Medientipp

Sylvia Näger bespricht für Sie Bücher, Spiele und audio-visuelle Medien, die Sie in Ihrer sprachlichen Bildungsarbeit, Sprachförderung und Literacyerziehung unterstützen. Die monatlich erscheinenden Rezensionen bieten Ihnen eine fundierte Besprechung der ausgewählten Titel und zeigen den Bezug zur sprachlichen und literarischen Bildung auf.
Zur Autorin Sylvia Näger
Freiburg. Diplom-Medienpädagogin. Dozentin in der Aus-und Fortbildung von Grundschullehrenden, Pädagogischen Fachkräften und Bibliothekaren. Lehrtätigkeit in den Bereichen sprachliche Bildung, Literacy, Kinder- und Jugendliteratur, Lyrik und Medienpädagogik.
Neu: Newsletterfunktion
Jetzt Newsletter abonnieren und immer den aktuellen Medientipp erhalten. Einfach anmelden über die Anmeldefunktion am Ende der Seite.
Medientipp April 2025
Herr Elch und sein Bücherbus

Herr Elch ist ein begnadeter Geschichtenerzähler. Jeden Abend sitzt er mit seiner Familie am prasselnden Kaminfeuer und erzählt. Doch eines Abends passiert es: er weiß keine Geschichte mehr. Auf den Rat seiner Gattin zieht er los und will sich ein Buch zum Vorlesen leihen. Aber weder Dachs, Bär, Hase oder Maulwurf, kein Tier in der Nachbarschaft besitzt ein Buch. Wild entschlossen macht er sich auf in die Stadt, denn dort gibt es eine Bibliothek. Klar, dass er in den Regalen fündig wird und mit einem mit Stapel Märchenbücher nach Hause zurückkehrt. Nach dem Abendessen kommen die Nachbarn mit ihren Kindern. Herr Elch liest Rotkäppchen vor, und das spricht sich herum. Da er so überaus gekonnt und grandios vorliest, ist sein Haus am nächsten Tag überfüllt mit Tierfamilien, die gebannt dem Märchen vom Aschenputtel zuhören. Aber vor lauter Zuspruch ist das schon nicht mehr gemütlich und fühlt sich an, wie in einer Sardinenbüchse.
Dieses große literarische Interesse aller Dorfbewohner sei doch mit einer Fahrbibliothek zufriedenzustellen, rät die städtische Bibliothekarin. Und kurzerhand baut Herr Elch einen schrottreifen Bus zum Bücherbus aus. Aber dabei belässt er es nicht. Als engagierter Leseförderer und Literacy-Fan lehrt er Frau Bär das Lesen, was eine gewaltige Lernkette auslöst und die tierische Waldbevölkerung komplett alphabetisiert.
So wird das das Dorf im Wald zu einem Hort der Literatur, denn alle können jetzt selber lesen und leihen begeistert Bücher aus.
Trotzdem trifft man sich aber auch weiterhin gerne bei Familie Elch am Feuer, denn die Freude am gemeinsamen Vorlesen und Teilen von Geschichten ist das Größte.

Die Illustrationen von Inga Moore zeigen liebenswerte Tiere, die in Mimik, Körperhaltung und Fortbewegung so überzeugen, dass man komplett hingerissen ist und sich an den detailverliebten Bildern kaum sattsehen kann. Inga Moore verfügt über ein ausgeprägtes anatomisches Verständnis, das es ihr ermöglicht, den Tieren menschliche Eigenschaften zu verleihen, ohne sie zu sentimentalisieren oder lächerlich zu machen. Mit eloquenter Haltung und Gestik drücken sich die Tiere körperlich ebenso gut aus wie mimisch.
Die Landschaft und die Architektur der Illustrationen sind typisch englisch angelegt, der Stil des Bücherbusses erinnert an die alten Routemaster, die typischen roten Doppeldecker-Linienbusse in London.
Für jede Doppelseite fotokopiert Inga Moore ihre Originalzeichnungen und bearbeitet sie anschließend mit einer Mischung aus Bleistift, Tinte, Aquarell, Buntstift, Pastell und sogar Ölfarbe – „alles, was funktioniert“. Mit ihrer komplexen Gestaltung und einer Fülle fesselnder Details erreicht sie einen Realismus, der ungewöhnlich ist, und diese tierische Freude an der Welt der Bücher und Geschichten ist sehr einladend und warm darstellt.
Ein Bilderbuch, das Leseförderung und Bilderbuchtiere von der allerschönsten Seite zeigt und von vielen Kindern innig geliebt wird.
Anregungen zur thematischen Reflektion
Herr Elch und sein Bücherbus - lebendige Literacy und Leseförderung

