An der Günterstalschule wird vom Lebensalltag bis zur Zirkusshow einiges geboten

Für das Leben trainieren

In der Schule Günterstal wird für das Leben trainiert. „Das ist ein sehr wichtiger Bildungsbereich bei uns“, sagt Annette Spohd, die das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung leitet. So lernen die Schülerinnen und Schüler alles, was sie brauchen, um als Erwachsene ein möglichst eigenständiges Leben führen zu können und um umfänglich an der Gesellschaft teilhaben zu können.

Schülerinnen und Schüler in der Turnhalle beim Zirkusprojekt. (Foto: A. J. Schmidt)
Was für ein Zirkus: An der Günterstalschule findet immer mittwochs mit der Montessori-Grundschule ein Zirkusprojekt statt. Zweimal im Jahr gibt es eine Zirkusshow.(Foto: A. J. Schmidt) 

Wie bereite ich eine Mahlzeit zu? Wo bekomme ich die Lebensmittel dafür? Worauf muss ich bei der Körperpflege achten? Wie wechsele ich die Batterie in der Fernbedienung? All die kleinen alltäglichen Dinge, die einen Haushalt ausmachen, stehen in der Schule Günterstal auf dem Stundenplan. Auch die Frage, wie die Schülerinnen und Schüler sich von A nach B bewegen, wenn sie nicht mehr auf den Schulbus zurückgreifen können, wird beantwortet: mit regelmäßigem Training „im Feld“, wie Annette Spohd sagt. „Wir üben mit den Kindern und Jugendlichen, wie sie zum Beispiel den Weg ins Schwimmbad, ins Kino oder zum Einkaufen selbstständig zurücklegen können, fahren mit ihnen Straßenbahn und trainieren für Notfälle.“ Ein solcher Notfall ist zum Beispiel, wenn die letzte Straßenbahn weg ist. Dann ist es sinnvoll zu wissen, wie man das Handy bedient und damit am schnellsten eine Person erreicht, die helfen kann.

Rund 80 Kinder besuchen die Schule Günterstal. Die meisten von ihnen zwölf Jahre lang. Sie werden mit sechs Jahren eingeschult, kommen nach vier Jahren Grundschule in die Sekundarstufe und besuchen die letzten drei Jahre die Berufsschulstufe. Danach beginnen die allermeisten ihr Berufsleben in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Wie in jeder Regelschule gibt es in der Schule Günterstal einen Bildungsplan. „Allerdings schauen wir sehr genau auf die jeweilige Entwicklungssituation eines Kindes und orientieren daran das, was auf den individuellen Stundenplan kommt“, erklärt Annette Spohd.

Neben Mathe, Deutsch und Lebensführung nimmt die Bewegungsförderung einen großen Teil des Schulalltags ein. Die Palette an Sportmöglichkeiten ist groß: Schwimmen und Fußball, Klettern, Wandern oder Ausflüge ins Skilager schulen die physiomotorischen Fähigkeiten der Kinder. Gemeinsam mit der Montessori-Grundschule findet seit mehreren Jahren jeden Mittwoch ein Zirkusprojekt statt. Über jeweils ein halbes Jahr lernen die Schülerinnen und Schüler, wie man über eine Kugel läuft oder an einem Trapez hängend artistische Kunststücke vollbringt. „Wir anderen profitieren davon und dürfen dann zweimal im Jahr eine großartige Zirkusaufführung genießen“, sagt Annette Spohd und lacht.

Ein Kunststück, das den Lehrerinnen und Lehrern an der Schule Günterstal jeden Tag gelingen muss, ist, die richtige Balance zu finden. „Auf der einen Seite sind wir eine Schulgemeinschaft, die sich sehr gut kennt und miteinander groß wird, wir bieten den Kindern hier ähnlich ihrer Familie ein Nest, in dem sie geborgen und geschützt aufwachsen und lernen können. Das ist ein wesentlicher Motor für ihre Entwicklungsprozesse“, sagt Annette Spohd. „Andererseits ist es wichtig, dass wir eine gewisse Korrektheit und Geradlinigkeit einhalten und den Kindern Grenzen aufzeigen, wenn ihr Verhalten die Gemeinschaft stört.“ Viel Herzblut, sagt die Schulleiterin, bringe jeder mit, der an der Schule Günterstal arbeite – von der Sekretärin und den Betreuern über den Hausmeister und die FSJler bis zum Kollegium. Die Eltern bringen sich oft und umfangreich ein, sind auf Festen dabei und organisieren einen eigenen Stand auf dem Günterstäler Dorfhock.

Außerschulische Partner unterstützen die Arbeit. Die Partner kommen aus verschiedenen Bereichen. So kooperiert die Schule beispielsweise seit Jahren mit dem Günterstäler Förster. Jeden Donnerstag geht eine Schülerinnengruppe der Berufsschulstufe in den Günterstäler Wald, sie bauen für die Tiere Nisthilfen und betätigen sich aktiv im Naturschutz. Dies ist Teil eines ganzheitlichen Konzepts. Hierbei absolviert jeder Schüler zu Beginn der Berufsschulstufe ein Praktikum in Bonndorf und erprobt eine Woche forstwirtschaftliche Tätigkeiten wie Tannenschutz oder Wegpflege. „Das ist bei den Witterungsverhältnissen im November im Hochschwarzwald oft eine große Herausforderung für die Schüler“, meint Annette Spohd. Zusätzlich zu festen Kooperationen wie beispielsweise mit dem Hofgut Himmelreich, dem Kinderabenteuerhof oder der Projektwerkstatt Kubus entstehen oft auch zeitlich begrenzte Zusammenarbeiten. „Wir suchen uns verschiedene Partner, je nachdem, wo wir in einem Jahr den Fokus unserer Arbeit sehen“, erklärt Annette Spohd. So haben die Schülerinnen und Schüler derzeit zum Beispiel einmal die Woche die Möglichkeit, an einer Trommelstunde teilzunehmen. Lange war auch eine Tiertherapeutin mit ihrem Hund regelmäßig in der Schule zu Gast. „Wir sind da sehr offen und flexibel und haben dankenswerterweise ein großes Budget dafür, das uns die Stadt zur Verfügung stellt“, sagt Spohd.

Steckbrief

Schule Günterstal
Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum
Torplatz 5
www.schule-guenterstal.de

Leitung: Dr. Annette Spohd
Lernende: 93
Lehrende: 33

Besonderheiten:
  • 5 Schulbegleiter, 2 Betreuungskräfte, 5 FSJ
  • Individuelle Bildungsplanung in verschiedenen Kompetenzbereichen
  • Inklusionsklassen an der Julius-Leber-Schule Breisach, Anne-Frank-Schule Freiburg, Lorettoschule Freiburg
  • Kooperative Organisationsformen („Außenklassen“) an der Karoline-Kaspar-Schule und der Staudinger-Gesamtschule
  • Lernbegleitung durch feste Klassenteams
  • Ganztagsschule mit Mittagessen
  • SMV
  • Ausbildungsschule für Lehramtsanwärter_innen
  • Arbeitsstelle für Freiwilligendienst
  • Zahlreiche Kooperationspartner