Ein kurzes Kapitel der Freiburger Stadtgeschichte: Die Kameraindustrie

„Es muss 1981 gewesen sein“, überlegt Wolfgang Huller auf die Frage nach dem Beginn seines Sammelns. Damals hatte er einen Freund besucht, der während des Studiums in Amerika gewesen war. Beide besaßen sie Spiegelreflexkameras und interessierten sich sehr für Fotografie. 

So wies sein Freund ihn darauf hin, dass Zweitgehäuse für Kameras in den USA recht günstig seien. Zu seiner Minolta kam so eine zweite, bald darauf fand er in der Schweiz ein Minolta-Objektiv von 1962 – aus dem Interesse wurde eine Sammlung. Was Minolta-Kameras mit Freiburg zu tun haben? Nichts. Doch Hullers Sammelinteresse ging bald in eine andere Richtung – denn auch in Freiburg gab es eine Kameraindustrie: „Als Freiburger muss man eine Futura haben“.

Die Freiburger „Optische Anstalt Fritz Kuhnert“, später „Futura Kamerawerk Freiburg GmbH“ begann 1946, Fotoapparate herzustellen. Fritz Kuhnerts Initialen F.K. sollten namengebend für seine erste Systemkamera sein: die Efka 24. Alle Teile, auch für das spätere „Futura“-Modell, wurden im Freiburger Werk gefertigt. Die Objektive benannte Kuhnert nach seiner Ehefrau Eleonore, nach seiner Tochter Eva und seinem Sohn Peter. Unter den Namen "Elor", "Evar" und "Petar" wurden die Freiburger Objektive weltweit berühmt – auch wegen ihrer für die damalige Zeit sehr hohen Lichtstärke. „Das waren sehr fortschrittliche Systemkameras“, erklärt Wolfgang Huller. „Beachtlich ist auch, wie viel Zubehör es gab: Universal-Sucher, Sonnenblenden, Repro-Ständer, Nahaufnahmen-Zwischenringe...“. All das sammelte Huller bis vor zehn Jahren. Sein Tisch ist übersät von Kameras und Objektiven, kleineren und größeren Schachteln, Bedienungsanleitungen und Prospekten – sie ziert der Schriftzug „Futura“, der sich im Laufe der Zeit einige Male verändert hat.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, die rund vierzig Kameras der Sammlung sähen alle gleich aus – doch dem ist nicht so. „Das sind alles verschiedene Varianten“, so Huller. Manchmal unterscheiden sie sich nur im Detail – „Feinheiten, die den Laien nicht interessieren“. Oft fertigte Kuhnert Sondermodelle auf Anfrage eines Kunden an: Eine Kamera aus Hullers Sammlung etwa hat einen etwas größeren Rückspulgriff, außerdem einen größeren Hebel, um das Objektiv zu bedienen. „Wahrscheinlich wollte der Kunde die Kamera mit Handschuhen bedienen“, vermutet der Sammler.

Nach einigen Jahren, 1951, ging der Firma das Geld aus – sie wurde an eine Hamburger Reederei verkauft und trug fortan den Namen „Futura Kamerawerk Freiburg GmbH“. Leider fehlte bald, um 1956/1957, das Interesse, die Firma weiter zu modernisieren, was nötig gewesen wäre, um dem technischen Fortschritt Stand zu halten. Bald erkannte man, dass sich Schrott besser verkaufen ließ als Kameras, das Werk wurde liquidiert – die Kameraindustrie in Freiburg starb aus. „Ein kurzes Kapitel“, resümiert Wolfgang Huller, der sich auch mit der Firmengeschichte eingehend beschäftigt hat.

„Die Produkte stehen für mich im Zentrum – wann sind welche Produkte rausgebracht worden? Was gibt es alles? Was hat sich geändert?“, berichtet er. „Es ist sehr interessant, das dann in Kontext zu setzen mit der Firmengeschichte“. Ob seine Sammlung vollständig ist? „Nicht ganz, es gibt bestimmt noch Prototypen, die man nicht findet. Aber ich denke, so um die 95 Prozent habe ich“. So kam es, dass für ihn das Kamerasammeln vor rund zehn Jahren uninteressant wurde. Der Reiz des Suchens und Findens blieb aus, je vollständiger seine Sammlung wurde. Das in sich geschlossene Sammelgebiet sei irgendwann „abgegrast“ gewesen, berichtet er. Gefunden hat er die Raritäten früher vor allem in Fotogeschäften und auf Fotobörsen, später dann natürlich auf Ebay. Einmal, erzählt Huller, habe er ein seltenes Objektiv bei einem amerikanischen Händler entdeckt, das er unbedingt haben wollte. „Als ich ihn im Internet anschrieb, antwortete der: Ich hab’ noch was für Sie. Er bot mir eine Kamera an, die ich bis dahin noch gar nicht kannte – eine Sonderversion. So kommt man manchmal unerwartet von einem Objekt zu einem ganz anderen Schätzchen.“

Zwar sammelt Wolfgang Huller heute keine Kameras mehr, doch seine Sammelleidenschaft ist geblieben. Auch bei seinem aktuellen Gebiet, Notenrollen der Firma Welte, spielt der Freiburg-Bezug eine große Rolle. „Warum ich sammle? Weil es Spaß macht, zu entdecken. Außerdem war das ja schon immer in uns drin: Früher, zur Zeit der Jäger und Sammler, sammelten die Menschen Beeren.“ – Und heute eben Kameras.  

Text und Gespräch: Lisa Blitz Bilder: Lisa Blitz

Foto: Lisa Blitz
Foto: Lisa Blitz
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Veröffentlicht am 07.08.2017