Nachlese zum 7. Deutscher Diversity-Tag

Vortrag & Tanz- und Theaterprojekt

28. Mai 2019 | Winterer-Foyer, Theater Freiburg

"Grenzland - Männer mit und ohne Krebs"

Geschlecht – Alter – Gesundheit – Krankheitsbewältigung

Ankündigung des Diversity-Tags am 5. Juni 2018

Beim 7. Deutsche Diversity-Tag stand das Thema Geschlecht – Alter – Gesundheit – Krankheitsbewältigung im Mittelpunkt der Betrachtung. Zum Vortrag, Diskussion und die 1. Hauptprobe des Tanz- und Theaterprojektes: "GRENZLAND – Männer mit und ohne Krebs" hatten die Geschäftsstelle Gender & Diversity und das Theater Freiburg in Winterer-Foyer eingeladen. Michael Kaiser verdeutlichte zum Beginn des Abends mit einfühlsamen Worten, dass, Luftlinie etwa 150 m, 17 Männer unterschiedlichen Alters, in Gedanken und in Schritten, emotional hoch angespannt, dem Abend voller Erwartung entgegen sehen…

In den letzten Monaten sind die mitwirkenden Männer an ihre Grenzen gegangen, haben Schmerz und Trauer zugelassen und dabei neue Erfahrungen, gegenseitiges Vertrauen, Zuversicht, Freude erfahren… Das Theater ist immer wieder ein lebendiger Ort der Begegnung, ob zusehend oder mitwirkend und gestaltend!

Das Entrée zum informativen Themenabend anlässlich des diesjährigen 7. Dt. Diversity-Tages machte Prof. Dr. Joachim Weis, Professur für Selbsthilfeforschung der Universität Freiburg, mit seinen Vortrag über Krebserkrankungen und Krankheitsbewältigungsstrategien im Kontext von Geschlecht und Alter. (1,761 MB) Dabei ging er auch auf die  Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem vorangegangenen Tanz- und Theaterprojekt ein, welches unter dem Titel „Die Krone an meiner Wand“ von 25 Frauen in 2017 erarbeitet wurde. Damals, ebenso wie bei dem aktuellen Tanz- und Theater Projekt „Grenzland“, in dem Männer eindrucksvoll über ihre Krankheitsbewältigung „tanzend“ berichten, performten Frauen, allesamt Laien, unter Anleitung fachkundiger künstlerischer Leitung von Michale Kaiser, Monica Gilette und Garry Joplin eine Tanztheater-Stück  über ihren Umgang mit der Krankheit Krebs. Die Jüngste war eine Schüler_in, die Ältesten waren im (Un) Ruhestand, die Altersspanne reichte von 17 bis 74 Jahren.

Das Gemeinsame den beiden Gruppen sind die unterschiedlichen Tanzerfahrungen und die verschiedenen Berührungspunkte mit der Erkrankung Krebs. Ein angstauslösendes Wort – welches das Leben, das Dasein, den Alltag, von jetzt auf gleich verändert – nichts ist mehr, wie es war.

„König aller Krankheiten“ nannte Siddhartha Mukherjee den Krebs, seine Beschreibungen machten das Buch zum Bestseller 2010.

Prof. Weis präsentierte eine Bandbreite an Forschungsergebnissen und zeigte auf, dass Männer und Frauen, junge und alte Menschen, Menschen unterschiedlicher Herkunft, verschiedene Arten haben, mit einer Krebserkrankung umzugehen. Frauen seien eher diejenigen, die sich öffneten und das Gespräch oder Hilfe suchten, während Männer zum Grübeln neigten und eine „Ich muss da alleine durch“ Einstellung entwickelten. Dies, so Prof. Weis, sei mit Sicherheit auch darauf zurück zu führen, dass Jungen in unserer Gesellschaft anders sozialisiert werden als Mädchen, weshalb ihnen Emotionalität im Sinne von Schwäche zeigen schwerer falle.

Genau um diese Thematik ging es in dem Tanz- und Theaterprojekt „Grenzland - Männer mit und ohne Krebs“, welches sich die Besucher_innen nach dem Vortrag gemeinsam anschauten. 17 Männer, unterschiedlichen Alters, jüngere und ältere, teilweise an Krebs erkrankt, teilweise gesund oder geheilt, hatten seit Oktober 2018 wöchentlich geprobt, um ein Stück auf die Beine zu stellen, in dem sie ausdrucksvoll in Tanz und Wort über Ihre Krankheit, das Genesen, die Hoffnungslosigkeit und neue Hoffnung, Auskunft gaben. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Verschiedene Tanzchoreografien, entweder als Solotanz, im Duo oder in der gesamten Gruppe ließen die Zuschauenden erfahren, sehen und spüren, welche emotionalen Tiefen aber auch Höhen die Männer im Laufe ihrer Krankheiten erfahren hatten. In Videosequenzen, die immer wieder eingespielt wurden, kamen einige der Tänzer zu Wort und teilten ihre Erfahrungen und ihr Verständnis von „krank sein“. „Gesund“ und „Krank“ sagt Carsten, seien für ihn keine guten Beschreibungen, ob er sich „lebendig“ fühle, sei das entscheidende und das könne er auch mit dem Krebs.