Literacy meint im engen Sinne, die Kompetenz lesen und schreiben zu können. Im weiteren Sinne umfasst sie alle Erfahrungen und Grundfertigkeiten rund um Buch-, Erzähl-, Sprach- und Schriftkultur.
Bereits in der frühen Kindheit zeigen Kinder ein großes Interesse an Sprache und Schrift. Wie bedeutsam es ist, an dieses Interesse anzuknüpfen, belegen Ergebnisse aus der Hirnforschung und neuere Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie.
Entscheidend für solch frühe Bildungserlebnisse ist eine feinfühlige Begleitung durch familiäre und außerfamiliäre Bezugspersonen, die Kindern Nähe und einen ersten Zugang zur Literatur ermöglichen. Zu Hause und in der Kita mit Büchern aufzuwachsen und dabei positive Erlebnisse zu haben, bildet das Fundament, um später selbst zu lesen und ein freudiger und motivierter Leser zu werden. Ein Bilderbuch zeigen, dialogorientiert über Bilder sprechen oder Vorlesen ist Teil qualifizierter Bildungs- und Erziehungsarbeit. Mit diesem entdeckenden literarischen Lernen vermitteln Sie dem Kind wertschätzend, dass Sie es als interessierten, lernfähigen Menschen wahrnehmen.
Kinder lernen viel über das Lesen und auch das Schreiben, wenn sie beobachten, welchen Stellenwert diese Kulturtechniken im Alltag einnehmen. Je selbstverständlicher für Kinder der Umgang mit Büchern, Zeitungen und alle Arten von Printmedien ist, desto eher realisieren sie, dass Geschriebenes vielfältige Botschaften vermittelt und möchten ihre eigenen Erfahrungen machen. So erleben Kinder, dass man mit Sprache und Schrift kommunizieren kann und Bücher Quellen des Genusses und der Information sind.
Die Praxis der Anschlusskommunikation
Märchen

Lesen Sie gemeinsam mit den Kindern die Märchen, die Herr Elch den kleinen und großen Tieren im Dorf am Wald vorliest. Das sind die Grimm-Märchen Rotkäppchen, Der gestiefelte Kater und Aschenputtel.
Obwohl Märchen der Phantasie und dem Gerechtigkeitsbedürfnis von Kindern entsprechen, wird immer wieder die Frage gestellt, ob Kinder Märchen brauchen. Bruno Bettelheim bejaht dies in seinem Buch „Brauchen Kinder Märchen?" und schreibt dazu: „Mythen und Märchen beantworten die ewigen Fragen: Wie ist das Leben wirklich? Wie soll ich darin leben? Wie kann ich mich selbst sein? Das Märchen überlässt es der Phantasie des Kindes, ob und wie es das, was die Geschichte vom Leben erzählt, auf sich selbst bezieht.“
Bruno Bettelheim weist sehr deutlich und überzeugend darauf hin, wie notwendig das Märchen für die Entwicklung des Kindes ist. Gerade die Märchen würden dem Kind die Möglichkeit geben, seine inneren Konflikte, die es zum Teil unbewusst erlebt, intuitiv zu erfassen und in der Phantasie auszuleben und damit zu lösen. Das Märchen sieht er als eine Art Zauberspiegel, der die innere Welt des Kindes widerspiegelt: seine Ängste, Wünsche und Phantasien, und es zeige zugleich auf, welche Reifungsschritte notwendig sind.
Ausleihbibliothek
Über die Lust am Lesen lernen

„Aber wir können doch gar nicht lesen!“, sagte Frau Bär in einem Gespräch mit Herrn Elch, als der mit seinem Bücherbus im Dorf im Wald vorfuhr. Kurzum brachte Herr Elch Frau Bär das Lesen bei.“
Diese wiederum brachte es Herrn Dachs bei und Herrn Fuchs. Herr Elch lehrte Frau Hase lesen und die zeigte Frau Maulwurf wie es ging. Frau Maulwurf und Frau Hase brachten es den drei Wildschweinen bei. Und die drei Wildschweine zeigten es den Bibern.
Bücher sind für Kinder von Beginn an sinnvoll und wichtig. Denn Literacy-Kompetenzen umfassen das Entdecken und Vertraut werden mit Büchern, aber auch das Lesen und Schreiben. Lesen beginnt demzufolge mit den ersten Bilderbüchern und dem Sprechen über die Bilder im Dialog.
Sprechen Sie mit den Kindern, was das Lesen bei ihnen bewirkt, wie man es ihrer Einschätzung nach lernen kann, was man können und wissen muss. (Buchstaben erkennen und sie Lauten zuordnen können / Phonologische Bewusstheit).

