Das Wichtigste vorweg: Ja, die Tiere in diesem Gehege sind Kamele! Aber man könnte noch genauer werden. Denn der Begriff „Kamel“ steht nicht nur für eine bestimmte Art, sondern für eine ganze Tierfamilie aus der Ordnung der Paarhufer. Die Familie setzt sich aus altweltlichen Großkamelen (Gattung Camelus) und neuweltlichen bzw. südamerikanischen Kamelen (Gattungen Lama und Vicugna) zusammen. Zu diesen neuweltlichen Gattungen gehören neben der Art Lama auch das Alpaka sowie die Wildformen Guanako und Vikunja. Wenn man von Kamelen spricht, meint man allerdings meistens die Großkamele, zu denen das einhöckrige Dromedar und das zweihöckrige Trampeltier zählen. Hier auf der Koppel leben also Trampeltiere, die man auch als Zweihöckrige oder Baktrische Kamele bezeichnet.
Kamele sind die einzige verbleibende Familie aus der Unterordnung der Schwielensohler. Von Schwielensohlern spricht man, weil die Unterseite der zwei Zehen, auf denen die Kamele laufen, aus einem elastischen Polster aus Bindegewebe besteht.
Man verwendet bei Kamelen ein ähnliche Geschlechterbezeichnungen wie bei Pferden, manchmal übernimmt man aber auch Begriffe aus der Rinderzucht. Grundsätzlich gilt: ein männliches Tier ist ein Hengst bzw. ein Wallach, wenn es kastriert ist. Weibliche Tiere werden Stuten, Jungtiere Fohlen genannt. Dromedare und Trampeltiere sind untereinander kreuzbar, die Hybride werden Tulus oder Bukhts genannt. Sie sind großer als jeder Elternteil und haben entweder einen einzelnen, lang gezogenen oder einen größeren und einen kleineren Höcker.
Gesellig und anspruchslos
Die Lebensweise der Trampeltiere
Trampeltiere sind gesellige Tiere, die meist in Haremsgruppen zusammenleben. Das heißt, die Gruppen setzen sich aus einem Hengst und mehreren Stuten mit ihrem Nachwuchs zusammen. Weil in solchen Herden mehr weibliche als männliche Tiere Platz finden, leben erwachsene Hengste nicht selten als Einzelgänger.
Die Paarungszeit der Trampeltiere liegt zwischen Februar und März. Die Hengste werden zu dieser Zeit sehr aggressiv, kämpfen erbittert um die paarungswilligen Stuten und produzieren schaumigen Speichel, der rund um das Maul verteilt wird. Die Paarung selbst findet im Liegen statt. Zwölf bis 14 Monate später bringt die Stute in der Regel ein, selten zwei Fohlen von bis zu 70 Kilogramm zur Welt. Schon wenige Stunden nach der Geburt können diese der Mutter folgen. Die Mutter säugt ihren Nachwuchs etwa eineinhalb Jahre, im Alter von drei bis vier Jahren werden Trampeltiere geschlechtsreif. Die Lebenserwartung der Trampeltiere liegt bei etwa 40 Jahren.
Trampeltiere sind wenig anspruchsvolle Vegetarier, die fast alles fressen, was zu kriegen ist – egal ob es sich um harte, dornige oder bittere Pflanzen handelt. Die faserige Nahrung gelangt zuerst wenig zerkaut in einen Vormagen und kann erst nach erneutem Kauen verdaut werden. Obwohl dieser Vorgang dem Wiederkäuen ähnelt, werden die Trampeltiere nicht zu den Wiederkäuern gezählt, weil ihnen im Vergleich zu „echten“ Wiederkäuern der Blättermagen fehlt.
Anpassungskünstler von Kopf bis Fuß
Die Überlebensstrategien der Kamele
Kamele sind ideal an das Leben in Wüste und Steppe angepasst. Es beginnt schon bei den schlitzförmigen Nüstern, die bewusst geschlossen werden können, um die Atemwege bei Sandstürmen vor Staub zu schützen. Große Lider und zwei Reihen langer Wimpern schirmen die Augen vor aufgewirbeltem Sand ab. Um nicht im Wüstensand einzusinken, haben Kamele sehr breiten Sohlen, die gleichzeitig vor dem heißen Untergrund schützen. Eine harte Platte am Knie dient als zusätzlicher Hitzeschutz, wenn sich Kamele in den heißen Sand knien.
