Provenienzforschung zu Beständen der Graphischen Sammlungen von Augustinermuseum und Museum für Neue Kunst

Das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste Magdeburg geförderte Projekt zur Erforschung der Herkunftsgeschichte von Werken aus den Graphischen Sammlungen der Städtischen Museen lief über einen Zeitraum von drei Jahren bis zum 6. Februar 2019. Dabei wurden ausgewählte Bestände der vor 1945 entstandenen und von 1933 bis heute in die Museen gelangten Graphiken von der Wissenschaftlichen Projektmitarbeiterin Christiane Grathwohl-Scheffel M.A. auf ihre Provenienz hin untersucht.

Die Herkunft der meisten Graphiken ist über den direkten Vorbesitzer hinaus (Galerien, Auktionshäuser, Kunst- und Antiquitätenhändler, Privatpersonen) durch die schlechte Aktenlage nicht mehr zu ermitteln. Erschwerend kommt hinzu, dass die Herkunft von Graphiken selten ausführlicher dokumentiert wurde. Graphiken wurde allgemein eine geringere Wertigkeit gegenüber Gemälden oder Skulpturen beigemessen und bei der Übernahme von größeren Konvoluten beschränkte man sich mit summarischen Aufzählungen.

Der Großteil der Werke weist keine besonderen Markierungen auf, die für eine Klärung ihrer Vorgeschichte hilfreich wären. Bei circa 30 Blättern konnten jedoch Rückseitenmarkierungen dokumentiert werden. Es handelt sich um Zahlenreihen, Buchstabenkombinationen, einen Zollstempel, vier identifizierte Sammlerstempel und Markierungen mit blauer Kreide. Der möglichen Bedeutung solcher Markierungen wurde nachgegangen und auch die Kontextforschung intensiv betrieben.

Es wurden Informationen zu den Biographien und Lebensumständen der mit den Kunstwerken in Zusammenhang stehenden Personen (Künstler, Sammler, Eigentümer, Händler) gesammelt und soweit wie möglich ergänzt, um über diesen Weg möglicherweise Informationen über die Vorgeschichte der Blätter in Erfahrung zu bringen. Dazu wurde in Archiven und Datenbanken nach Nachlässen, Geschäftsunterlagen und Schriftwechseln der Kunsthändler, Galeristen und Künstler recherchiert, in der Hoffnung so viele Bausteine wie möglich zusammenzutragen, um die Herkunft der Arbeiten so gut es geht nachvollziehbar zu machen. Die Ergebnisse sind in der Museumsdatenbank dokumentiert.

Von den insgesamt 189 untersuchten Graphiken und Mappenwerken gelten 20 als unbedenklich und sind damit grün markiert. 157 wurden gelb markiert, da die Provenienzen nicht eindeutig geklärt werden konnten.

Elf wurden orange markiert. Es besteht zwar kein konkreter Verdacht auf unrechtmäßigen Entzug, aber erhöhte Aufmerksamkeit ist angebracht, da sie im Zusammenhang mit Personen stehen, die entweder als red flag names gelistet sind, wie die Kunsthändler Hans Klihm, Kunsthändler, München (ALIU, Final Report, 46), Wilhelm Jakob Mohnen, Kunsthändler, Mannheim (ALIU, Final Report, 57), Fritz Valentien, Kunsthändler, Stuttgart (ALIU, Final Report, 78) oder Verfolgte und Enteignete waren wie Alfred Flechtheim, Kunsthändler, Düsseldorf, Berlin, London, Emil Hirsch, Antiquar, München, New York oder Alex Oberdorfer, Antiquar, Augsburg.

Eine Graphik stammt aus der Provenienz Conrad Doebbeke, Hannover. Sie ist rot markiert und bereits seit 2011 in der Lost Art Datenbank eingestellt (Lost Art ID: 437887).

Bild: Emil Bizer, Die himmlische Landschaft, um 1930, Holzschnitt, Foto: Museum
  Anzahl 100% Gesamtanzahl der überprüften Objekte: 189
grün 20
11% Die Provenienz ist für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 rekonstruierbar und unbedenklich. Sie schließt einen NS-verfolgungsbedingten Hintergrund aus, eine weitere Überprüfung ist nicht notwendig.
gelb 157
83%
Die Provenienz ist für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 nicht eindeutig geklärt, es bestehen Provenienzlücken oder ist nicht zweifelsfrei unbedenklich. Die Herkunft muss weiter erforscht werden.
orange 11 6% Die Provenienz ist für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 bedenklich, da Hinweise auf einen Zusammenhang auf einen NS-verfolgungsbedingten Entzug vorliegen. Die Herkunft muss dringend weiter erforscht werden.
rot 1
1% Die Provenienz ist für den Zeitraum zwischen 1933 und 1945 eindeutig belastet. Neben der Suche nach heutigen Erbanspruchsberechtigten ist eine Meldung in die Lost Art-Datenbank einzustellen.