Rund um die Erfahrungen mit dem Wesen der Bibliothek
Bücherbusse bringen aktuelle Medien in Wohnviertel oder Orte ohne eigene Bibliothek. Falls sie die Möglichkeit haben, einen solchen zu besuchen ist das der direkte Bezug zu diesem Bilderbuch. Ansonsten bietet die Geschichte den Anlass, einen Bibliotheksbesuch mit Kindern zu planen und vor Ort zu erleben, was das Wesen einer Bibliothek ausmacht.
Parallel dazu ist auch die Erforschung der hauseigenen Kita Bibliothek von Interesse. Beispielsweise kann folgendes in den Fokus genommen werden:
- Welche verschiedenen Genres von Büchern hat unsere Bibliothek?
- Welche Märchen(bilder)bücher sind in unserer Bibliothek zu finden?
- Welches Buch ist mein Lieblingsbuch? (Kinder mit ihrem Lieblingsbuch fotografieren)
- Welche unserer Geschichten handeln im Wald oder einer Bibliothek? (Recherchearbeit)
- Haben wir Bücher, in denen die Tiere vorkommen, die in der Geschichte Bücher leihen, lesen und vorlesen?
- Was braucht man zum Vorlesen? (schöne Stimme, Brille, Ruhe, Sofa etc.)

Generell brauchen Kitas eine Bibliothek, in der die Kinder sich als lesende und sprechende, als forschende und lernende Person erleben, in der Kinder und auch Erwachsene sich wohlfühlen und inspirieren lassen.
Die Bilderbücher der Kita-Bibliothek sichern eine frühe, von der Herkunftsfamilie unabhängige, Begegnung mit Literatur und sind Wegbereiter für die Nutzung öffentlicher Bibliotheken. Bereits mit den ersten Bilderbüchern wachsen Kinder in die Sprach-, Erzähl- und Schriftkultur hinein. Eine Kita-Bibliothek ermöglicht Kindern die Erfahrung, dass Bücherlesen Wissen und vielfältigste Erlebniswelten vermittelt. Zudem sind freudige gemeinsame Bucherlebnisse nicht nur sprachlich bildende Erfahrungen, sondern auch eine gute Voraussetzung für die spätere Lesebereitschaft und Leselust von Kindern.
„Dieses Buch ist allen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren auf der ganzen Welt gewidmet. „ schreibt Inga Moore in ihrem Bilderbuch „Herr Elch und sein Bücherbus“.
Inga Moore:
Herr Elch und sein Bücherbus.
Aus dem Englischen von Michael Stehle.Stuttgart: Urachhaus 2025, 48 Seiten | 20,00€ | ab 4 Jahre
Medientipp März 2025
Sprachstarke Pappen ‒ nicht nur für den Frühling…
„Das Vorlesen ist die Mutter des Lesens.“ Diese Erkenntnis, formuliert von Johann Wolfgang von Goethe, gilt auch heute und besonders für die ersten drei Lebensjahre. Frühes Vorlesen und Erzählen fördert die sprachliche Entwicklung von Kindern. Die ersten Bücher regen an zum Schauen, Wahrnehmen und Sprechen, sie sorgen für Dialoge und Zusammensein. Im besten Falle, und der ist bei diesen zwei Pappbilderbücher aus dem Verlag minedition gegeben, sind Bilderbücher für Kinder bis drei Jahren auch darüber hinaus begehrt. Wenn sie dann auch für Leseerlebnisse interessant sind, die Sprachförderung im Fokus haben, und mit Hasen und Küken an die Frühjahrszeit anknüpfen, umso besser.

