Nicht nur das Alter macht sie besonders

An der Karlschule lernen Kinder mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen

Seit 135 Jahren wird im Herzen Freiburgs gelernt: zunächst in der Volksschule, dann in der Grundund Hauptschule, nun in der Grund- und Werkrealschule. Die Karlschule in der Innenstadt ist die älteste Schule Freiburgs mit einem durchgehend aktiven Schulbetrieb. „Das macht uns zu etwas Besonderem, allerdings haben wir über das Alter hinaus noch eine Menge mehr zu bieten“, sagt Hansjörg Nievergelt und lacht. Der zum Ende des Schuljahrs 2017/18 in den Ruhestand getretene Rektor der Karlschule ist sich sicher, dass die Struktur der Schule ihresgleichen sucht.

Wesentlich dafür sind vier Säulen: die Regelgrundschule von der 1. bis zur 4. Klasse, die Werkrealschule von Klasse 5 bis 10, die Grundschulklassen für Kinder mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche sowie die Vorbereitungsklassen für ausländische Schülerinnen und Schüler. „Wir haben erkannt, dass diese vier Säulen unheimlich von einander profitieren“, sagt Nievergelt. So können beispielsweise die speziellen Lehr- und Lerntechniken, die bei Schülerinnen und Schülern mit einer Lese-Rechtschreib- Schwäche angewandt werden, auch ausländischen Kindern in den Vorbereitungsklassen zugutekommen.

Die Karlschule ist die älteste Schule Freiburgs. (Foto: A. J. Schmidt)
Beeindruckend: Nicht nur von außen ist die Karlschule eine besondere Schule. Mit ihrer Struktur sucht Freiburgs älteste Schule ihresgleichen. (Foto: A. J. Schmidt)

Bei den Vorbereitungsklassen – den V-Klassen – hat das Kollegium an der Karlschule Pionierarbeit geleistet. In den 60er-Jahren gab es die ersten Klassen dieser Art, damals saßen hauptsächlich italienische, portugiesische und griechische Kinder auf den Schulbänken. „Heute haben wir 38 Nationalitäten im Haus, in jeder VKlasse werden acht bis zehn Sprachen gesprochen“, erklärt Nievergelt. Hinzu kommen Schülerinnen und Schüler, die noch nicht alphabetisiert sind und erst die Buchstaben lernen müssen, ehe der Sprachunterricht beginnen kann. Für das Lehrerteam eine enorme Herausforderung, der sich die Kolleginnen und Kollegen mit viel Austausch und permanenter Fortbildung zum Thema stellen. Davon profitieren auch die anderen Schulen in Freiburg. Seit 1993 koordiniert die Karlschule stadtweit die VKlassen. „Es gibt immer mehr Schulen, die solche Klassen aufmachen, und damit Lehrende, die von jetzt auf gleich vor Schülerinnen und Schülern stehen, die kein Deutsch sprechen“, sagt Nievergelt. An der Karlschule wurde die Servicestelle Migration/Integration eingerichtet, ein Portal für Lehrkräfte, die sich an der Schule umschauen und in VKlassen hospitieren konnten. Ein Teil der Servicestelle ist inzwischen ins Kreismedienzentrum verlegt worden, die Fachkräfte der Karlschule stehen ihren Kollegen jedoch nach wie vor mit Rat und Tat beiseite und betreuen zum Beispiel Fortbildungsveranstaltungen.

Eine große Rolle kommt der Sozialerziehung zu. „Wir sind schon lange keine reinen Wissensvermittler mehr, sondern Erzieher“, sagt der Schulleiter. Oft kämen Kinder an die Schule, die zu Hause Standards wie Pünktlichkeit, Respekt und Höflichkeit nicht mehr lernen – „diese Lücke versuchen wir zu schließen“. Getreu des afrikanischen Sprichworts, wonach es ein ganzes Dorf brauche, um ein Kind zu erziehen, hat das Kollegium der Karlschule sich ein umfassendes Netzwerk aufgebaut. Leselernpaten, Jugendbegleiter, Erfolgreich in Ausbildung – die Liste an außerschulischen Partnern ist lang.
Trotz vier sehr unterschiedlicher Säulen, auf denen die Schule ruht, ist die Schulgemeinschaft alles andere als gespalten. Alle Kinder spielen in den Pausen gemeinsam auf dem Hof, es gibt eine Streitschlichterkultur und eigens ausgebildete Schulsanitäter. „Da kommt es dann durchaus mal dazu, dass ein Zweitklässler durch einen Großen versorgt wird“, erzählt Nievergelt. Bei kleinen Sportereignissen und großen Schulfesten feiern alle gemeinsam. Und weil gut ein Drittel der Lernenden ausländische Wurzeln hat, kommen da nicht nur Würstchen und Steaks auf den Grill, sondern auch ausländische Spezialitäten. „Das ist bei uns gelebte Integration“, sagt Nievergelt.

Steckbrief

Karlstraße 16
Freiburg Innenstadt
karlschule-freiburg.de

Lernende: 430
Lehrende: 40

Besonderheiten:
  • Lernen auf zwei Niveaustufen
  • Hauptschul- und Werkrealschulabschluss sind möglich
  • Individuelles, kooperatives und stufenübergreifend projektorientiertes Arbeiten
  • Coaching
  • Kommunal Ergänzende Betreuung in der GS; Über-Mittag- und Nachmittagsbetreuung von Montag bis Donnerstag für alle Schülerinnen und Schüler.
  • Berufswahlkonzept „Erfolgreich in Ausbildung“ (EiA.) mit dem außerschulischen Partner IN VIA
  • Kooperation mit dem Katharinenstift Freiburg, dorthin gehen die Karlschüler zum Mittagessen
  • Kooperation Schule und Verein, Circus Schwertwal in Kooperation mit IN VIA
  • Projekte „Stille Jungs“ und  „Starke Mädchen“
  • „Kick for boys“ und „Kick for girls”