Zukunftsszenario 6

Vernetzter Agglomerationsraum

Integration von Stadt und Region

Kernentwicklungen

Die Entwicklung Freiburgs ist eng mit der Entwicklung der ganzen Region verknüpft. Es gibt kein unabgestimmtes Vorgehen zwischen der Stadt und ihren Umlandgemeinden bei stadtplanungsrelevanten Themen wie Wohnen, Gewerbe, Mobilität, Bildung, Freizeit und Tourismus, Artenschutz, Energieversorgung und vielen weiteren. Neben der engeren Region ist auch der länderübergreifende Metropolraum Basel-Freiburg-Mulhouse-Colmar ein Verflechtungsraum, in dem eine wirtschaftlich sehr starke Region entstanden ist.

Eine gute wirtschaftliche Entwicklung und zunehmende Zuwanderung von außerhalb der EU-Grenzen führen zu einem anhaltend starken Siedlungsdruck in der gesamten Region. Neben Freiburg haben sich attraktive kleinere Zentren in der Region gefestigt, die alle gut miteinander verbunden sind. Die stark angewachsenen Pendlerströme bringen starke Belastungen mit sich, die erst Mitte der 2030er Jahre durch den Ausbau des starken regionalen ÖPNV und eine vernetzte Verkehrssteuerung, die auf die aktuelle Verkehrslage reagiert, effizient aufgefangen werden konnten.

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Stadtgesellschaft

Im „Vernetzten Agglomerationsraum“-Freiburg ist die wirtschaftliche Situation der Bewohner_innen der Stadt Freiburg im Durchschnitt gut. Eine gute Ausstattung – von technischer Infrastruktur bis zu sozialen Einrichtungen - findet sich in der gesamten Region.

Bezug zur Region

Die Identität mit der Region ist bei vielen Menschen hoch. Aber nicht bei allen kommt das regionale Handeln und Denken gut an. In der Stadt Freiburg kommt es immer wieder zu Protesten. Beklagt werden die langen Entscheidungszeiträume, die das Einbinden einer Vielfalt von Akteur_innen und das Abwägen so vielfältiger Interessen mit sich bringt. Auch werden immer wieder die finanziellen Nachteile der Stadt Freiburg angeprangert, insbesondere, dass mehr Geld aus Freiburg in die Region fließe als umgekehrt.

Der Aufbau einer intensiven regionalen Kooperation in allen Bereichen städtischen Handelns und das Erarbeiten von Verträgen oder gemeinsamen Gremien bis hin zur Schaffung eines interkommunalen Finanzausgleichs für die Region, waren gerade in den 2020er Jahren sehr kräftezehrend. Bis heute klagen städtische und regionale Akteur_innen immer wieder über eine „permanente Überforderung“ aufgrund des hohen Abstimmungsbedarfs bzw. der immer wieder aufkommenden Konflikte zwischen einzelnen kommunalen und regionalen Zielen (z.B. Anteil des sozialen Wohnungsbaus).

Die Region wächst in vielen Bereichen enger zusammen. Auch wenn die Abstimmungsprozesse oft zäh und kräftezehrend sind, finden sich in den meisten Fällen Lösungen, die die Stärken der unterschiedlichen Gemeinden nutzen und Schwächen ausgleichen. Insbesondere bei Themen von Klima- und Artenschutz ist eine noch intensivere Zusammenarbeit als in den 2020er Jahren entstanden, gefolgt von Wohnraum und Gewerbe, Mobilität, Bildung, Freizeit und Tourismus sowie Energieversorgung.

Klimawandel & Artenschutz

Klimawandel und Artenschutz haben in der Region eine hohe Bedeutung. Seit Beginn der 2020er Jahre wurden gemeinsame Handlungskonzepte entwickelt und konsequent umgesetzt. Durch eine regionale und ausgewogene Verdichtung mit ausreichendem Landschaftsbezug und einer guten Freiraumversorgung konnten einige Klimafolgen (insbesondere Hitzeinseln) abgeschwächt bzw. verhindert werden. Grünzüge, Wälder und Freiräume werden auf regionaler Ebene weiterentwickelt und geschützt sowie nun besser vernetzt. Die Umweltauswirkungen werden gleichmäßig auf den Schultern der Region verteilt und kompensiert.

