Gruppenkuscheln im Bienenstock

Bienenbeuten im Opfinger Wald, Foto: Roland Kälble

Lautlos haben die ersten Schneeflocken die Erde bedeckt und wir Menschen machen es uns am liebsten unter einer flauschigen Decke und mit einer Tasse Tee in der Hand gemütlich. Aber was machen unsere fleißigen Honigbienen im Winter? Fallen sie wie andere Insekten in die Winterstarre? Fliehen sie wie einige Schmetterlinge in den Süden? Oder überwintern sie wie Florfliegen in unseren Kellern?

Weder noch! Unsere Lieblingsinsekten bleiben auch im Winter fleißig – sie bewegen sich gegen die Kälte. Honigbienen überwintern in ihrem Stock. Dort kuscheln sie sich aneinander und zittern wie verrückt mit ihren Muskeln. Dadurch entsteht Wärme. Auch wenn es draußen bitterkalt ist, bleibt es drinnen kuschelig warm.

Muskelzittern gegen die Kälte

Konkret heißt das: Ab einer Außentemperatur von etwa 6 Grad Celsius rückt das Volk eng zusammen. Die Honigbienen bilden eine feste Einheit, die einer Kugel ähnelt, die sogenannte Wintertraube. Dabei klinken sie ihre Flügel aus und bewegen diese quasi im Leerlauf. Nur die Flugmuskulatur arbeitet.

Bilder einer Wintertraube, links als Wärmebild, rechts als normales Videobild. Foto: © Hobos, Abb. in: Tautz und Steen (2017): Die Honigfabrik. Die Wunderwelt der Bienen - eine Betriebsbesichtigung.

Dadurch heizen die kleinen Tierchen sich zwar gegenseitig, jedoch nicht ihren ganzen Stock. Und deshalb müssen sie sich ständig umeinander herum bewegen: Im Inneren der Wintertraube ist es einfach wärmer als an deren Rand. Wer dauernd außen sitzt, würde irgendwann erstarren und aus der Kugel fallen. Wenn aber alle einmal an den Rand und dann wieder in das Innere der Traube kommen, bleiben alle Bienen warm genug, um den Winter zu überleben.

Bienen sind besonders kälteempfindliche Insekten. Eine einzelne Honigbiene wird bei einer Temperatur von etwa 10 Grad Celsius bewegungsunfähig, bei 4 stirbt sie. Zusammen gekuschelt kann ein Bienenvolk allerdings Temperaturen bis zu minus 40 Grad Celsius überleben. Vorausgesetzt die Wintertraube wird nicht durch Eindringlinge auseinandergerissen und die Bienen haben genug Honig. Denn ständiges Bewegen macht hungrig. Und das süße Nahrungsmittel liefert den Bienen genug Kohlenhydrate dafür. Sollten die Insekten ihre Wintervorräte bereits vor dem Frühling aufgebraucht haben, können sie keine Wärme mehr produzieren und erfrieren. Darum müssen Honigbienen sparsam mit ihren Energiereserven umgehen. Aber wie machen sie das?

Bienen nutzen das Prinzip der Intervallheizung

In der Wintertraube ist keineswegs die ganze Zeit kuschlig warm. Auch in ihrem Inneren bewegt sich die Temperatur nur selten über 10 Grad Celsius. Alle paar Tage jedoch wird einmal richtig eingeheizt. Dann steigt die Temperatur im Inneren der Traube auf bis zu 22 Grad Celsius. Bienen nutzen also das Prinzip der Intervallheizung und sparen somit enorm an Energie. Eine Frage bleibt allerdings offen: Warum heizen die Bienen nicht generell nur bis 10 Grad Celsius, sodass sie gerade noch bewegungsfähig bleiben? Sicherlich könnten sie so noch mehr Energie sparen.

Der Grund ist leider nicht endgültig geklärt. Möglichweise liegt es an der Konsistenz von Honig. Dieser ist bei 10 Grad sehr steif, sodass die kleinen Tierchen ihn schlecht aufnehmen können. Ist die Wintertraube allerdings richtig eingeheizt, wird auch der Honig geschmeidiger. Die Heiztage könnten also etwas wie Festtage sein, an denen die Essensausgabe stattfindet. Mit dieser Stärkung müssen die Bienen dann wieder ein paar Tage auskommen.

Wenn es einem Bienenvolk gelingt, sich im Winter warm zu halten und sich die süßen Honigvorräte einzuteilen, erwachen nach der Wintersonnenwende die Lebensgeister von neuem. Ab einer Außentemperatur von ungefähr 15 Grad Celsius heißt es: Schluss mit Kuscheln und schnell vor die Tür! Denn in der Winterzeit gehen die Honigbienen nicht aufs Klo. Und das, obwohl sie im Bienenstock die ganze Zeit aktiv sind und Honig essen. Das bedeutet sie verdauen die Nahrung und es entsteht Kot. Doch die kleinen Insekten sind reinliche Tierchen. Damit sie den Bienenstock nicht verschmutzen, warten sie bis der Frühling kommt. Sobald es draußen warm genug ist, schwärmen die Bienen aus und begeben sich auf den ersten Reinigungsflug.

Und wie überwintern die wilden Verwandten der Honigbiene?

Anders als Honigbienen überwintern Hummeln und Wespen nicht zusammen mit einem Volk. Im Herbst schlüpfen viele neue Königinnen, werden begattet und verlassen anschließend die sterbende Gemeinschaft. Um allein zu überleben, haben diese Insekten einen wirklich guten Trick entwickelt. Das Wasser in ihrem Körper enthält eine Art Frostschutzmittel. Das kann aus Zucker oder anderen Stoffen bestehen. Das Mittel verhindert, dass die Körperflüssigkeit zu Eis wird und die Tierchen erfrieren. Versteckt in der Erde oder unter loser Baumrinde verschlafen sie den Winter, um im Folgejahr ein neues Volk zu gründen.

Das Honigbienen Winterschlaf halten ist somit ein Mythos, der mit diesem Beitrag hoffentlich widerlegt werden konnte. Vielmehr kuscheln und wuseln sie in der kalten Jahreszeit fleißig weiter in ihrem Bienenstock.

 

Veröffentlicht am 24.01.2019