Leichtes Grummeln "hinter der Autobahn"

Trotz großer Hitze kamen 130 Menschen zum Bürgergespräch in Tiengen

Ein schöner Ort zum Leben ist Tiengen. Wer einmal vom Neubaugebiet gen Osten in die Berge geblickt hat, kann sich einen Umzug in die schon im Jahr 888 gegründete Ortschaft gut vorstellen. Dass im Alltag aber auch manches nicht so befriedigend ist, wurde beim Besuch von Oberbürgermeister Martin Horn in der Tuniberghalle deutlich. Vor allem das Gefühl, von der Kernstadt abgehängt zu sein, erzeugte ein leichtes Grummeln.

Zwiegerackerweg in St. Georgen
Fernseher unnötig: Tiengen bietet wunderschöne Ausblicke über Freiburg in den Schwarzwald – zum Beispiel vom neuen Baugebiet Sechzehn Jauchert aus. (Foto: A. J. Schmidt)

Dieses Gefühl, dass mancher Freiburger gar nicht wisse, dass Freiburg auch "hinter der Autobahn" noch weitergehe, nahm der OB gleich zu Beginn seiner Ausführungen auf – und versuchte den Abend über aufzuzeigen, dass die Tuniberggemeinden nicht anders behandelt werden als der Rest der Stadt auch. Beispiel Tempo 30: Mehrfach wurde an diesem Abend vorgetragen, dass generell Tempo 30 im Ort wünschenswert wäre – was bei Martin Horn auf offene Ohren stieß. Der "Schilderwald" im gesamten Stadtgebiet wirke wie "Willkür", ist es aber nicht. Dennoch hofft der OB bald auf gesetzliche Regelungen, die eine Vereinheitlichung zulassen – vielleicht mit "Freiburg als Modellstadt".

Auch beim Thema öffentlicher Nahverkehr lenkte Horn den Blick auf die Gesamtstadt. Unumwunden gab er zu, dass die Busverbindungen nach Tiengen nicht optimal seien. Zugleich verwies er auf das große Investitionsprogramm der VAG und das Defizit, den das städtische Verkehrsunternehmen schon jetzt verursache. Am weiteren ÖPNV-Ausbau in einer wachsenden Stadt gehe dennoch kein Weg vorbei. Der Standortsuche für das Fahrradverleihsystem Frelo und für weitere Carsharing-Plätze sagte der OB seine Unterstützung zu.

Auch für die Idee, einen heute schon bestehenden Schleichweg so auszubauen, dass der Durchgangsverkehr Richtung Mengen und Munzingen abgeleitet werden kann, zeigte sich Horn offen. Er verwies allerdings auf die Notwendigkeit der Einbettung in ein Verkehrskonzept, das auch Bestandteil der 2020 beginnenden Rahmenplanung für den Tuniberg sein soll. "Aktuell ist das aber in keiner Planung drin", machte er wenig Hoffnung auf eine schnelle Umsetzung.

Tiengen

Die bereits 888 als St. Galler Besitz erwähnte und seit 1499 markgräflich- badische Ortschaft Tiengen weist eine dörfliche Struktur mit vielen Einfamilienhäusern und einer starken Durchgrünung durch private Gärten auf. Im Vergleich zur Gesamtstadt gibt es einige auffällige Besonderheiten: Am stärksten ins Auge fallen die deutlich höhere durchschnittliche Wohndauer (13 statt knapp 10 Jahre an derselben Wohnadresse) sowie der weit überdurchschnittliche Pkw- Bestand, der mit 557 Pkw je 1000 Einwohner hier seinen stadtweiten Höchstwert erreicht – über 200 mehr als im Durchschnitt der Stadt und fast dreimal so viel wie im Vauban. Auf der anderen Seite steht ein Zuwachs der Bevölkerungszahl von gerade einmal einem Prozent seit 2005 (von 3400 auf 3434), während stadtweit 10 Prozent zu verzeichnen sind.

Parteipolitisch ist Tiengen eine Hochburg von CDU, FDP und AfD, die hier jeweils erheblich mehr Stimmen erhalten als in der Gesamtstadt. Ganz aktuell bei der zurückliegenden Kommunalwahl ist Tiengen sogar der einzige Stadtbezirk, wo die CDU – trotz herber Verluste – mehr Stimmen (18,5 zu 17,3 Prozent) erhielt als die Grünen, die hier ihr zweitschlechtestes Ergebnis erzielten (nach Landwasser).

Betrachtet man die Bevölkerungspyramide, zeigt sich, dass Tiengen in den Altersklassen ab 40 teils deutlich über dem städtischen Schnitt liegt und bei den 20- bis 40-Jährigen teils deutlich darunter.