Folge dem Häschen
„Folge dem Häschen“ ermöglicht Leserinnen und Lesern, einen kleinen Hasen auf seiner Suche nach Futter zu begleiten. Seine Wege durch den Obstgarten, den Wald und das Gemüsebeet fahren die Kinder mit ihrem Finger nach. Die vertieften Spuren auf den Buchseiten schaffen so ein haptisches Bucherlebnis. Diese taktile Wahrnehmung ist nicht unwichtig, ist sie doch eine Vorstufe der rein abstrakten, visuellen Wahrnehmung.
Diesem Buch gelingt es mühelos und überzeugend, die Spuren als haptische Erfahrung so in eine Bildgeschichte einbeziehen, dass diese den Inhalt der Geschichte sinnvoll mittragen.
Die Karotten, Äpfel und all die anderen Nahrungsschätze, die entdeckt werden, machen letztendlich die komplette Hasenfamilie satt. Zusätzlich zum Benennen der Abbildungen, was den Wortschatz festigt und erweitert, lässt sich die Spurensuche quer durch die Natur auch wunderbar sprachlich begleiten: „Der kleine Hase läuft los und kommt am Fuchsbau vorbei, in dem der Fuchs zusammengerollt in einem Blätterhaufen schläft. Er hoppelt weiter und findet in der nächsten Höhle Karotten. Kannst du mal nachzählen, wie viele das sind? Und so weiter…
Auf diese Weise wird das Buch über den Tastsinn, die visuelle Wahrnehmung und die Sprache erlebt. Damit geben sich Sprache, Spiel und Buch die Hand und sorgen für Wohlgefühle beim gemeinsamen Lesen. Solche Erlebnisse machen es Kindern leicht, in die Buch- und Sprachkultur hineinzuwachsen.

Der gelbe Kreis
Junge Kinder brauchen ein emotionales Bucherleben. Die Hinwendung zum Buch entwickelt sich darüber, was sie mit dem Buch erleben können, über das Begreifen, wie es funktioniert und für was es gut ist. Ein Paradebeispiel dafür ist „Der gelbe Kreis“, der mit seiner reduzierten Illustration überzeugend beweist, wie weniger mehr sein kann. Zunächst gibt es da auf einer schwarzen Seite lediglich einen gelben Kreis zu sehen. Mit dem Bewegen des Schiebers wird daraus, abrakadabra, ein Küken! „Der gelbe Kreis“ kann sich zudem auch in eine Sonne, ein Ei, einen Fisch, eine Blume und sogar in ein Eis verwandeln.

Diese überraschende Veränderung der kontrastintensiven Abbildungen zieht die Aufmerksamkeit der Kinder ins Buch. Ein wunderschöner Verwandlungszauber, der unterhält, die Fantasie anregt und überzeugend zeigt, wie ein Pappbilderbuch früh dazu beiträgt, Lesemotivation zu entwickeln. Zudem eignet es sich auch mit älteren Kindern zum Geschichtenerzählen. Die zauberhaften Verwandlungen sind dafür der Ausgangspunkt für das Einüben des Geschichtenschemas.

In seiner klaren Schlichtheit wunderschön gestaltet, hochwertig mit robusten Schiebern ausgestattet, ist „Der gelbe Kreis“ ein inspirierendes Pappbilderbuch für jede Kita-Bibliothek.
Anregungen zur thematischen Reflektion
- Bildung beginnt mit der Geburt…
‒ und dieses heute anerkannte wissenschaftliche Verständnis von Bildung beinhaltet die Erkenntnis, dass Bildung permanent stattfindet. Deswegen brauchen Kinder Menschen und eine gestaltete Umgebung, die ihnen selbstbestimmte Erfahrungen und auch die geistige Verarbeitung dieser Erfahrungen ermöglicht.
Anregende und entwicklungsfördernde Räume und konzeptionelle Zielsetzungen bilden den Rahmen für die institutionelle Arbeit mit Kleinkindern. Literacy und frühe Erfahrungen mit Büchern und Geschichten sollten so grundsätzlich in der Konzeption der Einrichtung verankert sein. Lesen als Teil des alltäglichen Ablaufs erleben und einen Schwerpunkt auf das Erlebnis mit Büchern in der Krippengruppe zu legen stellt außerdem einen attraktiven Weg dar, um ein besonderes Profil zu verdeutlichen und unverwechselbar mit anderen Institutionen zu sein. Auf diese Weise entsteht eine Bücher- und Lesekultur, in der die Kinder sich und ihre Lebenswelt täglich wiederfinden und im gemeinsamen Gespräch neu entdecken können.
Die Praxis der Anschlusskommunikation
- „Der gelbe Kreis“ ‒ Bilder erzählen Geschichten
Die verblüffende Schiebetechnik dieses Buchs hat einen starken Aufforderungscharakter, der sich auch zum Geschichtenerzählen anbietet. So können rund um die Verwandlung zur Sonne, zum Spiegelei, zur Blume, zum Fisch und zum Eis kleine Geschichten mit einfacher Struktur entstehen: Wo findet die Verwandlung statt? Wer hat sie veranlasst? Was passiert? Wie endet das Ganze?
Beispielsweise: Auf einer Wiese zwischen Gräsern und Blättern, die der Wind bewegt, schwebt ein gelber Kreis. Ein Zwerg, der des Wegs daherkommt, erblickt dies und denkt: „Oh, wie schön rund und gelb, dieses kreisrunde Ding ausschaut, fast wie eine Blume. In dem Moment, indem er den Kreis berührt, verwandelt er sich, wie von Zauberhand, in eine wunderschöne Blume mit rosaroten und blauen Blütenblättern. Der Zwerg freut sich und betrachtet die Blume genau. Die Biene und der Schmetterling sind erstaunt und verwundert, als sie die prächtige Wunderblume auf ihrer Wiese entdecken.
Die Geschichten werden von den Kindern diktiert und von einem Erwachsenen aufgeschrieben. So entsteht ein Text zum Buch, der immer wieder vorgelesen und erzählt werden kann und die Kinder erleben, wie Sprache durch Schrift zum Text wird.
- Spuren verfolgen: „Folge dem Häschen“
Auf seinen Spurensuchen hoppelt das Häschen durch das Gemüsebeet und den Wald, es durchquert den Blumengarten bis zum Obstgarten. Dabei sammelt es acht Schätze, die letztendlich die ganze Hasenfamilie sattmachen.
Mit acht Kronenkorken kann zu diesem Buch ein Spiel mit Memorycharakter realisiert werden.
In der Spur werden in die runden Vertiefungen, in denen sich die Schätze befinden, Kronenkorken gelegt. In deren Innenseiten sind Kopien der Schätze geklebt.

