Erfolgte Umbenennung

George-de-Hevesy-Weg (ehemaliger Ludwig-Heilmeyer-Weg)

Datum der Benennung

25.10.1994 (Beschluss des Gemeinderates)

Damalige Begründung der Benennung

Benennung nach Persönlichkeiten aus der Wissenschaft​

Name, Vornamem Beruf, Funktion oder Amt:

Ludwig Heilmeyer (1899-1969). Arzt, 1947-1967 Leiter der Inneren Medizin an der Universitätsklinik Freiburg.

Kurzbiographie

Ludwig Heilmeyer, geboren 1899 in München, nach Notabitur und Kriegsdienst Medizinstudium in München, nach der Promotion von 1926 bis 1941 an der Universitätsklinik Jena, zum Kriegsdienst einberufen, zunächst im Luftwaffenlazarett Halle- Dönau, dann in Rowno (Ukraine) und Krakau. Ab 1946 Lehrstuhl für Innere Medizin am Universitätsklinikum Freiburg. Nach seiner Emeritierung wurde Heilmeyer zum Gründungsrektor der Universität Ulm berufen, er starb 1969. Heilmeyer führt die Psychosomatik und psychotherapeutische Behandlungsverfahren an der Uniklinik Freiburg ein. Er begründete die quantitativ-chemische Hämatologie, behandelte Leukämie mit Tytostatika und war Erstbeschreiber der chronischen Erythroblastose ('Heilmeyer-Schöllersche Erkrankung'). Als bedeutender Nuklearmediziner war er Pionier bei der Anwendung von Radioisotopen in Diagnostik und Therapie. Ehrendoktortitel der Universitäten Athen, Frankfurt a.M., Louvain, Santiago de Chile und Wien.


Begründung

Ludwig Heilmeyer genoss zu Lebzeiten einen sehr guten Ruf als herausragender Hämatologie (Herausgeber des Handbuchs der Hämatologie). Als Wissenschaftler und Forscher sowie als Kliniker gehörte er zu den führenden Gestalten der Inneren Medizin in der Nachkriegszeit. Die von ihm gegründete „Gesellschaft für Fortschritte in der Inneren Medizin“, deren Vorsitzender Heilmeyer von 1963-1969 war (auch „Heilmeyer-Gesellschaft“) verleiht die renommierten „Ludwig-Heilmeyer-Preise“ in Gold und Silber. Die Gesellschaft benannte sich 2011 in „Walter-Siegenthaler- Gesellschaft für Fortschritte in der Inneren Medizin“ um. Die medizinischen Leistungen Heilmeyers sind unbestreitbar, seine politische Haltung wurde hingegen bei den Ehrungen durch die Hochschulen und Preisbenennungen übersehen: Als freiwilliges Mitglied des Freikorps Epp hatte Heilmeyer an der blutigen Niederschlagung der Münchener Räterepublik teilgenommen. Das Freikorps (darunter Ernst Röhm, Rudolf Heß, Gregor und Otto Strasser) verübte dabei zahlreiche Morde. Später engagierte sich Heilmeyer im antidemokratisch ausgerichteten Stahlhelm, der dann 1933/1934 in die SA überführt wurde. An der Universität Jena, deren frühe nationalsozialistische Ausrichtung schon den Zeitgenossen bekannt war, hat sich Heilmeyer – wie viele anderer Mediziner auch – an der Gründung eines Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes (NSD) nicht nur beteiligt, er wurde als Oberarzt vom NS-Landesminister Fritz Wächter vielmehr ausdrücklich damit beauftragt und wurde erster dortiger Dozentenschaftsführer (1933-1934). Sehr fragwürdig war auch das Engagement von Ludwig Heilmeyer (Freiburg) und anderen bekannten Internisten im Kontext des Nürnberger Ärzteprozesses. Ein Jahr nach den Urteilen untersuchte eine Kommission der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin noch einmal die Grundlage des Urteils gegen den KZ-Arzt Wilhelm Beiglböck, der in Dachau Menschenversuche mit Meerwasser an Sinti und Roma durchgeführt hatte. Dieses Gutachten erkannte zwar an, dass die Probanden nicht freiwillig waren, verneinte aber die verbrecherische Natur der Experimente. In Nachrufen auf Beiglböck wurde das Gutachten später als dessen volle Rehabilitation bewertet. Im Gutachten selbst heißt es, dass „in der Art der Auswahl und der Gewinnung von Versuchspersonen Fehler begangen worden seien und in der Wahl eines Konzentrationslagers als Versuchsort, dass diese Fehler aber keine Verbrechen gewesen seien“ (Alexander Mitscherlich/Fred Mielke: Wissenschaft ohne Menschlichkeit. Medizinische und Eugenische Irrwege unter Diktatur, Bürokratie und Krieg, Heidelberg 1949, S. 81; Ernst Klee: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer, Frankfurt a.M., 22002, S. 252f.).

