24. Juli 2019

Konstituierende Sitzung Gemeinderat

Liebe Mitglieder des Gemeinderates,

verehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie ganz herzlich zur ersten Sitzung der neuen Amtsperiode. Schön, dass Sie heute hier sind. Es ist für viele, auch für mich persönlich, eine ganz besondere Sitzung. Heute konstituiert sich der neue Freiburger Gemeinderat. Nach der Verabschiedung der Stadträtinnen und Stadträte richten sich meine Worte zum ersten Mal an die 22 „Neuen“: Herzlich willkommen an Ihrer neuen Wirkungsstätte.

Ich möchte Sie heute namentlich begrüßen:

  • Julien Bender (SPD/Kult)
  • Felix Beuter (Eine Stadt für alle)
  • Vanessa Carboni (Bündnis 90 / Die Grünen)
  • Claudia Feierling (Freie Wähler)
  • Angelina Flaig (Eine Stadt für alle)
  • Annabelle Gräfin von Kalckreuth (Bündnis 90 / Die Grünen)
  • Detlef A. Huber (AfD)
  • Ramon Kathrein (JUPI)
  • Sophie Kessl (JUPI)
  • Dubravko Mandic (AfD)
  • Maria del Mar Mena Aragon (JUPI)
  • Gregory Mohlberg (Eine Stadt für alle)
  • Franco Orlando (Freie Demokraten / Bürger für Freiburg)
  • Jan Christian Otto (Bündnis 90 / Die Grünen)
  • Lars Petersen (Bündnis 90 / Die Grünen)
  • Bernhard Rotzinger (CDU)
  • Karim Saleh (Bündnis 90 / Die Grünen)
  • Sophie Schwer (Bündnis 90 / Die Grünen)
  • Simon Sumbert (JUPI)
  • Kai Veser (Freie Wähler)
  • Anke Wiedemann (Bündnis 90/ Die Grünen)
  • Lina  Wiemer-Cialowicz (Eine Stadt für alle)

Und zu den 26 „Alten“ – pardon – „Erfahrenen“ sage ich: Herzlich willkommen zur neuen Amtsperiode.

Für uns alle markiert der Tag heute einen Einschnitt. Einen Einschnitt, weil eine Amtsperiode endet und eine neue beginnt, in der wir die Grundlagen für die nächsten fünf Jahre legen. Mit 22 neuen Stadträtinnen und Stadträten verzeichnen wir einen echten Generationenwechsel. So große Veränderungen in der Zusammensetzung hat es in der jüngeren Geschichte nicht gegeben. Der Rat ist jünger, weiblicher – und mit 16 Listen noch bunter geworden.

Er deckt ein breiteres politisches Spektrum von links bis rechts ab, von liberal bis bürgerlich, von konservativ bis progressiv. Das macht Entscheidungen nicht einfacher, verkompliziert Absprachen und bremst den politischen Entscheidungsprozess, wie manche bereits befürchten. Diese Kritik teile ich ausdrücklich nicht. Denn der Gemeinderat soll ein möglichst genaues Spiegelbild unserer vielfältigen Stadtgesellschaft sein. Und genau das ist seine Funktion in unserer Demokratie.

Liebe Stadträtinnen und Stadträte. Heute ist der Auftakt für unsere künftige Zusammenarbeit. Und eines kann ich Ihnen jetzt schon versprechen: Langweilig wird es uns nicht werden. Unsere Stadt ist lebendig. Die Menschen bringen sich ein, wollen mitreden und mitgestalten. Das ist gut und wichtig. Denn eine aktive Bürgerschaft ist die Grundlage für eine lebendige Demokratie.

Als Gemeinderat sind Sie das Sprachrohr aller Freiburgerinnen und Freiburger. Gemeinsam werden wir in den nächsten 5 Jahren darüber entscheiden, in welche Richtung sich unsere Stadt entwickeln wird. Am 26. Mai haben die Wählerinnen und Wähler Ihnen dafür den Auftrag erteilt.

