Zukunftsszenario 3

Erhaltende Stadt im Speckgürtel

Wachstum ergießt sich in die Region

Kernentwicklungen

Die „Erhaltende Stadt“-Freiburg setzt seit den 2020er Jahren auf ein behutsames Maß an Veränderungen. Das Stadtbild hat sich bis 2040 kaum verändert und ist nach wie vor für Tourist_innen attraktiv. Es werden kaum neue Flächen ausgewiesen, wenn, dann eher am Rande des Stadtgebiets in den Ortschaften, und das Maß an Verdichtung bleibt relativ konstant. Entsprechend hoch ist die Konkurrenz um Bauflächen, und das Preisniveau steigt. Das wirtschaftliche Wachstum und die Zuwanderung (beides auf mittlerem Niveau) müssen sich zwangsläufig in die Region orientieren. Orte der umliegenden Region machen attraktive Angebote für Wohnen und Arbeiten in der Nähe des regionalen Zentrums Freiburg, und es kommt zu einer Verlagerung der Siedlungsfläche in die Region.

In der Stadt steht das Bewahren im Vordergrund. Es herrscht ein geringer Veränderungsdruck, aber auch ein geringer Veränderungswille vor. Initiativen und Projekte mit besonders innovativem Charakter – ob technologisch oder baulich – geraten schnell in die Kritik und ins Stocken. Einzelinteressen treten gegenüber Gemeinschaftsinteressen häufig in den Vordergrund. Auch wenn sich einige Bewohner_innen und Akteure_innen mehr Veränderung wünschen, dass Freiburg seinen Charme bis in die 2040er Jahre erhalten hat, gefällt nicht nur Tourist_innen, sondern auch den langjährigen Bewohner_innen.

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Stadtgesellschaft

Wer neu nach Freiburg ziehen möchte oder eine andere Wohnung sucht, tut sich sehr schwer. Das Angebot ist gering und sehr teuer. Der Anteil an Sozialwohnungen ist durch Auslaufen der Bindungsfrist in den letzten 20 Jahren stetig rückläufig. Insbesondere Familien mit Kindern weichen auf die Region aus, was die Bewohnerstruktur deutlich verändert hat.

Bezug zur Region

Die „Erhaltende Stadt“-Freiburg ist das attraktive Zentrum einer wachsenden Region. Kooperationen (z.B. beim Wohnen, beim Gewerbe oder bei Kompensationsmaßnahmen im Zuge von einzelnen Baumaßnahmen) zwischen der Stadt Freiburg und umliegenden Kommunen gibt es sporadisch, im Rahmen von unstrittigen Projekten. Das Thema Kooperation ist jedoch nicht fest in der Entwicklung Freiburgs und der Region verankert.

In der Region werden vergleichsweise (relativ) günstige Wohn- und Gewerbeflächen angeboten. Die Ausstattung mit guter technischer und sozialer Infrastruktur zieht insbesondere junge Familien an, ist aber auch ausgesprochen attraktiv für digitale Arbeitsplätze.

Seit den 2030er Jahren haben die Pendlerverkehre sehr stark zugenommen und sind eine ständige Herausforderung.

Klimawandel & Artenschutz

Anpassungsmaßnahmen im Umgang mit dem Klimawandel waren in den letzten 20 Jahren nicht umfassend genug, um die angestrebten Effekte zu bewirken. Initiativen seitens der Stadt oder auch einiger Bürger_innen wurden immer wieder durch Proteste ausgebremst.

Die Auswirkungen des Klimawandels zeigen sich besonders stark in der Innenstadt. Anders als die Hang- und Ortslagen ist diese während der Hitzeperioden in besonderem Maße betroffen und trägt durch den massiven Einsatz von Klimaanlagen gleichzeitig zu einem erhöhten CO2-Ausstoß bei. Ursprüngliche Flächen zum Schutz von Biodiversität und naturbelassene Gebiete werden von der Stadt und der Region stark als Erholungsgebiete beansprucht. Dies führt zu einem Rückgang der biologischen Vielfalt. Die Maßnahmen zum Artenschutz wurden seit den 2020er-Jahren nicht weiterentwickelt.