Zielkonflikte

In der Entwicklung des „Vernetzten Agglomerationsraums“- Freiburg kann die Stadt Freiburg ihre Interessen nicht immer durchsetzen, sondern muss Kompromisse machen. Und vieles dauert länger, als wenn die Stadt für sich allein entscheiden würde. Ziele der Grün- und Freiraumentwicklung sowie des Klima- und Artenschutzes lassen sich von Anfang an auf regionaler Ebene besser umsetzen. Mobilität, Gewerbe- und Wohnraumentwicklung waren allerdings bis Mitte der 2030er Jahre u. a. auf Grund der hohen Belastung im Verkehr, eines fehlenden geregelten Finanzausgleichs oder der Verteilung sozialen Wohnungsbaus strittige Bereiche, so dass viele Entwicklungen hinter den Erwartungen zurückblieben.

Stadtfunktionen

Wohnen

Durch eine starke und koordinierte Entwicklung von Wohnraum in der Region, hat sich der Druck auf die innerstädtischen Wohngebiete Freiburgs verringert. Das Preisniveau ist trotz allem in der Region insgesamt hoch.

Durch die Zusammenarbeit ist die Region zusammenhängend und auf relativ gleichem Niveau entwickelt: Die Daseinsvorsorge ist in allen Teilen der Region auf hochwertigem Niveau gewährleistet. Familien ziehen gerne in die Region, ebenso Menschen, die gerne und viel zuhause arbeiten und dabei gleichzeitig die Nähe zu Natur und Freiraum schätzen und es sich zudem leisten können, aus den während des Sommers bestehenden Hitzeinseln der Stadt Freiburg zu fliehen.

Durch die gute verkehrliche Anbindung und infrastrukturelle Ausstattung ist die Umzugsbereitschaft in die Region insgesamt gestiegen. Je nach Lebensphase findet sich der passende Wohnraum – mal in zentraleren Lagen von Freiburg, mal in kleineren und ländlicheren Gemeinden der Region. Die oft zeitintensiven Prozesse der politischen Entscheidungsfindung fordern bis heute die Geduld von Wohnungsbaugesellschaften ebenso heraus wie die von gemeinschaftlichen oder privaten Initiativen innovativer Wohnprojekte und -formen. Fragen nach Verteilungsschlüsseln insbesondere von sozialem Wohnungsbau waren Ende der 2020er Jahre ein besonderer Knackpunkt regionaler Vereinbarungen, es gab viele langwierige Streitpunkte. Gleiches galt für Investitionen in benachteiligte Quartiere. Seit Mitte der 2030er Jahre eine verbindliche Regelung getroffen ist, wird der soziale Wohnungsbau systematisch und gut ausgebaut.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Die Zahl der Bewohner_innen der Region Freiburg hat stark zugenommen. Auf dem Siedlungsgebiet der Stadt Freiburg ist dieses Wachstum, durch regionale Kooperation, nur mäßig durchgeschlagen und hat trotz starker Zuwanderung in die Region zu einer handhabbaren Situation geführt. Der Anteil der Siedlungsfläche ist dabei leicht gestiegen, da Freiburg für bestimmte Lebensphasen und Lebensmodelle weiterhin das beliebteste „Gesamtpaket“ bereithält.

Gewerbe

Seit Anfang der 2030er Jahre ist ein einheitlicher regionaler Finanzausgleich geregelt und fest verankert. Seitdem funktionieren die Ausweisung und Entwicklung regionaler Gewerbegebiete ausgesprochen gut. Es haben sich im Vergleich zum Stand 2020 sowohl spezialisierte Gewerbegebiete noch weiter in diese Richtung entwickelt (z.B. für Medizintechnik, Solarenergie), sofern genügend Wachstumsmöglichkeiten bestehen, als auch gemischte Gewerbegebiete, die untereinander sehr gut vernetzt sind.

Im Interesse einer guten Nutzungsmischung werden in Freiburg ansässige Gewerbebetriebe nicht in die Region ziehen gelassen, sondern gehalten.

In den Gemeinden der Region gibt es gut ausgestattete zeitlich flexibel genutzte Co-Working-Spaces (von Privatpersonen anmietbare, gemeinsam genutzte Arbeitsplätze) sowie Gemeinschaftsbüros. Diese werden nicht nur von Freiberufler_innen genutzt. Größere Unternehmen stellen ihren Mitarbeiter_innen im Dienstleistungsbereich hier Arbeitsplätze zur Verfügung, die nah an ihrem Wohnraum liegen.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Die regionale Zusammenarbeit hat auch in der wirtschaftlichen Entwicklung seine positiven Effekte. Wachstumsbranchen haben in Freiburg ihren Platz und durch die Kooperation anstatt Konkurrenz zu Basel, hat Medizintechnik und Biotechnik die lokale Freiburger Wirtschaft stark beflügelt. Auf der anderen Seite ist das wirtschaftliche Profil nun weniger vielfältig, da Unternehmen, die nicht in das Cluster passten, vermehrt in die Region abgewandert sind. Denn aufgrund regionaler Verträge durften nur begrenzt neue Gewerbegebiete innerhalb Freiburgs ausgewiesen werden.