Das ist Verpflichtung und „Ehren-Amt“ zugleich – „im wahrsten Sinne des Wortes“. Weil es eine Ehre ist, der Stadt und seinen Einwohnerinnen und Einwohnern zu dienen. Der Gemeinderat ist dafür die einflussreichste Vertretung.

Mein besonderer Dank geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die in den vergangenen fünf Jahren den Gemeinderat mit großem Engagement unterstützt haben. Was Sie, liebe Stadträtinnen und Stadträte, beschließen, setzen wir als Verwaltung um. Deshalb lade ich Sie ein: Lernen Sie unser Team kennen. Verstehen Sie uns als Partner an Ihrer Seite.

Freiburg ist jung, kreativ, dynamisch und lebendig, aber auch erfahren und klug. Unsere Stadt, das ist die Summe der Menschen, die hier leben. Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensentwürfen und Biografien. Als Stadträtinnen und Stadträte sind Sie Sprachrohr und Interessensvertreter all dieser Menschen. Interessensvertreter von Jung und Alt, von Arm und Reich, von Alteingesessenen und neu Zugezogenen von Personen mit und ohne Migrations- oder Inklusionshintergrund.

Die Aufgaben von Stadträtinnen und Stadträten sind herausfordernd. Es gehört zur Demokratie, dass das Ringen um die beste Lösung Konflikte mit sich bringt. Das kostet Kraft und Energie. Das ist häufig anstrengend und mühsam. Aber auch überaus erfüllend, wenn Entscheidungen die Stadt voranbringen.

Wenn gestaltet wird, wenn die Freiburgerinnen und Freiburger spüren, dass sich ihre politischen Vertreterinnen und Vertreter – dazu zählen ausdrücklich auch die Ortschaftsräte – für das Gemeinwohl ihrer Stadt und der Ortschaften einsetzen. Lösungen zu finden, die niemanden ausgrenzen: Das ist die Aufgabe des Gemeinderates.

In einem Team hängen Erfolge davon ab, wie gut, wie konstruktiv man zusammenarbeitet. Das ist unsere Schlüsselaufgabe für die nächsten fünf Jahre.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

in der Vergangenheit ist viel darüber geschrieben und geredet worden, wie sich der Umgangston in unserer Gesellschaft und in der Politik verändert hat. Politikerinnen und Politiker, gerade auch in der Kommunalpolitik, bekommen Groll, Enttäuschung und Verbitterung zu spüren. Es ist erschreckend, dass mittlerweile auch Mitglieder unseres Gemeinderates Drohungen und Hassbotschaften erhalten. Das verurteile ich auf das Schärfste. Es ist nicht einfach, mit Hetze und Drohungen umzugehen. Das sage ich Ihnen aus eigener Erfahrung. Aber es darf für uns keine Option sein, uns einschüchtern zu lassen.

Wenn ein kleiner, aber lauter Teil unserer Gesellschaft nicht bereit ist, anständig und respektvoll miteinander umzugehen, dann ist es unsere Aufgabe, unsere Regeln umso konsequenter einzufordern.

Bei uns im Gemeinderat sind die Spielregeln in der Gemeindeordnung festgelegt. Hauptsatzung und Geschäftsordnung bestimmen unsere Tagesordnung. Die Abläufe, Zusammensetzung der Ausschüsse, Redezeit, aber auch die Umgangsformen im Plenum. Diese Vorgaben zu achten, gehört zum Konsens für unsere Arbeit.

Ich persönlich wünsche mir lebendige Debatten, die mitunter gerne hart in der Sache sind. Die aber getragen werden von einem fairen Umgang miteinander.

Provokation um des Provozierens willen, Ausgrenzen, um Aufmerksamkeit zu erzielen, sind in diesem Gremium fehl am Platz. Egal von welcher politischen Richtung. Als Verwaltung werden wir genau auf die Einhaltung dieser für alle geltenden Regeln achten. Nur so ermöglichen wir eine verantwortungsbewusste Stadtpolitik.

