Hebammen

Station 3: Ursula Seboltin

16. Jahrhundert

Der Pranger und Prangerstrafen

Hier an der Kreuzung Bertold-, Salz- und Kaiser-Joseph-Straße (frühere Hauptverkehrsachse) befand sich bis etwa Mitte des 16. Jahrhunderts der größte Markt Freiburgs, der "Fischmarkt". Ende des Mittelalters waren hier auch verschiedene Einrichtungen der städtischen Gerichtsbarkeit, mindestens bis zur Verlegung des Marktes auf den Münsterplatz (Mitte 16. Jahrhundert) auch der Pranger, zu finden.

Wurde eine Person "an den Pranger gestellt", so bedeutete dies, die Person war straffällig geworden und wurde zur Strafe am Pranger festgekettet und dort für alle sichtbar zur Schau gestellt. Damit möglichst viele Menschen von der Strafe beziehungsweise vom Fehlverhalten der bestraften Person erfuhren, befand sich der Pranger an gut besuchten Plätzen der Städte, wie beispielsweise Kirchen- oder Rathausmauern, häufig auch auf Märkten – so wie im Fall Freiburgs. Die Dauer der Prangerstrafe hing von der Schwere der Tat ab. In den meisten Fällen betrug sie eine bis mehrere Stunden.

Wie im Fall Ursula Seboltins waren Prangerstrafen häufig mit der Ausweisung aus der Stadt – meist für immer, selten auch nur befristet – verbunden. Für die verurteilten Personen bedeuteten diese Strafen letztlich gesellschaftliche Ächtung und Ausschluss aus dem sozialen und wirtschaftlichen Leben.

Das Hebammenwesen in der Frühen Neuzeit

Bis ins 15. Jahrhundert arbeiteten Hebammen weitgehend frei. Doch nun wurden zunehmend Hebammenordnungen erlassen, die ihre Freiheit einschränkten. Das Hebammenwesen wurde unter die Kontrolle der Städte gestellt und zunftähnlich organisiert.

Die erste überlieferte Hebammenordnung Freiburgs, die um 1510 verfasst wurde, sah vor, dass in Freiburg drei ausgewählte Frauen als städtische Hebammen tätig sein sollten. Sie hatten einen Eid zu leisten, mit dem sie schworen, ständig verfügbar zu sein, jeder Frau, egal ob arm oder reich, bei einer Geburt zur Seite zu stehen und die Stadt nur dann zu verlassen, wenn ein Bürgermeister dies genehmigte. Außerdem wurden sie verpflichtet, jedes Neugeborene zur Taufe zu bringen und die Namen der Eltern mitzuteilen, "damit man weiß, ob die Kinder ehelich sind oder nicht." – so die Ordnung wörtlich. 1557 wurden die schon bestehenden Pflichten um die Mithilfe bei Untersuchungen durch die städtische Gerichtsbarkeit ergänzt. Sittlichkeitsdelikte, Abtreibungen und vorgetäuschte Schwangerschaften sollten nun unverzüglich gemeldet werden. Die Ordnung bedeutete damit auch einen Eingriff in die Möglichkeit aller Frauen zur Geburtenkontrolle.

Neben den städtischen Hebammen gab es Frauen, die als sogenannte "Winkelhebammen" jenseits der Ordnungen arbeiteten. Eine von ihnen war Ursula Seboltin. Ihre Geschichte zeigt, dass der Freiburger Rat bereits in den 1570er Jahren entschlossen war, gegen die "Winkelhebammen" vorzugehen. Und sie zeigt auch, wie sehr Frauen und Frauenberufe durch die zunehmende Reglementierung des Lebens in Bedrängnis kommen konnten.

Diese Entwicklung setzte sich gerade im Bereich des Hebammenwesens noch weiter fort: Spätestens seit die Geburtshilfe zum akademischen Lehrfach "Gynäkologie" wurde – in Freiburg war das Mitte des 18. Jahrhunderts – wurde die Hebamme zur Geburtshelferin, denn der Zugang zur Universität blieb Frauen versagt. Die Ausbildung der Geburtshelferinnen übernahmen männliche Professoren, ihre Kontrolle ein Hebammenmeister. Das ehemals rein weibliche Wissensgebiet der Frauenheilkunde wurde in der Frühen Neuzeit somit zu einem männlich dominierten, akademisierten Feld. Erst im 20. Jahrhundert sollte sich dies wieder ändern.