Zielkonflikte

Zentrale Konfliktlinien bestehen entlang Fragen des Klimaschutzes und der Veränderung der Sozialstruktur. In Bezug auf den Klima- und Artenschutz ist die Entwicklung seit den späten 2020er-Jahren ins Stocken geraten. In Bezug auf die Sozialstruktur hat der Wegzug von Familien mit Kindern und die Alterung der Wohnbevölkerung (Ende der 2020er-Jahre gingen die Baby-Boomer in Rente) zu einer spürbaren Veränderung geführt.

Stadtfunktionen

Wohnen

Nach der Entwicklung des Stadtteils Dietenbach hat es in der „Erhaltenden Stadt“- Freiburg keine weiteren Großprojekte im Bereich Wohnen gegeben. Um den Charakter der Stadt zu bewahren, wurden keine größeren Flächen ausgewiesen und die Verdichtung in den innerstädtischen Gebieten durch eine Begrenzung der Geschosshöhe geringgehalten. Die steigende Nachfrage nach Wohnraum im Stadtgebiet ergießt sich in die Region.

Der durchschnittliche Wohnflächenverbrauch pro Kopf ist in den letzten 20 Jahren konstant geblieben. Der Preisdruck hat den Wohnungsbestand nur geringfügig verändert.

Nach einer Phase vergleichsweise relativ günstiger Grundstücks- und Mietpreise in peripheren Kommunen, steigen auch dort die Preise. Trotzdem bleibt der Zuzug in der Region hoch: Der gute Ausbau der digitalen Infrastruktur in der Region hat das Leben in den kleineren Gemeinden im Grünen für viele Menschen attraktiver gemacht. Der Anteil des sozialen Wohnungsbaus ist in Freiburg aufgrund des Auslaufens von Bindungen gesunken und damit der Anteil günstigen Wohnraums.

Die Rand- und Höhenlagen Freiburgs haben sich zu beliebten und entsprechend hochpreisigen, teilweise auch abgeschotteten Wohngebieten entwickelt, die auch in Phasen starker Hitzeperioden besser bewohnbar sind als die Innenstadt.

Das Flair der Stadt Freiburg hat sich seit den 2020er Jahren nicht verändert. Kehrseite ist, dass Initiativen für neue Formen des Bauens und Wohnens immer wieder ins Stocken geraten. Entscheidungen zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum und anderen Wohnformen (wie z.B. gemeinschaftlichem Wohnen) werden durch Petitionen, Blockaden etc. oft verzögert.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Der Anteil der Wohnfläche ist im Vergleich zu 2020 nur leicht gestiegen. Nur vereinzelt wurden neue Wohnquartiere auf zuvor landwirtschaftlich genutzten Flächen am Rand von Freiburg in den Ortschaften ausgewiesen. In den innerstädtischen Stadtteilen gab es nur sehr wenig Bewegung, vieles befindet sich auf dem Stand von vor 20 Jahren. Neue urbane Mischgebiete, die Wohnen und Arbeiten miteinander räumlich verbinden, haben es aufgrund von Bürgerprotesten schwer und sind nur vereinzelt zu finden.

Gewerbe

Auch im Hinblick auf die gewerblichen Nutzungen herrscht in Freiburg geringer Veränderungswille. Die Gewerbenutzungen haben sich nur geringfügig weiterentwickelt. Wo heimatverbundene Unternehmen ihren Firmensitz haben, gab es hier und dort Modernisierungsprozesse, um die bestehenden Flächen zu optimieren und neueren Betriebsabläufen anzupassen. Expandierende Unternehmen sehen für sich hingegen oftmals keine Alternative, als entweder mit einzelnen Betriebsstätten oder insgesamt in die Region abzuwandern oder diese sogar ganz zu verlassen, da ihnen dort bessere Erweiterungsmöglichkeiten geboten werden.

Die Stadt Freiburg ist auch 2040 das attraktive Zentrum einer insgesamt wachsenden Region, wobei die Region in den letzten beiden Jahrzehnten mehr „Gewicht“ und Einfluss gewonnen hat. Letzteres nicht zuletzt aufgrund zusätzlicher Gewerbesteuereinnahmen, die der Stadt Freiburg entgangen sind.