Meine Damen und Herren, viele von Ihnen haben langjährige Erfahrung in politischen Ämtern, in Vereinen, Verbänden, Initiativen, in Kirchen oder Gewerkschaften. Wenn erfahrene Gemeinderätinnen sich austauschen mit jüngeren, die frische Ideen mitbringen, wenn große Expertise einhergeht mit der Bereitschaft, Bestehendes zu hinterfragen, dann mache ich mir keine Sorgen, dass wir in den nächsten 5 Jahren die richtigen Entscheidungen zum Wohle Freiburgs treffen werden.

Das Ende einer Amtsperiode und der Beginn einer neuen ist Anlass, um zurück und nach vorne zu blicken. Was haben wir erreicht? Wie hat sich unsere Stadt entwickelt? Sind wir auf einem guten Weg? Welche Wegmarken liegen vor uns?

Die Weichen für erfolgreich abgeschlossene Projekte haben meine Vor- und Vorvorgänger gemeinsam mit dem Gemeinderat gestellt. Ihnen gebührt mein Dank.

Einige Projekte und Beschlüsse möchte ich aufzählen: Dass wir mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid im Februar den Weg für unseren neuen Stadtteil Dietenbach freigemacht haben, war ein starkes Beispiel dafür, wie Stadträtinnen und Stadträte gemeinsam mit der Verwaltung ein konkretes Vorhaben voranbringen. Es war aber auch ein Beispiel dafür, dass sich der kritische Dialog mit Skeptikern lohnt. Viele andere Städte blicken voller Bewunderung darauf, wie Freiburg die Entscheidung für einen modernen, nachhaltigen und zukunftsweisenden Stadtteil getroffen hat.

Wer mit einigem Zeitabstand Freiburg erneut besucht, der bemerkt sofort, wie sich unsere Stadt weiterentwickelt. Das Stadion nimmt zusehends Gestalt an, in Baugebieten wie Gutleutmatten oder dem Güterbahnhof-Areal zieht mehr und mehr Leben ein, der Rotteckring, speziell der Platz der alten Synagoge sind beliebte Treffpunkte, die Kronenbrücke ist fertig, unser Rathaus im Stühlinger ist ein Bürger-Zentrum im wahrsten Sinne des Wortes geworden. Vor fünf Jahren, als sich der heute abgelöste Gemeinderat konstituiert hat, war dies Zukunftsmusik.

Auch Herausforderungen wie der Zuzug von zahlreichen Geflüchteten waren damals nicht absehbar. Gerade die Zeit 2015/2016 hat gezeigt, dass Verwaltung, Gemeinderat, genauso wie viele engagierte Bürgerinnen und Bürger bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und anzupacken.

Uns gehen die Aufgaben nicht aus.

Mit dem Amt für Digitales, dem Digit, sowie dem Referat für bezahlbares Wohnen haben wir in der Verwaltung zwei zentrale Einheiten für unsere wichtigsten Herausforderungen geschaffen.

Ganz klar: Ein Amt oder ein Referat allein löst keine Probleme. Aber Sie bieten eine dringend notwendige Struktur, um nachhaltige Lösungen zu finden. Weil dafür ein ämterübergreifendes, vernetztes Handeln wichtig ist.

Die zentrale Herausforderung vieler Städte ist es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Das ist endlich im öffentlichen Bewusstsein voll angekommen. Gesamtlösungen, die von heute auf morgen greifen, gibt es nicht. Und als Stadt liegen nicht alle Rahmenbedingungen in unserer Verantwortung. Unser Anspruch ist es aber, dass wir dort handeln, wo wir Einfluss haben.

