Miteinander leben und voneinander lernen

Das multikulturelle Miteinander prägt das Deutsch-Französische Gymnasium

On a frei aujourd’hui“, schallt es gerne mal über die Flure des Deutsch- Französischen Gymnasiums (DFG), wenn ein Schüler eine Freistunde auf dem Vertretungsplan erspäht hat. „Das ist unser typischer DFG-Slang“, sagt Schulleiter Johannes Remmer und lacht. Gemeinsam mit Annik Bermond leitet er das Gymnasium an der Dreisam im Osten Freiburgs. Hier lernen die Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse zweisprachig: zunächst in deutschen und französischen Klassen, ab der 6. Klasse zusammen in Kunst, Musik und Sport, ab der 10. Klasse dann in allen Klassen gemischt.

„Bei uns muss jeder Schüler ab der 10. Klasse beide Sprachen fließend in Wort und Schrift beherrschen“, sagt Remmer. Damit das gelingt, stehen ab der 5. bzw. 6. Klasse Französisch und Deutsch umfangreich auf dem Stundenplan, so könne auch ein Anfänger aus Klasse 5 das Abitur später in beiden Sprachen schaffen. Mit der französischen und der deutschen prallen am DFG zwei sehr unterschiedliche Kulturen aufeinander. „Schon das Alltagsleben zeigt beträchtliche Unterschiede, im Bildungssystem merken wir das noch einmal besonders“, sagt Johannes Remmer. So werde in Deutschland sehr viel mehr Wert auf die Freiheit und Verantwortung des Einzelnen gelegt als in Frankreich, wo deutlich hierarchischere Strukturen herrschen.

Multikulturelles Gewusel: Am Deutsch-Französischen Gymnasium prallen zwar sehr unterschiedliche Bildungssysteme aufeinander, doch in einem herrscht Einigkeit: Nirgendwo ist die europäische Idee lebendiger als hier. (Foto: A. J. Schmidt)
Multikulturelles Gewusel: Am Deutsch-Französischen Gymnasium prallen zwar sehr unterschiedliche Bildungssysteme aufeinander, doch in einem herrscht Einigkeit: Nirgendwo ist die europäische Idee lebendiger als hier. (Foto: A. J. Schmidt)

Das zeigt sich auch in der Lehre: An deutschen Schulen halten seit Jahren offener Unterricht und freies Lernen Einzug, während französische Lehrer nach wie vor hauptsächlich frontal unterrichten. „Das ändert sich langsam, die französischen Kollegen öffnen sich da mehr und mehr“, sagt Rektorin Annik Bermond. Auch in der Oberstufe des DFG gibt es andere Strukturen als die üblichen. Statt im Kurssystem lernen die Schülerinnen und Schüler hier in Profilklassen, von Klasse 10 bis 12 haben sie die Wahl zwischen einem mathematisch- naturwissenschaftlichen, einem wirtschaftlichsozialwissenschaftlichen und einem literarisch-philosophischen Zug.

Wie machen es die Franzosen? Wie die Deutschen? „Miteinander leben und voneinander lernen“, lautet das Leitziel des DFG, die Schülerinnen und Schüler praktizieren das ebenso wie die Lehrenden täglich. Zusätzlich gibt es in der 9. Klasse einen verpflichtenden fünfwöchigen Austausch mit Frankreich. „Wir möchten unseren Schülerinnen und Schülern Respekt füreinander und eine gewisse Offenheit beibringen, außerdem bekommen sie bei uns einen Blick auf geschichtliche und grenzübergreifende Zusammenhänge“, sagt Annik Bermond.

Wie sehr das multikulturelle Miteinander das DFG prägt, hat sich vor gut zwei Jahren gezeigt. Damals hat die Schulgemeinschaft einen Europa-Appell veröffentlicht. Ein Novum, denn eigentlich sind Schulleitungen zu politischer Neutralität verpflichtet. „Da ging es um die Europa-Zugewandtheit; unsere Schülerinnen und Schüler hatten aufgrund der politischen Entwicklungen das Gefühl, dringend etwas für Europa tun zu müssen“, erinnert sich Johannes Remmer. Die ganze Schulgemeinschaft erklärte sich leidenschaftlich pro EU.

Die gelebte Internationalität am DFG hat viele Fans, das merken die beiden Rektoren an der Nachfrage. Nicht nur Kinder, die in einem deutschfranzösischen Zuhause aufwachsen, werden an der Schule angemeldet, auch solche aus frankophonen, aus anderen romanischsprachigen Ländern oder aus dem osteuropäischen Raum interessieren sich fürs DFG. „Wir haben den Ruf, eine weltoffene und tolerante Schule zu sein, das mögen viele“, sagt Annik Bermond.

Das DFG Freiburg ist eines von drei Deutsch-Französischen Gymnasien, ein weiteres befindet sich in Saarbrücken, das dritte im französischen Buc bei Versailles. Die drei Schulen stehen in regem Austausch miteinander, zweimal jährlich finden Treffen statt. Auch hier gilt: Man möchte voneinander lernen.

Steckbrief

Deutsch-Französisches Gymnasium
Runzstraße 83, Oberau
www.dfglfa.net/dfg/de

Leitung: Johannes Remmer / Annik Bermond
Lernende: 820
Lehrende: 95

Besonderheiten:
  • enge Zusammenarbeit mit der Deutsch-Französischen Grundschule Freiburg
  • Konzept der "Flexiblen Nachmittagsbetreuung" der Stadt Freiburg
  • Kooperation mit Ev. Jugendhilfe Freiburg
  • zertifizierte "fair-tradeschool"
  • Solar-AG, selbstständige Betreibung einer Solar- und Windkraftanlage
  • diverse Austauschprogramme
  • alljährlicher internationaler "Science-Slam"
  • Kooperation mit der PH Freiburg (Deutsch-Französische Lehramtsprogramme)
  • Kooperation mit der Musikhochschule Freiburg
  • Kooperation mit EUCOR