Die Aufgabe der Kinder ist es, sich zu erinnern, was das Häschen wo mitnimmt. Wer beispielsweise weiß, dass das Häschen im Wald einen Pilz und eine Eichel findet, formuliert dies sprachlich und nimmt diese Kronenkorken zu sich.

Am Schluss schenken die Kinder die Schätze der Hasenfamilie und verwenden dabei die Begriffe in der Einzahl und der Mehrzahl: „Ich schenke der Hasenfamilie noch einen Pilz, jetzt hat sie zwei Pilze zum Abendessen.“ Dabei können die Schätze, in der Reihenfolge, in der sie im Buch vorkommen, erinnert und auf der letzten Doppelseite abgelegt werden.
Medientipp von Sylvia Näger, Freiburg
Diplom-Medienpädagogin. Dozentin in der Aus-und Fortbildung von Grundschullehrenden, Pädagogischen Fachkräften und Bibliothekarinnen. Lehrtätigkeit in den Bereichen sprachliche Bildung, Literacy, Kinder- und Jugendliteratur, Lyrik und Medienpädagogik.
Rosie Adams / Linda TordoffFolge dem Häschen. Ein Finger- Nachfahr-Buch.Zürich: minedition 2024, 18 Seiten | 14,00€ | ab 2 Jahre
Céline Lamour-CrochetDer gelbe Kreis.Zürich: minedition 2024, 12 Seiten | 15,00€ | ab 2 Jahre

Medientipp Februar 2025
Hüte
Und andere Kopfbedeckungen aus aller Welt
Erstaunlich, was Menschen so alles auf dem Kopf tragen. Und wer hätte gedacht, dass Hüte und andere Kopfbedeckungen so eindrucksvoll geeignet sind, die kulturelle Vielfalt unserer Welt zu vermitteln?
Im interessanten Hoch- und Großformat stellt dieses Buch 60 Kopfbedeckungen aus aller Welt vor: vom Sombrero über den Brautschleier, vom Fascinator über Helme bis zur Narrenkappe. Karin Exner bildet all das in auf- und gefälligen Bildern in eindrucksvoller Ölpastell-Kratztechnik ab. Dieser ästhetische Reiz und die bewusste Gegenüberstellung der Vielfalt dieser Kleidungsstücke ist phänomenal wirkungsvoll und faszinierend und macht dieses brillante Sachbuch auch für Erwachsene attraktiv. Die abgebildeten Kopfbedeckungen werden umfassend beschrieben. Es gibt viele Informationen zur Herkunft, zum historischen und kulturellen Zusammenhang. So wächst der Sprachschatz zum Oberbegriff Kopfbedeckung, denn kaum einer weiß, dass der Ritterhelm im Mittelalter Hundsgugel hieß, da sein Visier an eine Hundeschnauze erinnerte. Ein von vielen schwarzen Menschen nachts genutztes Kopftuch aus glattem Material wird Durag genannt und ist inzwischen ein modisches Accessoire, das in der Hip-Hop-Szene auch tagsüber getragen wird.
Die vielfältigen Gründe, warum Menschen schon sehr lange und weltweit die Neigung haben, ihren Kopf zu bedecken beschreibt die Autorin und Illustratorin kindgerecht, knapp und verständlich: sie schützen vor fremden Blicken, sie können uns aber auch beschützen und haben eine kulturelle und symbolische Bedeutung.

