Erläuterungsschild beschlossen

Hansjakobstraße

Datum der Benennung

Stadtratsbeschluss vom 28. Mai 1913 (noch zu Lebzeiten von Heinrich Hansjakob).

Damalige Begründung der Benennung

Nicht überliefert.

Name, Vornamem Beruf, Funktion oder Amt:

Hansjakob, Heinrich (1837-1916). Katholischer Pfarrer und seinerzeit erfolgreicher Volksschriftsteller.

Kurzbiographie

Geboren in Haslach im Kinzigtal, Studium an der Universität Freiburg, 1863 Priesterweihe, 1869 bis 1883 Pfarrer in Hagnau am Bodensee, 1884 bis 1913 Pfarrer von St. Martin in Freiburg, 1871 bis 1881 Landtagsabgeordneter für die Katholische Volkspartei im Badischen Landtag. Hansjakob war ein erfolgreicher Schriftsteller, dessen Erzählungen und Erinnerungen aus seiner Schwarzwälder Heimat zusammen mit seinen 'Tagebuchblättern' zu Bestsellern wurden.


Begründung

Heinrich Hansjakob war eine Persönlichkeit mit sehr vielen Facetten: Zum einen wurde er zeitlebens immer wieder von schweren Depressionen heimgesucht, zum anderen war er aber außerordentlich produktiv, nicht nur als Schriftsteller (73 Bücher), sondern auch in anderen Bereichen. So gründete er etwa in Hagnau am Bodensee die erste Winzergenossenschaft in Baden. Als katholischer Pfarrer war eine singuläre, in vielem widersprüchliche Gestalt, die in keine Schablone passte, eine streitbare Persönlichkeit, die keinem Konflikt mit den staatlichen und kirchlichen Obrigkeiten aus dem Weg ging, der 'Rebell im Priesterrock' (Manfred Hildenbrand). Von seinem Selbstverständnis her war er Demokrat und Republikaner, dessen Sympathien den 1848er-Revolutionären galten, weshalb er auch zeitlebens den Heckerhut trug. Im badischen Kulturkampf war er als Landtagsabgeordneter der Katholischen Volkspartei einer der entschiedensten Kritiker der liberalen Karlsruher Regierung, wobei er zweimal sogar inhaftiert wurde. 1878 überwarf er sich allerdings mit seiner Partei und agierte danach sogar als Spitzel für die badische Regierung, die er mit Neuigkeiten aus dem Freiburger Kirchenmilieu versorgte. Während seiner Zeit als Pfarrer von St. Martin, der größten katholischen Gemeinde in Freiburg, befanden sich seine Hauptgegner jetzt im Erzbischöflichen Ordinariat, dem er den Gehorsam schlichtweg verweigerte. So lehnte er etwa 1911 die Ablegung des von Papst Pius X. von Priestern eingeforderten 'Antimodernisteneides' ab. Er hielt wenig von der kirchlichen Hierarchie als auch vom wilhelminischen Obrigkeitsstaat. In seinen Schriften kritisierte er die 'Fürstenherrschaft', zeigte sich als Gegner des Kolonialismus und prangerte den preußisch-deutschen Militarismus und den 'Rüstungswahnsinn' an. Als überzeugter Pazifist sah er im Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine Katastrophe. Hansjakob, ein in der Tradition Schopenhauers stehender Kulturpessimist, widmete sich in seinen Schriften bevorzugt dem Schwarzwälder Alltagsleben der 'kleinen Leute', überfrachtete diese allerdings mit kritischen, oft auch widersprüchlichen Kommentaren zu zeitgenössischen Entwicklungen, durch die er die von ihm idealisierte traditionelle bäuerliche Gesellschaft bedroht sah. Immer wieder wies er auf die Kehrseite der von ihm misstrauisch beäugten Moderne hin, etwa als einer der ersten, der die Umweltverschmutzung im Schwarzwald durch die Industriebetriebe anprangerte. Und er beklagte die Ausbeutung des Proletariats durch das Großkapital und äußerte Sympathien für die Sozialdemokratie. Nicht zuletzt durch seinen Lehrer Alban Stolz beeinflusst, sah er in den Juden eine treibende Kraft des kapitalistischen Wirtschaftssystems, das er so vehement ablehnte. Vor allem in seinen Tagebuchblättern finden sich mehrfach Invektiven gegen die 'Geld-, Börsen- und Wucherjuden'. Er selbst bezeichnete sich denn auch als Antisemit, wobei allerdings der Antisemitismus in seinen Schriften bei weitem nicht den Stellenwert wie bei Alban Stolz einnahm. So 'schätzte' er die 'Handelsjuden' auf dem Land, und wenn er auf die jüdische Religiosität zu sprechen kam, dann waren die Juden für ihn ein 'wunderbares Volk'. Ambivalent war auch Hansjakobs Bild von Frauen, denen er in Anlehnung an seinen Lieblingsphilosophen Schopenhauer alle möglichen negativen Eigenschaften andichtete. Die Frauenemanzipation war für ihn Gegenstand zahlreicher Polemiken. Dennoch stand er, der im Übrigen große Probleme mit dem Zölibat hatte, mit vielen Frauen im Briefverkehr. Dann waren die Frauen plötzlich seine 'dankbarsten und liebenswürdigsten Leser'.

Empfehlung

Ergänzungsschild

Vorschlag

Heinrich Hansjakob (1937-1916). Priester und badischer Volksschriftsteller, polemisierte gegen den 'jüdischen Kapitalismus'.

Erläuterungsschild beschlossen: (Gemeinderatsbeschluss vom 25.07.2017)

Hauptschild:
Hansjakobstraße
Heinrich Hansjakob, 1837–1916, Pfarrer, Politiker und Schriftsteller

Erläuterungsschild:
Die Straßenbenennung erfolgte 1913 noch zu Lebzeiten Hansjakobs. Er galt als der populärste badische Volksschriftsteller, äußerte sich in seinen Schriften jedoch vielfach frauenfeindlich und antisemitisch.