Unsere Strategie beruht auf vier Säulen:

1) Bezahlbarkeit im Bestand sichern

2) Baurechte für Neubau schaffen

3) Die beteiligten Akteure fordern und fördern

4) Baukosten senken

In Dietenbach sind die ersten Häuser frühestens im Jahr 2025/2026 bezugsfertig. Bis unser neuer Stadtteil den Druck auf dem Wohnungsmarkt lindert, vergehen Jahre. Aber bereits jetzt gehen wir konkret gegen die Wohnungsnot vor. Mit unserem vorhandenen Leerstandskataster, dem kommenden Baulückenkataster ergreifen wir wichtige Maßnahmen. Wir gehen konsequent gegen Leerstand und illegale Ferienwohnungen vor. Stühlinger West als Quartier mit einer 100-prozentigen Gemeinwohlorientierung, ist eine sichtbare Wegmarke.

Aktive Liegenschaftspolitik bedeutet für uns, Potenziale auszuschöpfen, Flächen zu kaufen und unsere Vorkaufsrechte zu nutzen. Sozial geförderten Wohnungsbau zu stärken, die 50 Prozent-Quote umzusetzen, ist unser Maßstab. Mit den Vermarktungskonzepten wollen wir gemischte Wohnquartiere schaffen und gerade das Angebot für Benachteiligte ausweiten. Wir wollen Luxussanierungen vermeiden und die Akteure stärken, die Wohnraum für die Mitte unserer Gesellschaft schaffen. Eines unserer zentralen Projekte dafür ist die Stärkung und Weiterentwicklung der Freiburger Stadtbau.

Als Stadt sind wir nicht nur offen für kreative Lösungen, wir suchen auch aktiv nach ihnen. Wir wollen von positiven Erfahrungen anderer Städte und anderer Akteure lernen. Unsere Fachkonferenz Wohnen im März war dazu ein Ort des Ideenaustausches und ein echter Erfolg.

Was beim Thema Wohnen gilt, gilt genauso bei der Digitalisierung: Das Thema wird uns über viele Jahre begleiten. Digitalisierung geht nicht weg, sie wird unser Leben und Arbeiten bestimmen und grundlegend verändern. Deshalb wollen wir diesen Wandel aktiv gestalten. Wir möchten die Chancen der Digitalisierung dort nutzen, wo sie uns hilft, wo sie unser Leben erleichtert.

Als Verwaltung gestalten wir den Weg vom Analogen zum Digitalen. Mit der E-Akte haben wir in den vergangenen Jahren Fortschritte erzielt. Diesen Weg wollen wir konsequent fortsetzen. Die Digitalisierung von Drucksachen etwa, die Sie, liebe Stadträtinnen und Stadträte, in den nächsten Jahren beschäftigen werden, erleichtert das Arbeiten und ist ein Beitrag zur Nachhaltigkeit.

Mit dem Mängelmelder haben wir ein Projekt angestoßen, das konkreten Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger bringt. Digitale Anfragen aus der Bevölkerung sind oft einfacher zu bearbeiten als analoge, wenn wir Hilfsmittel bereitstellen. Beteiligungsverfahren sind online leichter zugänglich als in der analogen Welt. Lassen Sie uns noch mehr Menschen einbinden und mitnehmen.

Unser Ziel einer Digitalisierung aller 66 Schulen in sieben bis zehn Jahren zu erreichen, wird ein gemeinsamer Kraftakt.

Mit einer Vielzahl von Bürgergesprächen haben wir unsere Digitalisierungsstrategie angeschoben. Digitalisierung ist dabei kein Prozess, der sich absehbar abschließen lässt. Immer wieder müssen wir nachjustieren, nachbessern und uns hinterfragen.

Digitalisierung ist die zentrale Modernisierungsaufgabe.

Gemeinsam mit Ihnen möchten wir unsere Strategie weiter ausarbeiten und festlegen. Schon jetzt lade ich Sie zu unserer Digitalisierungsklausur im September herzlich ein. Was sind die Risiken, was sind unsere Chancen? Und was ist uns das wert? Was investieren wir in unsere Zukunft?