Ritterhelme, Perücken, Turbane, Hauben und Hüte, sich etwas auf den Kopf zu setzen, kann tarnen, wärmen, zieren oder für Respekt und Anerkennung sorgen. So gelingt es diesem Buch sowohl die kulturelle Vielfalt aus dem Hut zu zaubern und andererseits mit differenzierter Sprache, die Lust an eigenen Hutkreationen auf höchstes Niveau zu bringen. „Chapeau“ also „Hut ab“ vor dieser Glanzleistung der besonders ästhetischen Art. Ein außergewöhnliches Sachbuch, unverzichtbar für alle, die prächtige Bücher, Sprachschatz und Vielfalt schätzen,

Anregungen zur thematischen Reflektion
- Kopfbedeckung als Symbol für Unterschiede und Gemeinsamkeit
In der aktuellen Auseinandersetzung um Inklusion und Diversität geht es darum, Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft zu ermöglichen und jegliche Form von Diskriminierung oder das „an den Rand drängen“ von Menschen aufgrund von zugeschriebenen Merkmalen zu verhindern.
In Karin Exners Buch „Hüte“ stehen die Hüte als Symbol für die Vielfalt von Kulturen und Lebensformen. Die kulturell unterschiedlichen Blickwinkel auf die Kopfbedeckungen in aller Welt werden in diesem kunstvoll gestalteten Sachbilderbuch als Teil einer Vielfalt erlebbar und anerkannt. Die Darstellung und Vorstellung der ausgewählten Hüte bieten Leserinnen und Lesern literarische und ästhetische Erfahrungen und ermöglichen damit Vorurteilen entgegenzuwirken und Verschiedenheit als Normalität zu betrachten.
- Bilderbücher sind ideal, wenn es darum geht, Kindern vielfältige Zugänge zum Themenkomplex Inklusion und Diversität zu ermöglichen.
Ein Perspektivwechsel beim Kennenlernen vielfältiger Lebensformen kann ein erster Schritt zur Empathie sein und trägt so zu einer ersten Bewusstseinsbildung für ethische Werte bei. Davon profitieren Kinder und Erwachsene: zum Beispiel durch weniger Barrieren in den Köpfen, mehr Offenheit, Toleranz und ein besseres Miteinander.
Die Praxis der Anschlusskommunikation
Es liegt auf der Hand, dass man nach dieser Lektüre über eine eigene Kopfbedeckung nachdenkt. Zudem ist das Thema eine kreative Schatzkiste und regt zur Herstellung eigener Kopfbedeckungen an.
- Foto Memory „Mit und ohne Hut“ selber herstellen
Dieses Fotoprojekt kommt der kindlichen Verkleidungs- und Spiellust entgegen und sichert durch eine originelle Sammlung von Kopfbedeckungen eine interessante Memoryproduktion.
Zur Umsetzung:
- Jedes Kind sucht sich eine Kopfbedeckung aus und wird einmal mit und einmal ohne diese fotografiert.
- Die Papierabzüge werden quadratisch geschnitten und foliert.
Mit mindestens 20 Paaren kann man nun nach Memoryregeln spielen.
Foto-Tipps: Für einen wirkungsvollen Kontrast sorgt ein Hintergrund in schwarzer oder einer anderen dunklen Farbe, z.B. ein Laken.
Der fotografierte Ausschnitt sollte immer derselbe sein: Porträtformat, d.h. Kopf mit Hut und Schulteransatz.
Dabei üben sich die Kinder im Umgang mit Medien und erleben, dass diese zur aktiven und kreativen Gestaltung eigener Medienprodukte nutzbar sind.
- Malerhut aus Zeitungspapier falten
Eine Anleitung finden Sie im Netz unter:
https://www.buerliag.ch/documents/Basteltipp_Vorlagen/Malerhut_Anleitung.pdf
- Das Spiel- und Bewegungslied „Mein Hut der hat drei Ecken…
Finden Sie auf youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=wTzwcKQ62LM
Das Lied „Mein Hut, der hat drei Ecken, drei Ecken hat mein Hut. Und hätt‘ er nicht drei Ecken, so wär‘ es nicht mein Hut.“ wird beim Singen pantomimisch begleitet, indem synchron zu einigen Wörtern passende Bewegungen gemacht werden:
- Bei „Hut“ wird die Hand auf den Kopf gelegt.
- Bei „drei“ werden drei ausgestreckte Finger gezeigt.
- Bei „Ecken“ wird sich an den Ellenbogen gefasst.
- Bei „nicht“ wird mit dem Kopf geschüttelt.
- Bei „mein“ zeigt jedes Kind mit dem Finger auf sich selbst.
Nach und nach werden beim Singen immer mehr Wörter ausgelassen, die Bewegungen werden nur noch stumm ausgeführt. Je schneller das Tempo beim Singen wird, desto mehr steigert sich der Spaß…
Medientipp von Sylvia Näger, Freiburg
Diplom-Medienpädagogin. Dozentin in der Aus-und Fortbildung von Grundschullehrenden, Pädagogischen Fachkräften und Bibliothekarinnen. Lehrtätigkeit in den Bereichen sprachliche Bildung, Literacy, Kinder- und Jugendliteratur, Lyrik und Medienpädagogik.
Karen ExnerHüte. Und andere Kopfbedeckungen aus aller Welt. Hamburg: Carlsen Verlag 2024, 88 Seiten | 18,00€ | ab 4 Jahre

