1. Juli 2022

OB vor Ort in Herdern

Straße mit Fahrradfahrerinnen, Auto und Fußgängerübergang
Mehr Sicherheit durch mehr Fahrräder: Die Schlüsselstraße könnte eine mögliche Route desgeplanten Radschnellwegs RS 6 sein. In Herdern erhoffen sich davon manche weniger Autoverkehrund im Gegenzug mehr Sicherheit vor den Weiherhofschulen. (Foto: Seeger/Stadt Freiburg)

Heile Welt in Herdern? Die vergleichsweise geringe Zahl von rund 60 Interessierten beim Stadtteilgespräch mit OB Martin Horn vor 14 Tagen legt diesen Schluss nahe. Doch vermutlich waren der Freitagabendtermin, das gute Wetter und der prall gefüllte Veranstaltungskalender die Ursache für die eher spärlich gefüllten Reihen in der Sporthalle des Friedrich-Gymnasiums. Denn thematisch war bei "OB vor Ort" wieder einiges geboten.

Herdern mit seinen drei Stadtbezirken Süd, Nord und Neuburg ist mit rund 17 500 Einwohnerinnen und Einwohnern einer der größten Freiburger Stadtteile, aber keineswegs einer der älteren: Altersmäßig ist es bunt gemischt – und das wurde auch beim Stadtteilgespräch deutlich.

Sorgen und Nöte der jüngeren Generation

Da ging es zunächst ausschließlich um die Sorgen und Nöte der jüngeren Generation, für die es im Stadtteil selbst nur wenige Angebote gibt. Vor allem mangelt es an Freiflächen und Treffpunkten, wie aus dem Publikum mehrfach vorgetragen wurde. Und dort, wo es möglich ist, gibt es nicht selten Konflikte mit Anwohnerinnen und Anwohnern. Umso wichtiger sei daher der Erhalt beispielsweise des Bolzplatzes an der Karlstraße. Verbunden damit war auch das Plädoyer eines Bürgers für mehr Toleranz gegenüber dem Lärm spielender Kinder und Jugendlicher ("Die zahlen später Eure Rente!") und gegen weitere Nachverdichtung.

Oberbürgermeister Martin Horn verwies darauf, dass gesamtstädtisch gerade sehr viel für diese Zielgruppe laufe, beispielsweise mit dem Skatepark im Dietenbach, dem Pumptrack in Zähringen oder dem rundum sanierten Spielplatz im Stadtgarten, "aber eben nicht in Herdern". Der Bedarf sei aber bekannt: "Natürlich brauchen wir Räume für Jugendliche." Beim Thema Nachverdichtung kam auch das große Behördenareal zur Sprache. "Das Gebiet schreit nach einer Entwicklung", brachte es ein Bürger auf den Punkt. Aktuell sei hier ein städtebaulicher Ideenwettbewerb geplant, ergänzte OB Horn. Das Verfahren liege aber bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der die Fläche gehört.

Postfiliale geschlossen

Ein Aufregerthema mit hohem Frustrationspotenzial ist auch in Herdern die Versorgung mit Postdienstleistungen. Nach der Schließung der Postfiliale gibt es jetzt zwar einen Paketshop, der den Bedarf aber noch nicht befriedigen kann. Martin Horn berichtete von Gesprächen mit der Post, machte aber wenig Hoffnung auf Besserung: "Wir haben nur minimalen Einfluss. Das ist extrem mühsam."

Verkehr im Stadtteil

Kein "OB vor Ort" ohne Verkehrsthemen – dieses ungeschriebene Gesetz wurde auch im altehrwürdigen Friedrich- Gymnasium beachtet. Neben dem "katastrophalen" Zustand der Nebenstraßen, den eine Bürgerin beklagte, und dem Verlauf des geplanten Radschnellwegs RS 6, für den aktuell mehrere Varianten geprüft werden, wurde vor allem der zunehmende Schleichverkehr thematisiert. Ob eine Fahrradstraße in der Mozartstraße eine Lösung sein könnte, fragte ein Bürger. Aktuell gebe es dazu keine Planungen, entgegnete der OB. Von anderer Seite wurde aber auch angemahnt, dass die Innenstadt erreichbar bleiben müsse und es eben auch Platz für Autos brauche. Für Martin Horn war das eine Steilvorlage: "Es gibt viele Interessenkonflikte. Die müssen wir aushalten." Das war Appell und Fazit gleichermaßen – aber noch nicht ganz das Ende des kurzweiligen Abends. Der Oberbürgermeister dankte für die überwältigende Spenden- und Hilfsbereitschaft der Freiburger Bürgerschaft für die Menschen in der Ukraine – und rief dazu auf, darin nicht nachzulassen: "Wir dürfen nicht abstumpfen."