Natur und Erholung

Freiraumentwicklung und -vernetzung über die kommunalen Grenzen hinaus sind seit Entstehung des „Vernetzten Agglomerationsraums“- Freiburg fester Bestandteil der regionalen Kooperation. Ein gemeinsames Interesse am Klima- und Artenschutz ist der zentrale Antrieb für die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten. Trotzdem kommt es immer wieder zu Zielkonflikten zwischen Freiraumentwicklung und Nachverdichtung für Wohnbau- und Wirtschaftsflächen sowie der Verkehrsinfrastrukturentwicklung.

Der regionale Biotopverbund steht zwar im Vordergrund, wird weiter vernetzt (z.B. Wildtierkorridore, Grünbrücken) und konzentriert sich auf hochwertige Biotopkomplexe. Der Naturschutz zieht sich in der Region insgesamt jedoch aus der Fläche zurück, weil einzelne Flächen teilweise für Wohnen und Gewerbe effizient und intensiv genutzt werden müssen.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Es erfordert bis 2040 einen Spagat, sowohl genügend Natur- und Erholungsflächen zu erhalten und weiter zu entwickeln als auch gleichzeitig dem hohen Siedlungsdruck gerecht zu werden. Innerhalb Freiburgs konnten die Natur- und Freiräume erhalten werden und belaufen sich in etwa auf dem Anteil des Jahres 2020.

Land- und Forstwirtschaft

Die moderate Ausweitung von Wohn- und Gewerbeflächen in der Region hat einen Teil der Landwirtschaft zurückgedrängt. Sie konzentriert sich auf Randgebiete und besonders ertragreiche Lagen in der Region. Landwirtschaftliche Flächen, mit Ausnahme der forstwirtschaftlichen Flächen, gibt es in der Stadt Freiburg kaum noch. In Abstimmung mit der Region wurden sie zu Gewerbeflächen entwickelt oder zur Schaffung von Wohnraum genutzt, wobei die Qualifizierung von Grünräumen zum Wohle des Artenschutzes eine wichtige Rolle spielt.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Die regionale Kooperation hat den Fokus erweitert und gelenkt: Landwirtschaftliche Flächen befinden sich an Stellen mit den besten Rahmenbedingungen. Die Flächen der Stadt Freiburg gehörten nur teilweise dazu, z.B. im Dreisamtal oder am Tuniberg. Folge ist ein insgesamt abnehmender Anteil in der Flächenbilanz.

Ver- und Entsorgung

Was anfangs nicht selbstverständlich war, klappt heute wunderbar: Anbieter und Dienstleistungen der Ver- und Entsorgung, z.B. bei der regenerativen Energieversorgung oder dem regionalen Rohstoffabbau, wurden zum Nutzen der ganzen Region weiterentwickelt. Es gelten einheitliche Standards und Preise.

Es besteht ein flächendeckend guter Ausbau der technischen Infrastruktur in der gesamten Region (Datennetze etc.).

Flächenverbrauch & -nutzung:
Auch im Bereich der Ver- und Entsorgung hat sich der regionale Fokus bemerkbar gemacht. Über- und Unterkapazitäten konnten ausgeglichen werden. Für die Stadt Freiburg ist der Flächenanteil jedoch auf dem Niveau von 2020 geblieben.

Soziale Infrastruktur

Der Auf- und Ausbau der sozialen Infrastruktur wurde von Anfang an als zentraler Faktor für die Entwicklung der Region angesehen. Ziel war die Herstellung ähnlicher Versorgungsstandards. Es entstanden Schulen und Kindergärten bedarfsgerecht in der Nähe der neu entwickelten Wohngebiete sowie insbesondere an Mobilitätsknoten der Region.

Die dezentrale, über die Region verteilte soziale Infrastruktur ist kostenintensiv, so dass Einsparungen an anderer Stelle immer wieder zu Verwerfungen geführt haben. Durch Telemedizin können auch kleine Gemeinden von einer guten medizinischen Infrastruktur profitieren. Spezialisierte Fachkliniken befinden sich allerdings nur noch in Freiburg.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Durch die engere Kooperation haben sich regional bedeutsame Angebote der sozialen Infrastruktur neu „zurecht gerüttelt“. Über alle Bereiche hinweg betrachtet blieb es alles in allem in der Stadt Freiburg bei den Flächenanteilen von 2020.

