Erfolgte Umbenennung (Nationalsozialismus)

Else-Wagner-Straße (ehemalige Sepp-Allgeier-Straße)

Datum der Benennung

18.3.1997

Damalige Begründung der Benennung

Zur Benennung gab es diverse Initiativen: Werner Kirchhofer (Sportreporter der Badischen Zeitung) 1973; FDP-Stadtratsfraktion 1984; Skiverband Schwarzwald 1995. Stadtratsbeschluss auf Vorschlag des Bürgermeisters für Kultur, Thomas Landsberg.


Name, Vornamem Beruf, Funktion oder Amt:

Sepp Allgeier (1895-1968). Filmpionier und Kameramann.

Kurzbiographie

Sepp Allgeier, 1895 in Freiburg geboren, war schon seit 1911 als Kameramann des neuen Mediums Film tätig gewesen. Besondere Bedeutung erlangte er als einer der Pioniere des damals populären Bergfilmgenres, dessen Ursprünge in den Zwanzigerjahren hier in Freiburg lagen. Er arbeitete mit den berühmtesten Regisseuren der Hochgebirgsfilmproduktionen, Arnold Fanck und Luis Trenker, zusammen und führte die Kamera in den meisten ihrer Filme wie etwa der 'Heilige Berg' (1926), 'Die weiße Hölle von Piz Palü' (1929) oder 'Berge in Flammen' (1931). Dabei lernte er auch Leni Riefenstahl kennen, die von Fanck als Schauspielerin engagiert worden war. Wie aus den Unterlagen des Stadtarchivs hervorgeht, wurde beim Stadtratsbeschluss im Jahr 1997 Sepp Allgeier für seine Arbeit als Kameramann für Ski- und Bergfilme geehrt. Dieser war in der Tat ein Pionier für spektakuläre Filmaufnahmen im Hochgebirge und einer derjenigen, die einem breiten Publikum mittels moderner Aufnahmetechniken einen neuen ästhetischen Blick auf die hochalpine Landschaft vermittelten. Dass Allgeier sein Können allerdings auch für die nationalsozialistische Propaganda wie etwa als Chefkameramann bei Leni Riefenstahls Parteitagsfilmen 'Sieg des Glaubens' (1933) und 'Triumph des Willes' (1934) zur Verfügung stellte, wurde seinerzeit nicht berücksichtigt, obwohl man an entsprechende Informationen problemlos hätte herankommen können.

Allgeier, den Goebbels 1936 zum Reichskultursenator ernannte, hatte in der NS-Zeit seine Karriere nahtlos fortgesetzt und neben den Parteitagsfilmen eine Reihe von Propagandafilmen gedreht wie etwa die NS-Dokumentarfilme 'Der ewige Wald' (1936) und 'Der Westwall' (1939) oder den Spielfilm 'Standschütze Bruggler' (1936). Während des Krieges führte er die Kamera in Hipplers Propagandafilm 'Der Feldzug in Polen' (1940) und in 'Der Sieg im Westen (1941), 1941 im Spielfilm 'Wetterleuchten um Barbara', einem völkischen Heimatfilm über die 'harte Zeit' der Tiroler Bergbauern vor der 'Befreiung' durch die Nationalsozialisten 1938. Darüber hinaus arbeitete Allgeier als Kriegsberichterstatter. Nach 1945 war er beim Südwestfunk tätig und drehte unter anderem Dokumentarfilme wie 'Heimat, die uns blieb' oder 'Olympia Helsinki'. 1968 ist Allgeier in Ebnet bei Freiburg gestorben.


Begründung

Allgeiers 'Meisterstück' für die NS-Propaganda war 'Triumph des Willens', der Pseudodokumentarfilm über den Nürnberger NSDAP-Parteitag aus dem Jahr 1934. Leni Riefenstahl führte Regie und ihr Kameramann Sepp Allgeier, Chef eines 18- köpfigen Kamerateams, lieferte die spektakulären Bilder. So wie Allgeier in den Bergfilmen die männlichen Protagonisten vor der Kulisse der Hochgebirgslandschaft ästhetisch heroisierte, so inszenierte er jetzt mit der Filmkamera vor den Speer'schen Parteitagskulissen den allmächtigen Führer eines neuen nationalsozialistischen Reiches. 'Triumph des Willens' ist die beispiellose filmische Ästhetisierung des Führerkultes: Im Mittelpunkt steht Hitler als Erlöser, der von den in Reihe und Glied angetretenen Massen eine geradezu religiöse Verehrung erfährt. Um diesen gewünschten Effekt zu erzielen, setzte Allgeier alle ihm zur Verfügung stehenden technischen Mittel ein, so etwa fahrbare Kameras auf Schienen oder einen Fahrstuhl an einem der Fahnenmasten, um die Perspektive einer Totalen von oben zu gewinnen. Bevorzugt filmte er Hitler auch aus der Perspektive von unten, um dessen Überhöhung zu inszenieren, und er fuhr in Hitlers Limousine mit, um den 'Führer' ins richtige Bild zu setzen. Hitler und die bedingungslos an ihn glaubende Volksgemeinschaft, 'ein Volk – ein Reich – ein Führer' – das ist die banale propagandistische Botschaft des Films. 'Triumph des Willens', laut NS-Propaganda eine 'Kraftquelle für die ganze Nation', wurde zu einer der wirkungsmächtigsten Filmproduktionen des Dritten Reiches. Für die suggestive Macht der Bilder sorgte neben dem raffinierten Filmschnitt der Regisseurin Leni Riefenstahl die Kamera des Freiburgers Sepp Allgeier, der bis Kriegsende seine ganze Tätigkeit in den Dienst der NS-Propaganda stellte.


Empfehlung

Die Kommission hat einstimmig beschlossen, die Umbenennung des Straßennamens vorzuschlagen.


Vorschlag

Die Kommission hat unverbindlich vorgeschlagen: Hildesuse Gärtner (1923-2016). Siebenfache deutsche Meisterin im Skilaufen. Zwischen 1962 und 1969 mehrfach Stadträtin in Freiburg.

Umbenannt in: (Gemeinderatsbeschluss vom 14.07.2020)

Else-Wagner-Straße
Else Wagner, 1897-1940, Weißnäherin aus Freiburg und Opfer des Nationalsozialismus. Sie wurde 1940 im Rahmen der NS-„Euthanasie“-Verbrechen in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet.

Zusatzschild:
Die Straße war von 1997-2020 nach dem Filmpionier und Kameramann Sepp Allgeier benannt. Die Umbenennung erfolgte, weil er sein Können und seine Tätigkeit in den Dienst der nationalsozialistischen Propaganda gestellt hatte.