Digitalisierung steht nicht für sich, sie ist kein Selbstzweck. Für uns steht sie unter der Überschrift Mehrwert und Nachhaltigkeit. Sie ist Teil einer integrierten Stadtentwicklung. Wir denken vernetzt. Wir möchten ins Gespräch kommen und die Nutzer in den Blick nehmen. Digitalisierung muss Verbesserungen für die Allgemeinheit konkret ermöglichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

es liegen viele Aufgaben vor uns.

Vor wenigen Tagen haben wir den Spatenstich bei der Staudinger-Gesamtschule gefeiert. Mehr als 100 Millionen Euro wird uns dieser Neubau kosten, und gleichzeitig dürfen wir die anderen Schulen der Stadt nicht vernachlässigen.

In einer Stadt, die von innen heraus wächst, weil mehr Kinder geboren werden, bleibt die Betreuung eine zentrale Herausforderung. Kitas und Schulen werden uns intensiv beschäftigen, weil Eltern verlässliche Angebote brauchen und unsere Kinder sie einfach verdienen.

Die Sicherheitspartnerschaft sowie der Ausbau unserer Straßensozialarbeit, des Frauennachttaxis und unseres Vollzugsdienstes sind nach meiner Überzeugung ein gelungener Weg für mehr Sicherheit, weil nicht Einschüchterung oder Repression im Fokus stehen, sondern Prävention und Dialog.

Das Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz ist ein zentrales Thema der politischen Agenda. Als Stadt Freiburg haben wir uns viel vorgenommen, wir haben unsere Ausgaben erhöht und unsere Klimaschutzziele noch einmal verschärft. Wir möchten bis zum Jahr 2030 eine CO2-Reduktion von mindestens 60 Prozent erreichen und anschließend bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität Realität werden lassen. Wir möchten Vorbild sein und wir wollen, dass auch andere von unserer Expertise beim Thema Nachhaltigkeit profitieren.

Der Klimawandel ist keine abstrakte Gefahr. Er ist real, und es ist jetzt Zeit zum Handeln. Wenn Jugendliche für Nachhaltigkeit auf die Straße gehen, dann freut mich das, dann ist dies Ansporn für unsere künftige Agenda. Es geht dabei nicht um Aktionismus, sondern um konkretes, nachhaltiges Handeln. Nur weil wir als Green City schon viel erreicht haben, darf das keine Ausrede sein, nicht noch mehr zu tun.

Als Stadt können wir stolz sein auf unsere Kulturlandschaft, um die uns viele andere Städte beneiden. Dass wir Raum schaffen für Vielfalt, der Hoch-, aber auch der Subkultur Entfaltungsmöglichkeiten eröffnen, ist mir ein zentrales Anliegen.

Das NS-Dokumentationszentrum als Haus der Demokratie ist heute wichtiger denn je. Ich würde mich freuen, wenn Sie alle dieses Projekt mit voller Überzeugung unterstützen.

Mit dem SC-Stadion, dem Stadttunnel, dem Umbau des Augustinermuseums, der Stärkung von Universität und Kliniken nenne ich noch viele Herausforderungen, die wir gemeinsam gestalten werden. Unsere städtischen Töchter stehen vor Herausforderungen, bei denen Kreativität und Ideenreichtum gefragt sind.

Verehrte Damen und Herren, ich habe viele Herausforderungen für die Zukunft aufgezählt. Zugleich werden Entscheidungen, die wir hier gemeinsam im Rat treffen, auch Enttäuschungen mit sich bringen. Politik ist nicht die Kunst des Wünschenswerten, sondern die Kunst des Möglichen (Bismarck).

Was kann, was muss eine Stadt selbst leisten? Wo kann sie unterstützend tätig werden? Wo ist es ihre Aufgabe, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, um Selbstentfaltung zu ermöglichen? Wo schlüpft sie in die Vermittlerrolle und bringt die verantwortlichen Akteure an einen Tisch? Wo muss sie „Nein“ sagen?