Handel

Der klassische Einzelhandel kann sich in Konkurrenz zu Online-Anbietern und Direktvermarktern schon lange nicht mehr halten. Waren werden schnell und günstig in alle Bereiche der Region geliefert, ob an kleine Läden im „Dorf“, bis an die Haustür oder auch an die Mobilitätsknoten. Vollautomatisierte Logistikzentren sind hierfür in dezentralen, verkehrsgünstigen Lagen entstanden. Die Freiburger Innenstadt ist trotzdem nach wie vor ein Anziehungspunkt für die Bewohner_innen der ganzen Region, auch wenn dezentral in einzelnen Orten durchaus attraktive Kerne entstanden sind. Erlebnisshopping und Freizeitvergnügen stehen bei dem Besuch des regionalen Zentrums im Mittelpunkt.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Als regional bedeutsames Zentrum sind die Handelsflächen in der Stadt Freiburg im Vergleich zur Region leicht rückgängig. Auch wenn sich der Onlinehandel weiter durchsetzt, sind in Freiburg die verbleibenden traditionellen Standorte weiter vertreten, haben aber auch hier einen Wandel zu mehr Flächeneffizienz durchlaufen.

Mobilität

Der anhaltende Zuzug in die Region bringt Belastungsgrenzen im Verkehr mit sich. Trotz hoher Akzeptanz von Home Office und Co-Working hat sich der Pendlerverkehr in der Region deutlich erhöht. Zu Stoßzeiten versinken das Zentrum der Stadt Freiburg und die großen Ausfallstraßen in die Region immer wieder im Verkehrschaos.

Die Region hat mit einem starken Ausbau des Schienen- und Öffentlichen Personennahverkehrs und einer erhöhten Taktung der Fahrzeiten zur guten Erreichbarkeit von umliegenden Städten und Subzentren (z.B. gutes regionales Radschnellwege-Netz) reagiert. Mehrgeschossige Mobilitäts-Hubs (mit integrierten Parkplatzanlagen und Einkaufsmöglichkeiten) ermöglichen den schnellen Umstieg zwischen den Verkehrsträgern. Als größte Errungenschaft im Bereich der Mobilität ist der neu geschaffene Schnellbahnring Basel-Freiburg-Colmar-Mulhouse zu nennen, der wie einst die Öresundbrücke Malmö und Kopenhagen, nun die südliche Oberrheinregion zu einer länderübergreifenden Agglomeration verbindet.

Seit Anfang der 2030er Jahre kommen auch autonom fahrende Kleinbusse in der Region erfolgreich zum Einsatz, deren Route je nach Bedarf in Echtzeit berechnet wird und die Fahrgäste rund um die Uhr bequem bis in die entlegeneren Gemeinden bringt. Die Freiburger Kernstadt ist seit Mitte der 2030er Jahre größtenteils für den individuellen PKW-Verkehr gesperrt.

Flächenverbrauch & -nutzung:
Mobilität ist das A und O für eine funktionierende regionale Siedlungsentwicklung. Dementsprechend sind die Flächenanteile für Mobilität, z.B. für Mobilitätshubs, Flächen für neue Bahnstrecken oder Radverkehrsflächen inkl. Rad-Parkhäusern in Freiburg gestiegen. Da der Fokus jedoch auf eine nachhaltige Mobilität gelenkt wurde und auch der technologische Fortschritt miteinbezogen wurde, sind die Auswirkungen für Mensch und Natur viel geringer als bei vergleichbaren Entwicklungen zum Ausbau des Pkw-Verkehrsnetzes vor einigen Jahrzehnten.

Flächenverbrauch und -nutzung

Freiburg ist das Epizentrum einer regional boomenden Region. Durch die regionale Kooperation konnten, wie bei einem Puzzlespiel, die richtigen Teile aneinandergefügt werden und somit zu einer lebendigen Stadtstruktur beitragen. Freiburg ist dabei leicht in die Fläche gewachsen, da in den Siedlungsrändern vereinzelnd zusätzlicher Raum für Wohnen und Gewerbe entstanden ist. Dennoch hat man es verstanden, sowohl lokal wie auch regional allen Stadtfunktionen gerecht zu werden und einen guten Ausgleich zu finden.