. 

Emotionaler Exkurs

Die emotionale Wortmeldung einer Lehrerin an der Reinhold-Schneider-Schule zu fehlenden Perspektiven, um die am Kappler Knoten untergebrachten Geflüchteten besser zu integrieren, veranlasste den Oberbürgermeister zu einem kaum weniger emotionalen Exkurs. Die aktuelle Situation sei für die Kommunen wegen des Mangels an verfügbarem Wohnraum sehr herausfordernd. Deswegen habe man sich auch gemeinsam mit anderen Städten und Landkreisen mit einem eindringlichen Appell an den Ministerpräsidenten gewandt: „Wir schaffen das nicht mehr!“ Gleichzeitig warnte er vor einer „Entmenschlichung der Debatte“ und machte mit klaren Worten deutlich, was er von „einfachen Lösungen“ hält: „Wer gegen Seenotrettung ist, der ist dafür, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken.“

Was gab es noch?

In einzelnen Wortmeldungen kamen weitere Themen zur Sprache, die so oder so ähnlich fast bei jedem „OB vor Ort“ vorgetragen wurden. Zunehmende Vermüllung und Graffiti-Schmierereien beklagten zwei Anwesende. Dass die lange Liste der städtischen Bemühungen, zuletzt mit der Kampagne „Augen auf!“ und vielen zusätzlichen Abfalleimern letztlich ein Kampf „David gegen Goliath“ und manches in einer Großstadt einfach auch normal sei, entgegnete der OB. Einen Jugendtreff für Ebnet, Littenweiler und Kappel wünschte sich eine Mutter für ihre drei Jungs – vergeblich. OB Horn sagte, dass es in unmittelbarer Nachbarschaft das Haus 197 gibt: „Eine zusätzliche Einrichtung sehe ich aktuell nicht.“ Dieselbe Bürgerin sprach dann noch einen anderen stadtweiten Dauerbrenner an: Geschwindigkeitsüberschreitungen. Den Vorwurf mangelnder Kontrollen konnte der Oberbürgermeister entkräften; im gesamten Stadtteil gab es im vergangenen Jahr 1830 Tempokontrollen mit 226 Tempoüberschreitungen.

Und was kommt dann?

Nach rund eineinhalb Stunden endete das vorerst letzte OB-Bürgergespräch. Wann und in welchem Format „OB vor Ort“ fortgesetzt wird, ist noch nicht entschieden. Sicher ist aber: Auch zukünftig wird es in den Stadtteilen und Ortschaften regelmäßig Gelegenheit geben, seine Anliegen dem Oberbürgermeister vorzutragen.