Kein Abschluss ohne Anschluss
Miteinander Entscheidungen treffen wird großgeschrieben
Wenn Susanne Flaig aus dem Fenster ihres Büros schaut, sieht sie oft eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die auf einer der beiden Sitzgruppen aus Holz sitzen und lesen, diskutieren oder etwas essen. „Dass wir die anschaffen, haben die Schüler selbst entschieden“, sagt die Schulleiterin der Edith-Stein-Schule im Stühlinger. Die Mitbestimmung durch die Schüler spielt hier eine große Rolle.
So hat sich die berufliche Schule schon zweimal am Projekt Schülerhaushalt beteiligt und jeweils 2500 Euro zusätzlich auf den regulären Etat bekommen. „Wir haben dieselbe Summe aus unserem Haushalt draufgelegt und die Schülerinnen und Schüler dann in einem demokratischen Prozess herausfinden lassen, wofür sie das Geld ausgeben möchten“, erzählt Susanne Flaig. Beide Male haben sich die jungen Frauen und Männer für Verbesserungen der Aufenthaltsbereiche entschieden.
In einer Schule, die eine derart heterogene Schülerschaft wie die Edith-Stein-Schule hat, sind solche gemeinschaftlichen Aktionen wichtig. Es gibt Schülerinnen und Schüler, die auf dem zweiten Bildungsweg ihr Abitur nachholen, es gibt angehende Gärtner, Restaurantfachleute und Hauswirtschafter, es gibt junge Menschen mit einer geistigen Behinderung, es gibt Schülerinnen und Schüler, die in einer Vorbereitungsklasse Deutsch lernen. „Und dazwischen nahezu alles“, sagt Susanne Flaig und freut sich, dass an der Edith-Stein-Schule das Motto: „Kein Abschluss ohne Anschluss“ nahezu perfekt umgesetzt ist.
„Diese enorme Bandbreite stellt unsere Lehrkräfte vor eine große Herausforderung“, sagt Flaig. Um dieser Vielfalt pädagogisch und inhaltlich Rechnung tragen zu können, setzen die Lehrenden auf regelmäßige Fort- und Weiterbildung. „Wir schicken unsere Lehrenden ganz gezielt zu Fortbildungen in ihrem berufsspezifischen Bereich, so können wir den Schülerinnen und Schülern eine Ausbildung anbieten, die stets auf dem aktuellen Stand der Zeit ist“, sagt Flaig. Der Umgang mit heterogenen Klassen oder die Integration von Schülerinnen und Schülern, die Deutsch als Fremdsprache lernen, sind Themen, zu denen die Lehrkräfte sich auf Weiterbildungen informieren und austauschen können. „Wir achten auch bei der Stundenplangestaltung darauf, dass zum Beispiel nicht ein Lehrer aus einer Vorbereitungsklasse kommt und in der nächsten Stunde eine Klasse aufs Abitur vorbereiten soll – das wäre enorm schwierig“, erklärt Flaig. „Dadurch, dass die Lehrkräfte oft auch selbst eine Ausbildung in den Berufen haben, die sie unterrichten, kennen sie ihre Klientel meist bestens und kommen blendend mit ihr klar.“
Seit knapp 30 Jahren gibt es an der Edith-Stein-Schule Schulsozialarbeit in Zusammenarbeit mit der Caritas und In Via. „Dafür hat meine Vorvorgängerin quasi mit visionären Fähigkeiten gesorgt“, sagt Flaig. Die Schulsozialarbeiterinnen stellen sich den Klassen zu Schuljahresbeginn vor und sind dann zuverlässige Ansprechpartner für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für die Lehrenden und Eltern. „Sie finden mit jedem Schüler und jeder Schülerin seine und ihre individuellen Stärken, helfen bei der Suche nach Praktikumsplätzen oder der richtigen Formulierung in einem Bewerbungsschreiben und können bei Problemen jeder Art kontaktiert werden“, lobt Susanne Flaig die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen. „Das ist ein sehr sinnvoller Teil des Angebots unserer Schule.“
Das große Spektrum an Berufen, die an der Edith-Stein- Schule gelernt werden können, wird sehr unterschiedlich genutzt. „Es gibt Berufe, für die das Interesse nachgelassen hat, wie die Berufe im Hotelund Gaststättengewerbe. Auch zur Hauswirtschafterin will sich kaum jemand ausbilden lassen“, sagt Flaig, „aber das kann auch daran liegen, dass diese Bezeichnung abschreckend klingt und gar nicht die Ausbildungsinhalte widerspiegelt“. Gleichzeitig gibt es Wunschberufe, die mitunter völlig überlaufen sind. „Garten- und Landschaftsbauer zum Beispiel boomen gerade total.“