Das Gedächtnis der Stadt zieht um
Seit 1957 beherbergt das Haus zum Herzog mit dem Stadtarchiv das Gedächtnis Freiburgs. Jetzt räumt eine Spedition das geschichtsträchtige Gebäude in der Salzstraße aus. Die wertvolle Fracht wird anschließend in ihr neues Zuhause gebracht: einen Neubau an der Neuen Messe. So wird ab Anfang Januar das Alte mit dem Neuen vereint.
Warum das schöne und geschichtsträchtige Haus zum Herzog im Herzen Freiburgs verlassen? Diese Frage wurde Archivleiter Andreas Jobst in den letzten Jahren häufig gestellt.
Das Haus zum Herzog hat Geist, Seele und Geschichte. So was kann ein Neubau aus Beton nicht. Aber eine moderne Archivnutzung ist hier einfach nicht möglich. Wir platzen aus allen Nähten.
Archivleiter Andreas Jobst
Nach langer Suche
Diese Erkenntnis zog eine langwierige Suche nach einer geeigneten Herberge für die Zeugnisse der Freiburger Stadtgeschichte und ihrer Hüterinnen und Hüter nach sich. Als 2018 die Entscheidung für den Neubau an der Messe gefallen war, folgten weitere Verzögerungen: Die Coronapandemie kam in die Quere, und auch am Raumklima in den Magazinen musste länger getüftelt werden. Die hohen klimatischen Anforderungen waren nicht leicht zu erfüllen, aber essenziell für die empfindlichen Dokumente. Unglaublich alte und unersetzbare Zeugnisse der Geschichte, wie beispielsweise eine Urkunde des Papstes Honorius II. aus dem Jahr 1125, möchten entsprechend schonend gelagert werden. Diesen Oktober, drei Jahre später als ursprünglich geplant, konnte der Umzug dann endlich beginnen.
Der Neubau an der Neuen Messe
Der Neubau, Kopfbau II genannt, kann sich mit seinen hellen und großen Räumen mehr als sehen lassen. Das neue Gebäude bietet aber nicht nur deutlich mehr Platz: Die Räume sind maßgeschneidert für die Arbeitsprozesse im Stadtarchiv und sollen die Abläufe für die Archivarinnen und Archivare sowie Nutzende vereinfachen. Der Archivleiter spricht nicht nur von Fortschritt, sondern von einem „Quantensprung“ für die Arbeitsabläufe, denn zuvor musste das Archiv auf zwei Außenmagazine ausweichen. Jetzt ist alles an einem Ort. Auch das ewige Schleppen von Archivalien wird nach dem Umzug ein Ende haben. Während das Haus zum Herzog viele Treppen und keinen Aufzug vorweist, ist der Neubau komplett barrierefrei.
Archiv- und Bildungsarbeit
Zudem ist das neue Stadtarchiv top ausgestattet für moderne Archivarbeit. Neben mehreren Räumen für Restaurierungsarbeiten, klimatisierten Magazinen, einem Quarantäneraum für archivarische Neuzugänge, bei denen Schimmelbefall befürchtet wird, sowie Rollregalen aus verzinktem Stahlblech gibt es auch einen neuen Veranstaltungsraum.
Komplizierter Umzug
Trotz aller Vorfreude: Der Umzug stellt eine große logistische Herausforderung dar. Es gilt auf einiges zu achten: Kartons waagerecht tragen, alles gut auspolstern und niemals die Reihenfolge aus den Augen verlieren. Um Letzteres sicherzustellen, ist immer mindestens ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Stadtarchivs beim Ein- und Ausräumen vor Ort. Der „schwerste Brocken“ des Umzugs sind die stählernen Karteischränke mit Einwohnermeldekarten im Keller des alten Stadtarchivs (200 bis 300 Kilo pro Schrank).
Hinweis
Bis alle Zeugnisse der Freiburger Stadtgeschichte umgezogen sind, können die Archivarinnen und Archivare nur schriftliche Anfragen bearbeiten. Am Dienstag, 2. Januar 2024, öffnet das Stadtarchiv dann am neuen Standort seine Tore.