Ausstellung vom 6. bis 28. Juli 2013

Stockwerke

Hanne Botsch, Franziska Döser, Sandi Kozjek, Nicole Mittas, Annette Raess-Kuechlin, Hannah Voß

Das L6 ist nicht nur ein städtischer Ausstellungsraum, sondern auch ein Atelierhaus für zehn Künstlerinnen und Künstler. Alle sechs hier vertretenen Künstlerinnen haben bzw. hatten im L6 ein Atelier und zeigen Arbeiten, die hier entstanden sind. Zudem eröffnen sie uns mit ihrer Auseinandersetzung mit diesem Ort einen neuen Blick auf das L6. Die Künstlerinnen arbeiten in sehr verschiedenen Medien und zeigen in dieser Konstellation zum ersten mal Werke nebeneinander. Was sonst Tür an Tür gleichzeitig entsteht, ohne eine gleichzeitige Präsenz zu haben, wird nun ohne Wände nebeneinander sichtbar. Produktions- und Ausstellungsort vermischen sich.

Die Künstlerin Nicole Mittas arrangiert verschiedene Medien zu einer raumgreifenden Installation. Das Thema ihrer Werke hier liesse sich vielleicht mit dem Wort Schutzraum umschreiben. Ihre großformatige Zeichnung zeigt ein verloren dreinblickendes Mädchen, das sehr schutzbedürftig wirkt. Umgeben von einem dichten und bedrohlich wirkenden Dornengestrüpp, verharrt sie in einer kauernden Haltung. Immer wieder dringt die Sehnsucht nach Geborgenheit aus der Kunst von Mittas heraus. Dabei spielen die persönlichen Erinnerungen der Künstlerin sowie mit Geschichte behafteten Gegenstände vom Flohmarkt eine Rolle: wie etwa die Siebe, durch welche ihre Mutter Kartoffeln drückte. Im hinteren Raum zeigt die Künstlerin ein Video, das sie auf dem Boden liegend von hinten zeigt. Schutzlos und dennoch in eine Decke gehüllt, verspricht die Tonspur nicht Gutes.

Hanne Botschs farbintensive Malereien hingegen lassen kaum eine Bedrohung spüren. Die nahezu gleichberechtigt eingesetzten Farben deuten Figuratives an, ohne sich drauf zu verstetigen. Vielmehr schwanken die Gemälde zwischen dem abstrakt Angedeuteten und einer emotionsgeladenen, strukturierten Unordnung. Auffallend ist die zur Zweidimensionalität hinstrebenden Wirkung. Hier spürt man die Faszination von Hanne Botsch für Stadtpläne und Landkarten. Das Umkippen der Perspektive auf etwas Planes von oben Betrachtetes.

Die Installationen von Sandi Kozjek stellen unabhängig voneinander entstandene Kunstwerke in Bezug zueinander, so dass die Betrachter zwei Werkebenen, Einzelwerk und neu geschaffener Werkkontext, zusammen sehen können. Sie integriert also einen kuratorischen Akt in ihre Kunst und erzählt durch die Verbindung von zu verschiedenen Zeiten entstanden Kunstwerke etwas Neues, das nicht unbedingt von Anfang angeplant war. Mit der Verwendung von alltäglichen bzw. ärmlichen Materialien bezieht sie sich auf Kunstrichtungen der 1960er Jahre und verknüpft ihre Einzelwerke zu nichtlinearen, poetischen Arrangements.

Einige Arbeiten von Hannah Voß verbinden ebenfalls verschiedene Zeitebenen. Die Künstlerin nimmt Fotografien, Plakate und eigene Skizzen und übermalt diese. In diesem Prozess vermischt sich neu Hinzugekommenes mit dem unteren Bildträger, sie durchdringen sich gegenseitig – gleichzeitig Trennung und Zusammentreffen. Häufig sind Fotografien der Ausgangspunkt für ihre Malereien. Die Figuren, die sie im Kunsthaus L6 zeigt, sind in Bewegung. Bzw. zeigen sie eine angehaltene Bewegung, die nur mittels einer Fotokamera festgehalten werden kann. Die Darstellung eines Augenblicks in Bewegung evoziert dabei immer die Frage nach dem, was zuvor geschehen ist, was in diesem Moment erblickt wird und was sich gleich ereignen wird.

Bei der Kunst von Annette Raess-Kuechlin geht es um eine Gleichzeitigkeit und Durchdringung von zwei Bildebenen. Zwei als Einzelbilder entstandene Malereien werden zu einer einzigen zusammengeführt. Diese neue Leinwand ist gewoben, so wie auch der eigentliche Trägerstoff, das Leinen. Es überlagern sich also zwei gleichlaufende Prozesse des Verschwindens und Auftauchens. Bildnerischer Prozess und mechanische Vorproduktion gehen im vibrierenden Gleichschritt. Der Blick des Betrachters kann nur beide Sichtbarkeiten wahrnehmen und versucht dennoch abwechselnd das Versteckte, Verschwundene imaginär hervorzulocken. Das Weben führt dabei nicht nur zu Stabilität sondern auch zu einer regelmässigen Struktur, deren Grundeinheit das Quadrat ist.

