Weltfrauentag

„Es gibt nach wie vor strukturelle Benachteiligung von Frauen“

Die Frauenbeauftragte der Stadt, Simone Thomas, erklärt anlässlich des Weltfrauentags 2015, warum er immer noch wichtig ist. Eine Aktionswoche vom 8. bis 15. März zeigt das vielfältige Engagement der Fraueninitiativen und -verbände.

Die Frauenbeauftragte der Stadt, Simone Thomas (Foto: A.J. Schmidt)

Im März 1911 wurde in Deutschland zum ersten Mal der Internationale Frauentag gefeiert. Er entstand im Kampf um die Gleichberechtigung. Die Hauptforderung war das Wahlrecht für Frauen, das 1918 durchgesetzt wurde.

Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Frauentag verboten und stattdessen der Muttertag, der mehr dem nationalsozialistischen Frauenideal entsprach, als Feiertag installiert. Im Widerstand wurde der Frauentag jedoch weiter gefeiert. Aber erst mit der Frauenbewegung Ende der 60er-Jahre bekam er wieder mehr öffentliche Aufmerksamkeit. 1977 bestimmte die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 8. März offiziell als internationalen Frauentag. Seitdem wird er in vielen Ländern weltweit gefeiert, in manchen sogar als offizieller Feiertag.

Weltweit nutzen Frauen alljährlich diesen Tag. Sie gehen an die Öffentlichkeit, um daran zu erinnern, was sie bereits erreicht haben. Sie machen darauf aufmerksam, dass sie für ihre Rechte eintreten und die Gleichberechtigung dort einfordern, wo sie noch nicht verwirklicht ist.

In Freiburg ist aus dem Aktionstag im Lauf der Jahre eine ganze Aktionswoche mit zahlreichen Veranstaltungen geworden, die von der städtischen Frauenbeauftragten koordiniert wird. Das umfangreiche Programm zeigt das breite Spektrum und das Engagement der Fraueninitiativen und -verbände. Die Bandbreite der Veranstaltungen reicht von Podiumsdiskussion über Ausstellungen, Diskussions- und Infoveranstaltungen, Vorträge, offene Türen und Sprechstunden, Lesungen, Filmvorführungen, internationale Treffs, Workshops, Führungen, Kurse, ein Theaterstück, einen Gottesdienst, eine Modenschau bis hin zu einem Fest.

Foto: Svenja von Schultzendorff

​​Katriana rockt das Colombischlössle

Wenn nur ein Bruchteil von dem stimmt, was KritikerInnen in Radio und Zeitungen über die Hamburgerin Katriana sagen und schreiben ist, dann findet am 8. März im Colombischlössle ein wirklich großartiges Konzert statt. Katriana singt und spielt herzergreifende, nicht kitschige, wunderschön traurige Liebeslieder – und rockt im nächsten Moment das Haus. Ob dieser Bandbreite hat man ihren Liedern das Label „Indie-Pop-Chansons“ verpasst. Um 15 Uhr geht’s los, der Eintritt kostet 5, ermäßigt 3 Euro.

Themen sind Gewalt gegen Frauen und Mädchen, politische Teilhabe, Frauengesundheit und Sucht, Medien und Pornografie, Diskriminierung, berufliche Beratung, Frauen in anderen Kulturen, Alter, Obdachlosigkeit und feministische Bewegungen. Dieses Jahr gibt es sogar eine Gabelstaplerrallye! Mit dem jährlich stattfindenden Empfang, dieses Jahr am 9. März, ehrt und würdigt die Stadt Freiburg dieses frauenpolitische Engagement. Seit den Anfängen des Frauentags hat sich viel verändert. Viele Gesetze wurden erlassen oder reformiert, damit Frauen gleichberechtigt am politischen Geschehen teilnehmen können und vor Gewalt geschützt werden. 1957 gab es das erste Gleichberechtigungsgesetz, 1961 wurde die erste Frau Ministerin. Seit 1985 gibt es in Freiburg die Stelle zur Gleichberechtigung der Frau, die erste in Baden-Württemberg! Mittlerweile gibt es in allen größeren Städten in Deutschland kommunale Frauenbeauftragte, die die gesetzliche Aufgabe haben, Art. 3, Abs. 2 des Grundgesetzes auf kommunaler Ebene mit umzusetzen. Dieser lautet:

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Auf Landesebene gibt es das Chancengleichheitsgesetz. Dieses fordert von den Kommunen, dass Aufgaben der Frauenförderung wahrgenommen werden und Chancengleichheit als Leitprinzip in allen kommunalen Aufgaben berücksichtigt wird. Die Frauenbeauftragte ist beiden Gesetzen verpflichtet. Ihre Aufgabe ist es, Probleme bei der Gleichberechtigung auf kommunaler Ebene aufzuzeigen und Lösungsmöglichkeiten gemeinsam mit den entsprechenden städtischen Stellen zu entwickeln.

Nicht nur Bürgerinnen und Bürger, auch Mitarbeitende der Stadtverwaltung können sich in Fragen der Gleichberechtigung von ihr beraten lassen. Als Schnittstelle zwischen Frauenorganisationen und -verbänden und Verwaltung bringt sie Empfehlungen ein, die die Gleichstellungsbemühungen der Stadt fördern und helfen, Diskriminierung abzubauen. Um auf unterschiedliche Themen aufmerksam zu machen, organisiert die Frauenbeauftragte Informationsveranstaltungen, macht Öffentlichkeitsarbeit und arbeitet über die Stadt hinaus auf Landes- und Bundesebene mit entsprechenden Stellen zusammen.

Obwohl die gesetzlichen Grundlagen für Gleichberechtigung gegeben sind, gibt es nach wie vor eine strukturelle Benachteiligung von Frauen. So ist der Frauenanteil an Führungspositionen oder in politischen Ämtern immer noch gering, obwohl der Anteil an weiblichen und männlichen Uniabsolventen ausgeglichen ist. Der jährliche Equal Pay Day zeigt auf, dass Frauen jährlich bis zu drei Monate länger arbeiten müssten, um gleich viel Geld wie Männer zu verdienen. Jede dritte Frau in Deutschland wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von Gewalt. Noch immer ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor allem Frauensache. Dies sind alles Themen, mit denen kommunale Frauenbeauftragte beschäftigt sind und die deutlich machen, dass es auch weiterhin Engagement für Frauen, wie auch den Internationalen Frauentag, braucht.

Text: Simone Thomas

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