Die Lessing-Realschule im Herzen der Stadt hat einen familiären Charakter

Blumengießen und Insektenzucht

"Wir lassen die Schülerinnen und Schüler so oft wie möglich mitgestalten und mitbestimmen“, sagt Schulleiterin Evelyn Heeg. „Sie lernen so, Verantwortung  für sich und andere zu übernehmen, das gehört zum Leitbild unserer Schule.“ Dieses Leitbild zieht sich durch alle Bereiche im täglichen Miteinander an der Lessing-Realschule im Herzen der Stadt.

Ein wichtiges Element ist beispielsweise der sogenannte Schülerdienst. Die Schülerinnen und Schüler können sich für sehr unterschiedliche Projekte eintragen und übernehmen dann ein Jahr lang bestimmte Aufgaben. Gut zwei Drittel der Schüler, schätzt Schulleiterin Heeg, verpflichten sich freiwillig für so einen Dienst. Die Palette an Möglichkeiten ist riesig: So gibt es einen Schließdienst oder eine Altenheim-AG, in der die Schülerinnen und Schüler Senioren besuchen und mit ihnen singen, backen oder Ausflüge mit dem Rollstuhl unternehmen. Das Angebot besteht bereits seit 1992 und ist sehr beliebt. Ihre Fans hat auch die Geschichtswerkstatt. „Wir wissen erst seit 2001, dass wir eine ehemalige jüdische Zwangsschule sind“, erzählt Evelyn Heeg, „in der AG recherchieren die Schülerinnen und Schüler zur Vergangenheit der Schule und haben zum Beispiel Kontakt aufgenommen zu ehemaligen jüdischen Schülern.“

Drei Schüler gießen die Pflanzen in der Schule. (Foto: A. J. Schmidt)
Im Dienste der Gemeinschaft: Für das Blumengießen sind an der Lessing-Realschule die Schülerinnenund Schüler selbst zuständig. Dieser Schülerdienst wird für jeweils ein Jahr übernommen. (Foto: A. J. Schmidt)

Das Betreiben der Schülerbibliothek, die Blumen im Blumenhaus, die Patenschaften für neue Schüler – das alles liegt in der Lessing-Realschule in Schülerhand. Sie kümmern sich auch um das Terrarium mit Stabheuschrecken. Ein Biologielehrer hat irgendwann mal mit der Zucht begonnen, seither gehören die Insekten einfach zur Schule. Sie fressen gerne Zweige von Brombeerhecken, der entsprechende Schülerdienst hat das Wohlergehen der Tiere im Blick.

„Wir sind eine kleine Schule, der Charakter ist daher familiär“, sagt Evelyn Heeg. Das sehe man unter anderem daran, dass die Schülerinnen und Schüler sehr darauf achten, dass es ihren Mitschülern gut gehe. „Wenn einem Mitschüler etwas auffällt, gibt er mir oder jemandem aus dem Kollegium Bescheid.“ Tagt die Gesamtlehrerkonferenz, dürfen als erster Tagesordnungspunkt immer die Belange der Schülerinnen und Schüler vorgetragen werden, die sich zuvor in den Klassenräten als wichtig herausgestellt haben. „Ein großes Thema war beispielsweise die Nutzung von Whatsapp  in der Schule, da gab es viele Diskussionen“, erzählt Johanna Frank, Leiterin der Schule bis zum Juli 2018.

Die Lessingschule ist eine Tabletschule, also mit dem Umgang der neuen Medien vertraut. Es wurden alle Stimmen zur Debatte – auch die der Schülerinnen und Schüler – gehört und ein eigenes Regelwerk zum Umgang mit den sozialen Medien entworfen.

In der Lessing-Realschule kämpft nicht jeder Lehrende für sich allein. Schwierigkeiten, die Schülerinnen und Schüler haben, werden zentral erfasst. „So wissen wir meist schon sehr frühzeitig, wo  es bei jemandem hakt, und wir können besser helfen“, sagt Evelyn Heeg. Die Effekte seien so positiv, dass das gesamte Kollegium überzeugt sei. Erfasst werden zum Beispiel vergessene Hausaufgaben, über alle Fächer hinweg. Beim siebten Vergessen geht ein Brief an die Eltern raus, beim achten und neunten Mal wird in einem Coachinggespräch mit dem Schüler oder der Schülerin versucht, den Ursachen auf den Grund zu gehen und zu schauen, ob sich daran was ändern lässt. Freitags gibt es eine spezielle Nacharbeitszeit für die „Vergesser“.

Bewährt hat sich auch das sogenannte Trainingsraumkonzept, das die Schule nach einem skandinavischen Modell entwickelt hat. Schülerinnen  und Schüler, die Regeln verletzen und den Unterricht stören, gehen in den eigens dafür eingerichteten Trainingsraum. Dort bekommt er oder sie vom Betreuer einen Selbstreflexionsbogen. Nach einem anschließenden Gespräch – diese Aufgabe te ilen sich Lehrende und Eltern – geht es zurück in die Klasse. Wer zum dritten Mal in den Trainingsraum kommt, erhält ein Beratungsgespräch, beim fünften Mal sind dann die Eltern dabei, beim siebten Mal die Schulleiterin. „Wir geben den Schülern die Verantwortung für ihr Verhalten in die Hand“, sagt Johanna Frank.  „Sie wissen: Es gibt bestimmt Klassenregeln, und wenn sie sich an die nic ht halten können, haben sie sich für den Trainingsraum entschieden.“ Die Betroffenen seien dadurch angehalten, ihr eigenes Verhalten und das Warum zu reflektieren. Dann bekommen sie Hilfe und Unterstützung seitens der Schule. „Wir wollen nicht bestrafen, das ändert kein Verhalten“, sagt Johanna Frank, „aber wenn man den jungen Menschen Zeit gibt, ein wenig über sich nachzudenken, kann das sehr viel bewirken.“ Der Trainingsraum jedenfalls ist seit mehr als 13 Jahren ein voller Erfolg, der von der gesamten Schule mitgetragen wird.

Steckbrief

Lessingstraße 1
79100 Freiburg-Innenstadt

Leitung: Evelyn Heeg
Lernende: 358
Lehrende: 35

Besonderheiten:
  • Schule gegen Rassismus Schule mit Courage
  • Kooperationsklasse seit elf Jahren
  • Frankreichaustausch mit Paris
  • Spanisch als dritte Fremdsprache, einschließlich Spanischaustausch mit Mallorca
  • Mallorca
  • Vielfältiges AG-Angebot