Wir haben im April unseren Doppelhaushalt verabschiedet. Mit den Rekordinvestitionen haben wir viele wichtige Zukunftsprojekte angestoßen, die unsere Stadt voranbringen. Wir müssen uns aber auch die Grenzen unserer Spielräume bewusst machen. Das Regierungspräsidium hat uns vor kurzem einen klaren Arbeitsauftrag erteilt: Wir müssen in einer wachsenden Stadt investieren, wir müssen gestalten, wir müssen aber auch das Notwendige von manchem Wünschenswerten trennen.

Freiburg ist auf stabile Einnahmen angewiesen. Gerade weil sich die Konjunktur eintrübt, braucht unsere Wirtschaft Verlässlichkeit.

Bei den Ausgaben benötigen wir eine klare Priorisierung. Bezahlbaren Wohnraum schaffen, Kindergärten und Schulen sanieren und ausbauen. Allein hier stehen Investitionen von 1000 Millionen Euro zur Diskussion – also eine Milliarde Euro.

Wir wollen für wirksamen Klimaschutz sorgen, gleichzeitig die soziale und kulturelle Infrastruktur stärken und vieles mehr.

Das alles ist wichtig, aber auch sehr teuer. Nicht nur für die nächste Haushaltsperiode, sondern darüber hinaus. Hier die richtigen Schwerpunkte zu setzen, wird ein schwieriger Prozess, meiner Meinung nach der Schwierigste dieser Amtsperiode.

Wir haben nicht so viel Geld, um alle unsere Wünsche zu berücksichtigen. Deshalb müssen wir gemeinsam priorisieren. Dies wird nicht leicht. Und ich appelliere heute schon an Sie, mit dieser Herausforderung verantwortungsvoll umzugehen.

Wir sind Treuhänder der öffentlichen Mittel. Zur Nachhaltigkeit gehört auch, dass wir nicht auf Kosten nachfolgender Generationen leben. Zugleich brauchen wir Spielräume, um neue Entwicklungen anstoßen zu können. Für diesen Prozess, liebe Stadträtinnen und Stadträte, brauchen wir einen klaren Fahrplan. Gemeinsam mit Ihnen möchten wir diesen Fahrplan entwickeln. Deshalb lade ich Sie schon heute zu unserer Haushaltsklausur im Oktober ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

trotz dieser nachdenklichen Worte zum Schluss und der beschriebenen Herausforderungen ist mir nicht bange. Im Gegenteil: Ich freue mich auf die nächsten Jahre mit Ihnen. Und ich freue mich auf das nächste Jahr. Sie ahnen es: In keiner meiner Reden bleibt unser Stadtjubiläum 2020 unerwähnt:

Es wird ein Fest, das die Freiburgerinnen und Freiburger gestalten, und das nicht von außen übergestülpt wird. Mehr als 200 Projekte entstehen gerade. Und das verspreche ich Ihnen: Wir werden das Jahr genießen.

Wir feiern den 900. Geburtstag unserer Stadt. Wir erinnern uns der Vergangenheit, wir feiern die Gegenwart. Und wir werden das Jubiläum aber dafür nutzen, uns zu hinterfragen: Wie wollen wir morgen und übermorgen, wie wollen wir ganz konkret im Jahr 2030 in Freiburg leben?

Lassen Sie uns nicht in Einzeldisziplinen, nicht im Kleinen denken. Eine vorausschauende Stadtentwicklung gelingt, wenn Bürgerinnen und Bürger, Gemeinderat, Ämter und Dezernate zusammen ein Zukunftsbild entwickeln und dieses in die Realität umsetzen.

Lassen Sie uns im Jubiläumsjahr das Zukunftsbild von Freiburg 2030 entwerfen.

Wir können optimistisch nach vorne blicken. Weil wir als junge, kreative, soziale, nachhaltige, Wissens- und Kulturstadt beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft mitbringen. Weil es Spaß machen wird, Freiburg gemeinsam zu gestalten.

Darauf freue ich mich.

Ihnen und der gesamten Stadt Freiburg alles Gute!

Vielen Dank.