Der Tourismus hat sich - durch den Erhalt des Innenstadtflairs - als bedeutender Wirtschaftsfaktor halten bzw. ausweiten können.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Regional betrachtet haben Gewerbeflächen stark zugelegt, ihr Wachstum in Freiburg ist jedoch sehr begrenzt. Expandierende Unternehmen verlagern (ob ganz oder in Teilen) ihre Betriebsstätten in die Region. Die freigewordenen Flächen werden schnell durch kleinere und finanzkräftige Unternehmen belegt. Die Gewerbeflächen sind im Vergleich zu 2020 konstant geblieben.

Natur und Erholung

Natur- und Erholungsflächen innerhalb Freiburgs haben sich mengenmäßig in den letzten 20 Jahren nicht wesentlich verändert. Durch die Alterung der Gesellschaft und den Wegzug von Familien mit Kindern in die Region, erfahren die Natur- und Erholungsflächen sogar eine Entlastung in Form geringerer bzw. weniger intensiver Nutzung (z.B. werden Rasenflächen anstatt durch Familien und junges Publikum verstärkt durch Senior_innen genutzt).

Es fehlen finanzielle Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen von innerstädtischen Natur- und Erholungsflächen. Gleichzeitig steigt die Belastung der Natur- und Erholungsflächen durch die klimatischen Veränderungen. Viele Pflanzenarten konnten den Bedingungen nicht standhalten und mussten ausgetauscht werden.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Der Anteil von Natur- und Erholungsflächen innerhalb der Stadtgrenzen Freiburgs stagniert. Bürgerproteste verhinderten deren Umnutzung für andere Stadtfunktionen. Regional betrachtet ist der Anteil von Natur- und Erholungsflächen aufgrund des starken regionalen Siedlungswachstums zurückgegangen.

Land- und Forstwirtschaft

Landwirtschaftliche Flächen an den Rändern der Stadt Freiburg (z.B. am Tuniberg und weiteren Ortschaften) wurden zugunsten von Wohnen und Gewerbe leicht zurückgedrängt. Auf den Flächen entstanden locker verdichtete Einfamilienhausgebiete und kleinere Gewerbegebiete, die aber keine eigenständigen Quartiere ausbilden konnten und somit viel Verkehr beim Ein- und Auspendeln ihrer Bewohner_innen erzeugen. Die regionale Lebensmittelproduktion hat zusehends an Bedeutung verloren. Der Nahrungsmittelbedarf wird überwiegend durch Importe gedeckt und ggf. durch hydroponische Gärten und Anlagen des „Vertical Farming“ allenfalls am Rande der Region ergänzt.

Im Vergleich zu den landwirtschaftlichen Flächen war der Wald weniger stark von dem Siedlungswachstum, der insbesondere in der Region stattfand, betroffen und ist als Erholungsraum und Nutzwald erhalten geblieben.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Der Flächenanteil landwirtschaftlicher Flächen ist innerhalb des Stadtgebiets von Freiburg leicht, im Gebiet der ganzen Region jedoch stark zurückgegangen. Regional geht dies auf den stark angestiegenen Flächenverbrauch für Wohnen und Gewerbe zurück. Der Waldanteil ist in Freiburg und der Region im Vergleich zu 2020 konstant geblieben.

Ver- und Entsorgung

Eine systematische Erneuerung und Erweiterung der Infrastruktur ist aufgrund vieler Widerstände in der Stadt schwierig. So wird in erster Linie punktuell vorgegangen. Die Wasserversorgung wird angesichts der zunehmenden Versiegelung in der Region und des steigenden Verbrauchs in der Region sowie des veralteten Stands der technischen Infrastruktur grundsätzlich insgesamt schwieriger.

Strom wird nur vereinzelt dezentral produziert. Überwiegend kommt er aus zentraler Energiegewinnung, in der Regel aus der Region. Vorschübe, regenerative Energien in größerem Umfang (z.B. Windkraftanlagen) auch innerhalb des Stadtgebiets zu erzeugen, sind immer wieder durch Proteste ausgebremst worden.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Der Anteil an Ver- und Entsorgungsflächen ist ähnlich wie die technischen Anlagen auf dem Niveau von 2020. Der Wandel zur regenerativen Energiegewinnung innerhalb Freiburgs ist nur in Einzelfällen gelungen, wenn die Bedenken von Naturschützer_innen und Anwohner_innen nur gering waren.