Medientipp Januar 2025
Spuren im Schnee
Über Nacht ist Schnee vom Himmel gefallen. Das kleine Mädchen freut sich und macht sich dick vermummt auf den Weg in den Wald. Im fahlen Winterlicht zeigen sich zauberhaft verschneite Bäume und Büsche und kreuz und quer führen Tierspuren durch den Schnee. Zunächst folgt sie den Spuren, die zu den Saatkrähen führen. Die picken im Feld bei der Vogelscheuche die letzten Körner aus den Ähren und hinterlassen dabei ein wildes Muster ihrer Krallen im Schnee. Beim Weitergehen entdeckt sie „Zwischen den Furchen mit großen Ohren, zwei braune Hasen, schon recht durchgefroren…“ und kann so wieder ein Spurenrätsel mehr lösen.

Auf den folgenden Doppelseiten begegnen das Mädchen und die Bilderbuchleserinnen und -leser auch den anderen Tieren, die an diesem Wintertag im Wald unterwegs waren. Da ist der Fuchs, der mit dynamischen Sprüngen Mäuse jagt, die Eichhörnchen, die ihre versteckten Nüsse suchen und der Dachs, der noch ein paar Hagebutten frisst, bevor er sich wieder zum Winterschlaf in seinen Bau verzieht.
Tief drinnen im Wald huscht ein weißer Hermelin davon und die Wildschweine fressen sich auf der Lichtung mit Pilzen, Bucheckern und Wurzeln satt. Enten, Ottern und Hirsche sind am Teich und auf der Lichtung zu beobachten und hinterlassen dort ihre Spuren im Schnee.
Über all das wird in kurzen, gereimten Texten berichtet, denen es erstaunlich gut gelingt, Sachinformationen und Poesie zu verbinden. In dieser zauberhaften Geschichte kommen aber nicht nur die Magie der kalten Jahreszeit und die Wissensvermittlung über die heimische Tierwelt im Winter zum Tragen, sondern auch ein nicht unbedeutender Aspekt der Literacy: Kindern spielerisch den Umgang mit Symbolen und Zeichen zu ermöglichen. In der Symbolik der Spuren erfassen sie die dargestellte Information und setzen sich mit dem Sinn solcher Hinweise auseinander.
Die Bilder im Buch erzeugen eine wunderbare Winterstimmung, die Farbtöne spiegeln die Kälte und das besondere Licht dieser Jahreszeit perfekt wider. Das Bilderbuch, das den geheimnisvollen Winterzauber, verstärkt durch das rätselhafte Spurenlesen, angenehm gemütlich im Warmen erleben lässt und vielleicht zu winterlichen Entdeckungen und Ausflügen motiviert.
Zur thematischen Reflexion
Tierspuren im Schnee sind ein faszinierendes Phänomen, sozusagen die Zeichensprache der belebten Natur. Bei drei- bis sechsjährigen Kindern ist eine oft erstaunliche Sensibilität für markante bildhafte Zeichen in ihrer Umwelt zu beobachten. In diesem Alter sind Kinder fähig, symbolisch zu denken – sie interessieren sich für Zeichen und ihre Bedeutung. Wird der spielerische Umgang mit alltäglich und überall vorkommenden Zeichen, Buchstaben, Wörtern und Texten unserer Kultur gefördert, so können sich Kinder früh die Funktionen und Formen, in denen Schreiben und Lesen auftreten, handelnd aneignen und erschließen.
- Zeichen entdecken und erforschen