In den Wintermonaten wärmt ein dichtes Winterfell die Kamele vor bis zu – 40° C kalten Nächten. Um die heißen Sommertemperaturen weit jenseits von + 40° C zu ertragen, werfen die Tiere das Winterfell im Frühjahr zügig ab, bis sie beinahe nackt sind.
An das Leben unter extremen Bedingungen passen sich Kamele zusätzlich auch über ihre Körpertemperatur an. Anders als andere Säugetiere halten sie ihre Temperatur nicht weitestgehend konstant bei 37° C. Wenn es nachts kalt wird, kann ihre Körpertemperatur bis auf 34° C absinken. Das spart Energie und die Kamele starten schön abgekühlt in die heißen Tage. Tagsüber kann ihre Temperatur dann auf bis zu 42° C ansteigen – erst dann beginnen sie zu schwitzen und sich so abzukühlen. Der große Vorteil daran: insgesamt schwitzen die Kamele so weniger und sparen viel Wasser.
Die Kamele und das Wasser
Kamele sind berüchtigt dafür, sehr lange ohne Wasser auszukommen – und das völlig zurecht. Um aber direkt einen Mythos auszuräumen: der Grund dafür sind keine wassergefüllten Höcker! Vielmehr liegt es daran, dass Kamele einen Wasserverlust von bis zu 40% ihres Körpergewichts verkraften können. Zum Vergleich: ein Mensch ist schon bei 10% in akuter Lebensgefahr, weil dann das Blut zu dickflüssig wird. Bei Kamelen bleibt der Kreislauf hingegen intakt, weil sie Wasser nicht nur dem Blut, sondern aus dem ganzen Körper entziehen. Spezielle Zellen im Magen und ovale Blutkörperchen ermöglichen dem Kamel, viel Wasser einzulagern, auf dass bei Bedarf zurückgegriffen werden kann. Nach einer langen Durststrecke wird der Wasserverlust dann sehr schnell wieder ausgeglichen: 100 bis 150 Liter kann ein Kamel auf einmal zu sich nehmen.
Kein Wasser in den Höckern
Wenn Höcker keine Wassertanks sind, was dann? Die Antwort ist: es sind Fettspeicher. Bei großem Nahrungsangebot fressen sich Großkamele Reserven an, bis die Höcker prall gefüllt nach oben stehen. Nach einer Dürrezeit, wenn die Reserven verbraucht sind, hängen die Höcker dann wieder schlaff herunter. Wobei es allerdings auch durch genetische oder altersbedingte Bindegewebsschwäche zu „Kipphöckern“ kommen kann.
Auch die Höcker sind Teil der Anpassungsstrategie an die Wüstenhitze: Wären, wie bei den meisten Tieren, die Fettreserven am ganzen Körper verteilt, könnten Kamele leicht überhitzen. So aber schützen die Höcker vor zu viel Sonne von oben.
Schwankender Gang – ständige Begleiter
Domestizierung und Nutzung von Kamelen
Schon vor über 5.500 Jahren begann die Domestizierung des Wildkamels, seitdem dienen Kamele als Last- und Reittiere in Trockengebieten. Auch ihr Fleisch, Fett, Leder, ihre Milch, Wolle und sogar Knochen wurden und werden genutzt. Zusätzlich ist getrockneter Kameldung ein gutes Brennmaterial.
Mittlerweile kommen Kamele fast nur noch als Haustier vor. Von der Wildform des Trampeltiers sind nur noch knapp 1000 lebende Tiere in entlegenen chinesischen und mongolischen Wüsten bekannt – die Art ist also stark vom Aussterben bedroht.
Kamele haben sich vor allem durch lange Märsche durch die Wüste einen Namen gemacht. Den Beinamen „Wüstenschiff“ tragen sie allerdings nicht deshalb, sondern wegen ihres schaukelnden Gangs. Kamele laufen im Pass, bewegen also jeweils die Beine einer Körperseite gleichzeitig nach vorn, was ein Schwanken verursacht.