Ludwig Heilmeyer eignete sich auch fremde Leistungen von aus dem Amt vertriebenen jüdischen Wissenschaftlern an. Das war nicht nur in Bezug auf die seltene Blutkrankheit PNH (Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie) der Fall, sondern insbesondere als Heilmeyer 1959-1969 das „Handbuch für Hämatologie“ mit Anton Hittmair neu herausgab. Damit nahm Heilmeyer die Stelle des Erstherausgebers ein, des jüdischen Arztes Hans Hirschfeld (Herausgeber ab 1934). Weder im Vorwort noch an einer anderen Stelle verwiesen Heilmeyer und Hittmair auf Hirschfelds Leistungen oder gedachte seiner Ermordung im Konzentrationslager Theresienstadt. Stattdessen sprach er als Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin 1966 noch verharmlosend von „Abwanderung“ der Juden.

Der Nachruf auf Hans Hirschfeld in der „Einführung in die Geschichte der Hämatologie“ wurde pikanterweise von der Frau Heilmeyers, Ingrid Heilmeyer, verfasst, die den Tod Hirschfelds auf das Jahr 1929 vorverlegt und so jeden Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus ignoriert. Eine entsprechende Geschichtsklitterung ist ebenfalls hinsichtlich der von ihr herausgegebenen Lebenserinnerungen Ludwig Heilmeyers zu beobachten. Angesichts des früheren Engagements im Freikorps Epp und im Stahlhelm, dem Engagement im NSD und seinem sehr freundschaftlichen Verhältnis zum Generalgouverneur Hans Frank (im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess zum Tode verurteilt) sowie der späteren Exkulpierung des KZ-Arztes Beiglböck erscheint ihm von seiner Witwe und anderen Medizinern zugeschriebene politische Oppositionshaltung gegenüber den Nationalsozialisten unglaubwürdig.

Neben dem „Handbuch der Hämatologie“ hatte der ermordete Hirschfeld auch eine wichtige Fachzeitschrift begründet, die zunächst in der DDR fortgeführte „Folia Haematologica“.
Die BRD-Ausgabe erfolgte wiederum durch Ludwig Heilmeyer, der sie von 1956 bis 1967 herausgab, ohne jemals auf den Gründer Hirschfeld zu verweisen
(erstmals 1987).​

Empfehlung

Umbenennung (einstimmig)

Vorschlag

Die Kommission hat unverbindlich vorgeschlagen: George Charles Hevesy (1885-1966). Ungarischer Chemiker, 1926-1934 Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der Universität Freiburg. Auswanderung wegen seiner jüdischen Herkunft, 1943 Nobelpreis.

Umbenannt in: (Gemeinderatsbeschluss vom 28.11.2017)

George-de-Hevesy-Weg
Prof. Dr. George de Hevesy, 1885-1966, ungarischer Chemiker, 1926-1934 Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Auswanderung aufgrund seiner jüdischen Herkunft, 1943 Nobelpreis, in Freiburg verstorben.

Zusatzschild:
Die Straße war von 1994 – 2017 nach dem Arzt und Leiter der Inneren Medizin an der Universitätsklinik Freiburg Ludwig Heilmeyer benannt. Die Umbenennung erfolgte wegen seiner Verstrickung in den Nationalsozialismus.