Die Zeichen-Entdeckungen der Kinder zu thematisieren ist deswegen so bedeutsam, da sie eine Stufe auf ihrem Weg zum Schreiben und Lesen markieren. Ein grundlegendes Symbolverständnis und eine möglichst breite Erfahrung mit Symbolen und Bildern vor der Schulzeit sind für den späteren Schreib- und Leselernprozess förderlich.
- Spuren sind Zeichen
Interessieren sich Kinder für Zeichen und ihre Bedeutung, und entwickeln ihr Symbolverständnis, verstehen sie, dass die Form einer Spur ein bestimmtes Tier repräsentiert. Viele Tiere sind menschenscheu, sie zeigen sich selten oder kommen nur nachts aus ihren Verstecken. Dabei aber hinterlassen Sie ihre verräterischen Spuren: Trippelspuren, Trittspuren, Kriechspuren.
- Wortbilder aus Schriftzeichen
Wenn Kinder wissen, dass Wörter durch eine Abfolge von Schriftzeichen abgebildet werden, befinden sie sich in der logographischen Stufe der Schreibentwicklung. In dieser Stufe können sie meist ihren Namen schreiben, verfügen aber noch nicht über die Kenntnisse, Laute in Buchstaben umzusetzen. Sie betrachten die Gestalt des Wortes und prägen sich das Wortbild als Ganzes ein.
Die Praxis der Anschlusskommunikation
- Welches Tier ist da gewesen – man kann´s an den Spuren lesen.
Das Symbolverständnis fördern – Spielanregung
Das Bilderbuch von Josefine Maier und Maike Harel unterstützt Kinder darin, Spuren als sichere Zeichen der Anwesenheit von Tieren lesen zu lernen. Kopieren Sie für die folgende Anregung die Abbildung der Tiere, ihre Spuren und schreiben die Schriftbilder in Großbuchstaben. Daraus erstellen Sie dreißig Kärtchen: zehn mit Abbildungen, zehn mit Spuren und zehn mit den Schriftbildern der Tiere. Spielanleitung: Die Abbildungen der Tiere werden senkrecht in eine Reihe gelegt, die entsprechenden Wortbilder und Fährten werden der Abbildung zugeordnet. Dabei üben sich die Kinder im Umgang mit Zeichen, die eine Bedeutung tragen und somit eine Funktion haben. Sie entwickeln Symbolbewusstsein und Einsichten in die Funktion und Struktur von Schrift und anderen Zeichen. Alternativ ist das Kartenset auch zum Memoryspielen nutzbar.
- Eigene Spuren hinterlassen
…beispielsweise im Schnee, im Sand, auf einem bemehlten Backblech, in der ausgewellten Knetplatte, an einem angehauchten Fenster oder Spiegel etc.
- Lieder und musikpädagogische Anregung zu "Spuren im Schnee"

„Spuren im Schnee“, ein Lied von Volker Rosin finden Sie unter: https://www.youtube.com/watch?v=3MqalnoWCrg
Eine musikpädagogische Umsetzung zum Lied „Fußspuren der Tiere“ finden Sie unter: https://ideenwerkstatt-musikpaedagogik.de/fussspuren-im-schnee/
Medientipp von Sylvia Näger, Freiburg
Diplom-Medienpädagogin. Dozentin in der Aus-und Fortbildung von Grundschullehrenden, Pädagogischen Fachkräften und Bibliothekarinnen. Lehrtätigkeit in den Bereichen sprachliche Bildung, Literacy, Kinder- und Jugendliteratur, Lyrik und Medienpädagogik.
Josefine Maier/Maike HarelSpuren im Schnee
Berlin: Anette Betz im Ueberreuter Verlag 2024, 40 Seiten | 16,00€ | ab 3 Jahre
Medientipp - Archiv
Hier finden Sie Medientipps der vergangenen Jahre