Nach der Vorführung stellten sich die Tänzer und die beiden künstlerischen Leiter_innen, Monica Gillette und Gary Joplin den Fragen der Zuschauer_innen. Dabei war die tiefe Empathie, die die Besucher_innen für die Tänzern empfanden, fast mit den Händen greifbar:  „Beeindruckend, berührend und kraftvoll“ gab eine Zuschauer_in als Feedback. Eine andere sagte, sie sei ganz beeindruckt davon, wie Emotionalität und Körperlichkeit aber auch „Männlichkeit“ im Stück Ausdruck fänden, etwas, was man unter Männern sonst selten sehen würde. Die Tänzer berichteten, dass diese Nähe, sowohl körperlich als auch seelisch, das Resultat des langen Probeprozesses war, und für viele von ihnen auch eine ganz besondere, ja einzigartige Erfahrung gewesen sei.

Das Stück hatte am 01. Juni Premiere. Die Presse ist voll des Lobes: […] Gleiches Thema, gleiches Arbeitswerkzeug und Konzept – und doch ein ganz anderes Ergebnis, wenn auch mit Gänsehautfaktor: Nach dem 2017 uraufgeführten Tanz- und Theaterprojekt "Die Krone an meiner Wand" mit 24 Frauen war das Interesse so groß, dass die beiden Choreografen Monica Gillette und Gary Joplin seit November vergangenen Jahres mit 17 Männern im Alter zwischen 16 und 69 Jahren noch einmal zum Thema Krebs arbeiteten. Das Ziel: persönliche Erfahrungen mit dem "König aller Krankheiten" […]“ (Badische Zeitung, 05. Juni 2019).

„Grenzland“ ist an den folgenden Abenden noch zu sehen: Theater Freiburg, Werkraum: 

22.06.2019 // 19:00 - 20:00; 23.06.2019 // 16:00 - 17:00; 13.07.2019 // 19:00 - 20:00; 14.07.2019 // 16:00 - 17:00. Weiter Infos unter:
www.theater.freiburg.de/en_US/spielplan/grenzland.15384599

Programm

ab 17.45 Uhr: Einlass

18 Uhr
Begrüßung & Einführung in den Abend:

Michael Kaiser
Theater Freiburg, Künstlerische Leitung, Junges Theater
Snežana Sever
Stadt Freiburg, Leiterin Geschäftsstelle Gender & Diversity

18.15 Uhr
Vortrag & Diskussion:

Prof. Dr. phil. Joachim Weis, UNIVERSITÄTSKLINIKUM FREIBURG
Tumorzentrum / CCC Freiburg, Stiftungsprofessur Selbsthilfeforschung
Krankheitsverarbeitung bei Krebs:
Welchen Einfluss haben Alter und Geschlecht?

19.30 Uhr
Snack & persönliche Begegnungen

20 Uhr
1. Hauptprobe: Tanz- & Theaterprojekt
GRENZLAND – Männer mit und ohne Krebs

Künstlerische Leitung: Monica Gillette, Gary Joplin //
Bühne und Kostüme: Nina Hofmann // Musik: Sora Sam //
Dramaturgie: Michael Kaiser, Eva-Maria Steinel
In Kooperation mit der Fördergesellschaft Forschung
Tumorbiologie e.V. und Jung und Krebs e.V.

21.30 Uhr Ende der Veranstaltung

Gruppenfoto
Michael Kaiser, Leiter des Jungen Theaters Freiburg (Foto: Sebastian Lehmler)
Oberbürgermeister Martin W.W. Horn
Prof Dr. Weis, Uniklinikum Freiburg mit den Gebärdendolmetscher_innen Frau Thomas-Tüchelmann (l), Streichan-Schönauer (r.) (Foto Sebastian Lehmler)
Auditorium
Die interessierte Zuhörerschaft im Winterer Foyer Dt. Diversity Tag 2019 (Foto: Sebastian Lehmler)
Gabriela Lünsmann
Interessierte Zuhörer_innen Winterer Foyer_Dt. Diversity_Tag 2019 (Foto Sebastian Lehmler)
Arbeitsgruppen
Prof Dr. Weis, Uniklinikum Freiburg (Foto: Sebastian Lehmler)
Arbeitsgruppen
Gespräche im Winterer Foyer, Dt. Diversity Tag 2019
Arbeitsgruppen
Das Leben ist zu schön... (Foto: Sebastian Lehmler)
Arbeitsgruppen
Prof. Dr. med. Hans Helge Bartsch_Gesellschaft zur Förderung von Wissenschaft_Forschung und Thearapie auf dem Gebiet der Krebsmedizin e. V.
Arbeitsgruppen
Gespräche im Winterer Foyer, Dt. Diversity Tag 2019
Snezana Sever, Stadt Freiburg
T. Brüderlin, Vorstellung der Ergebnisse
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
S. Sever, I. Schöfl
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
G. Lünsmann, S. Sever
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
OB M. Horn, M. Stein
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
S. Baumgart
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
OB M. Horn, M. Stein
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
G. Lünsmann, S. Sever
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
S. Sever, I. Schöfl
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
T. Brüderlin, Vorstellung der Ergebnisse
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
S. Sever, I. Schöfl
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)
T. Brüderlin, Vorstellung der Ergebnisse
Grenzland (Foto: Theater Freiburg / Britt Schilling)