Soziale Infrastruktur

Durch den Wegzug von Familien mit Kindern und die Alterung der Wohnbevölkerung ändert sich der Bedarf an Infrastruktur in der „Erhaltenden Stadt“-Freiburg. Die Versorgung mit Kindergärten und Kitas ist gut – wer einen Platz braucht, bekommt ihn auch.

Die weiterführenden Freiburger Schulen sind auch bei den Bewohner_innen der näheren Region beliebt. Sie bieten einen Mix aus online- und offline-Unterricht, um angesichts steigender Schülerzahlen aus der Region mit der begrenzten Fläche auszukommen. Einrichtungen der sozialen Infrastruktur werden soweit es geht mehrfach genutzt: Wo tagsüber Kinder spielen, treffen sich abends Senior_innen oder Bürgerinitiativen.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Der Bedarf und der Bestand an sozialer Infrastruktur hat sich durch den Wegzug von Familien und die Alterung der Gesellschaft unterschiedlich entwickelt. Der Bedarf an Kindergärten etc. ist langfristig rückläufig, während der Bedarf an Einrichtungen für Senioren seit Beginn der 2030er Jahre, also nach der Verrentung der „Baby-Boomer“- Generation, gestiegen ist. In der Summe ist der Flächenverbrauch in den letzten 20 Jahren konstant geblieben.

Handel

Die Freiburger Innenstadt ist - bis auf die Phasen der extremen Hitzeperioden - stets voll bzw. überfüllt. Tourist_innen und Menschen aus der Region tummeln sich zum Erlebnis- Shoppen in der Innenstadt. Daran hat auch eine in der Region entstandene Shopping- Mall nicht viel geändert.

Alles was Basisversorgung für die Menschen ist, wird online bestellt oder in Supermärkten in der nahen Wohnumgebung gekauft.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Handelsflächen sind in der Flächenbilanz geringfügig rückläufig, da sich einige große Verbrauchermärkte gegenüber der Onlinekonkurrenz nicht behaupten konnten. Die Flächen werden schnell anderweitig genutzt, ob für Wohnen, Gewerbe, Kultur oder anderes. In der Region ist durch das Siedlungswachstum die Kaufkraft angestiegen und zeigt sich dort in leicht gestiegenen Handelsflächen in der Flächenbilanz.

Mobilität

Mit dem Wachstum des „Speckgürtels“ haben die Pendlerströme sowohl bei BerufspendlerInnen als auch bei Schüler_innen stark zugenommen - nicht nur in der Stadt, sondern der ganzen Region.

Buslinien werden ausgebaut, um den Verkehr möglichst ökologisch zu gestalten. Anfang der 2030er-Jahre entstanden, unter Mitfinanzierung der Region, große Mobilitäts-Hubs am Stadtrand, die einen Übergang von einem Verkehrsträger zum anderen sowie die Nutzung von Pedelecs, Fahrrädern etc. ermöglichen. Von den Mobilitäts-Hubs in die Region verkehren autonom fahrende Kleinbusse und stellen so eine optimale Anbindung auf Seiten der Region sicher.

Innerhalb der Stadt Freiburg waren die Veränderung und die Modernisierung im Vergleich zur Region (z.B. der Verkehrsträger oder auch der individuellen Angebote) nicht so stark ausgeprägt und entsprechen teilweise immer noch dem Stand der 2020er Jahre.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Aufgrund des starken regionalen Wachstums sind Verkehrsflächen zum Ein- und Auspendeln insbesondere am Rande der Stadt und in den Ortschaften erweitert worden, dazu gehören Mobilitäts-Hubs und regionale Parkhäuser sowie neue Bus- und Bahntrassen. Die Dominanz des eigenen PKWs ist aber weiterhin ungebrochen, so dass die Verkehrsflächen auch insgesamt in der Flächenbilanz leicht zugelegt haben.

Flächenverbrauch und -nutzung

Freiburg möchte sein Stadtbild konservieren, was auch in der eigenen Flächenbilanz sichtbar wird. Wohn- und Gewerbeflächen haben in der Bilanz nur leicht gewonnen und der Bestand hat sich nur minimal erneuert. Regional betrachtet hat diese Strategie jedoch zu einem starken Siedlungswachstum der Umlandgemeinden und der Inanspruchnahme wertvoller regionaler Natur- und Landschaftsflächen geführt.