Die Kunst von Franziska Döser geht von der Malerei und Zeichnung aus. Sie integriert dabei häufig weitere Materialien und konzentriert sich auf die Sichtbarmachung des Arbeitsprozesses. Ihre Gemälde deuten häufig Porträts an. Durch mehrfaches Übermalen und Abschmirgeln versucht die Künstlerin eine Konzentration herzustellen, welche vor allem auch die Psyche der porträtierten Person abbildet. Im Kunsthaus L6 zeigt sie darüber hinaus installative Arbeiten, wie etwa die Arbeit „Lager“. Zwei ausgebleichte, gefundene Schlafsäcke mit der Aufschrift „Alpenverein“ liegen zusammengelegt auf einem Schaumstoffbett, das auf Böcken ruht. Die insgesamt blassen Farbtöne der verwendeten Gegenstände ergeben ein zartes, fast fragiles Gesamtbild, das eine Idylle andeutet.

Jede Künstlerin hat sich mit dem eigenen Atelier auseinandergesetzt und für diese Ausstellung eine Reflexion entworfen.

Franziska Döser setzt sich mit der beengten Ateliersituation auseinander. So zeigt sie eine zuerst abgeschmirgelte, dann gebügelte und zum Schluss gefaltete große Leinwand, welche die Produktionsbedingungen ihres Ateliers reflektiert. Zum einen entsteht durch die Enge etwas Produktives in der Entwicklung neuer Methoden, zum anderen ist sie in der möglichen Größe ihrer Leinwände stark eingeschränkt.

Nicole Mittas hat ihren Atelierteppich in eine Installation integriert. Das Atelier als geschützter Ort der Produktion wirkte auf sie beim Einzug unbefleckt und rein. Um in ihrer Arbeitsweise nicht eingeschränkt zu sein, verlegte sie in einem Teil des Raum eines Teppich, um den Boden zu schützen. Diesen Teppich integriert sie nun in ihrer Installation im Kunsthaus L6. Als Zeltform schützt dieser nicht mehr den Boden, sondern bildet nun einen Schutz von oben.

Als Auseinandersetzung mit Ihrem Atelierraum zeigt Annette Raess-Kuechlin die Vervielfältigung einer Zeichnung, die sie von Georgia O`Keeffe gemacht hat. Im Wechsel von Vorder- und Rückseite der Postkarte zeichnet sie die Ausmaße ihres Atelierraums auf Wand und Boden nach. Wie in ihren gewebten Gemälden wechselt sich Sichtbares und Verborgenes ab.

Hanne Botsch hat ein kleines Atelier von ca. 13 Quadratmetern. Diesen sie sehr beengenden Raum, der ein Sehen ihrer Gemälde mit Abstand verhindert, stellt sie transformiert mit secheinhalb Meterstäben dar. Was sie darstellt ist offensichtlich nicht ein Grundriss, der hier im L6 sein könnte. Er wirkt eher wie eine Kartografie ihres geringen Handlungsspielraums.

Sandi Kozjek
hat den Grundriss ihres Ateliers mit Klebestreifen nachgebildet und anschließend zu einer Kugel geknüllt, die Abriebspuren des Ateliers enthält.

Hanna Voß präsentiert ihren Atelierraum ebenfalls in verdichteter Form. Ein 18,81 Meter langer roter Faden windet sich um den Stützpfeiler des Ausstellungsraums. Schnürt ihn ein und setzt einen minimalen Akzent.

Vernissage:
Freitag, 5. Juli 2013, 19 Uhr

Begrüssung und Einführung:
Samuel Dangel, Kulturamt Freiburg

Öffnungszeiten der Ausstellung
Do / Fr 16:00 - 19:00 Uhr
Sa / So 11:00 -17:00 Uhr

Eintritt frei

Führungen durch die Ausstellung auf Anfrage möglich

Kontakt und Öffnungszeiten

Lameystr. 6
79108 Freiburg
0761/ 58539457 (nur während der Öffnungszeiten)

Do/Fr 16 - 19 Uhr
Sa/So 11 - 17 Uhr

weitere Informationen:
Kulturamt Freiburg: 0761/201 2113 oder 201 -2101
samuel.dangel@stadt.freiburg.de

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Von der Innenstadt mit der Straßenbahn Nr. 4 in Richtung Zähringen, Haltestelle "Tullastrasse", von dort zwei Gehminuten, unmittelbar in der Nachbarschaft des Bürgerhaus Zähringen

Postadresse:
Kulturamt Freiburg
Samuel Dangel
Münsterplatz 30
79098 Freiburg

Die städtische Galerie Kunsthaus L6 wird gefördert von: