SC-Stadion

Euro und Cent: Die Kosten

Wieviel wird ein neues Stadion am Wolfswinkel kosten, und wer zahlt wieviel aus welchen Kassen?

Erstligafußball in Freiburg: Aktuell ist der SC Freiburg der einzige Bundesligist, dessen Stadion in den letzten 10 Jahren nicht umfassend saniert oder ganz neu gebaut wurde. (Foto: A. J. Schmidt)
Ein Stadion im Vorgarten: Das Luftbild zeigt, wie dicht das Schwarzwaldstadion an der Bebauung liegt. Keine 40 Meter sind es zum nächstgelegenen Wohnhaus, rund 400 wären es am Wolfswinkel. (Foto: A. J. Schmidt)


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Der SC zahlt das Stadion, die Stadt das Drumherum

Nach ersten Kalkulationen summieren sich alle Aufwendungen für Planung und Bau der Fußballarena auf 70 Millionen Euro, die der SC Freiburg über die Pacht finanziert. Rund 47 Millionen kostet die Infrastruktur rund um das Stadion. Abzüglich der Einnahmen und Zuschüsse verbleiben Kosten in Höhe von 38 Millionen Euro, die im städtischen Haushalt finanziert werden.

Objektträgergesellschaft

Für Planung, Realisierung und den späteren Betrieb des Stadions wollen Stadt und SC eine städtische Objektträgergesellschaft (OTG) in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gründen, um steuerliche Vorteile nutzen zu können. In die Gesellschaft bringt die Stadt das Stadiongrundstück als Sacheinlage ein. Der Sport-Club beteiligt sich mit einer Kapitaleinlage von mindestens 15 Millionen Euro; pro Erstligajahr kommt in den nächsten 5 Jahren eine weitere Million pro Jahr hinzu, sodass die Kapitaleinlage des SC in der 1. Liga maximal 20 Millionen Euro betragen wird.

Ein Zuschuss für den Stadionbau kommt auch vom Land Baden-Württemberg: "10 Millionen Euro plus X" haben die Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen am Rande des baden-württembergischen Derbys Ende November verbindlich zugesagt. Das Land würdigt damit die Synergieeffekte für die Universität.

Somit verbleibt eine Summe von 39 Millionen, die von der OTG durch Darlehen finanziert wird. Das Finanzierungskonzept sieht vor, dass die Stadt eine Bürgschaft über 80 Prozent der Darlehensfinanzierung übernimmt, damit die OTG Kommunalkredite mit günstigen Zinssätzen aufnehmen kann. Erst vor wenigen Tagen haben die Stadt und die Staatsbrauerei Rothaus verabredet, dass die seit 1998 bestehende "stille Beteiligung" von Rothaus an der Messe Freiburg, eine Kapitalbeteiligung über 12,78 Millionen Euro, im Jahr 2019 auf die Objektträgergesellschaft Stadion übergehen soll. Das bedeutet: Die Darlehensfinanzierung wird auf rund 26,2 Millionen Euro (statt 39 Millionen Euro) sinken, und anteilig auch die Höhe der städtischen Bürgschaft für die Kreditfinanzierung.

Finanzierung des Stadions​

Wie wird das Stadion finanziert? Einfache Antwort: Durch die Pachtzahlungen des SC. Das Bauwerk bleibt im Eigentum der OTG; der Sport-Club pachtet die Anlage und zahlt eine jährliche Pacht, die den gesamten Kapitaldienst mit Zins und Tilgung, Abschreibung sowie Nebenund Verwaltungskosten abdeckt. Je nach Liga-Zugehörigkeit sind unterschiedliche Pachten vereinbart: In der höchsten Spielklasse liegt sie bei 3,8 Millionen Euro, womit in vollem Umfang Zinsen, eine hohe Tilgung (mit dem Ziel kurzer Kreditlaufzeiten) sowie Abschreibungen gezahlt und gleichzeitig noch Rücklagen gebildet werden. Im Vergleich zu nahezu allen anderen Bundesligavereinen mit neuen Stadien, die in den letzten Jahren weitgehend aus öffentlichen Haushalten bezahlt worden sind, erbringt der SC mit der Kapitaleinlage von bis zu 20 Millionen Euro und einem jährlichen Pachtzins von 3,8 Millionen Euro einen hohen eigenen Finanzierungsbeitrag.

Bei einem Abstieg in die 2. Liga sinkt die jährliche Pacht auf 2,5 Millionen, die ausreichend sind für Zinszahlungen, eine "gestreckte" Tilgung des Darlehens und Neben- und Verwaltungskosten. Erst für die 3. Liga (wo der SC zuletzt vor 36 Jahren gespielt hat) ist festgelegt, dass ein neuer Pachtzins ausgehandelt wird, der sich an der dann geringeren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vereins orientiert. Nur für diesen Fall kann es dazu kommen, dass eine Finanzierungslücke durch die Stadt oder Dritte ausgeglichen werden müsste.

In allen Fällen bleibt der Sport-Club als Pächter für alle Kosten der Instandsetzung und Bauunterhaltung verantwortlich – so wie heute auch im Schwarzwaldstadion.

Finanzierung der Infrastruktur

Die Kosten der Infrastruktur sind auf rund 47 Millionen Euro einschließlich eines Risikozuschlags kalkuliert, und sollen über mehrere Jahre im städtischen Haushalt bereitgestellt werden. Im Gegenzug nimmt die Stadt rund 9 Millionen Euro ein: 1,6 Millionen Euro Erschließungsbeiträge und weitere 4,9 Millionen Euro Straßenbaumittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz für die neue Verbindungsstraße, sowie 3 Millionen Euro für 1 200 Parkplätze, die von einer städtischen Gesellschaft gebaut und bewirtschaftet werden – voraussichtlich wird die FWTM diesen Part übernehmen.

Damit verbleiben netto 38 Millionen für die Infrastruktur. Im Entwurf des Doppelhaushalts 2015/2016 stehen insgesamt 3 Millionen Euro für Planungskosten; der Rest ist über voraussichtlich sechs Jahre im Haushalt zu veranschlagen.

Der größte Kostenfaktor ist die Verkehrserschließung mit einer neuen Verbindungsstraße zwischen Madison- und Granadaallee sowie Parkplätzen. Sie sind allein mit rund 22 Millionen Euro kalkuliert. Hinzu kommen Ausgleichsmaßnahmen für Natur- und Landschaftsschutz, Entsorgungs- und Verlagerungskosten, P+R-Konzept und einige weitere Positionen.

Von der Infrastruktur profitiert nicht nur das Stadion: Die Erschließungsstraße nutzt auch der benachbarten Universität und schafft eine neue Querverbindung zwischen der Hermann-Mitsch-Straße und der Elsässer Straße. Die Parkplätze im Umfeld des Stadions sind an spielfreien Tagen auch für die Universität und bei großen Veranstaltungen für die benachbarte Messe nutzbar. Außerdem sollen Räume und Einrichtungen des Stadions auch von der Universität mit genutzt werden (z. B. für Konferenzen oder Veranstaltungen).

Alte Liebe ohne Zukunft

Warum kann der SC nicht dauerhaft in der bisherigen Spielstätte Schwarzwaldstadion bleiben? Denn viele Fans schätzen die heimelige Atmosphäre des Stadions im Freiburger Osten, in dem der Sport-Club seit 1955 zu Hause ist.

Umbau des alten Stadions wäre unwirtschaftlich

Seit dem ersten Aufstieg in die 1. Bundesliga 1993 ist das Schwarzwaldstadion schrittweise von damals 12 000 Plätzen auf die heutige Größe mit 24 500 Plätzen ausgebaut worden. Die Idylle hat jedoch auch Schwächen, worauf die Deutsche Fußball-Liga (DFL) regelmäßig hinweist,wenn die jährliche Lizenz für den Spielbetrieb vergeben wird. Weil die einschlägigen Bestimmungen nicht eingehalten werden, erteilt die DFL lediglich Ausnahmegenehmigungen.

Im Bescheid vom April 2014 für die Saison 2014/2015 heißt es dazu wörtlich: "Die infrastrukturellen und medientechnischen Gegebenheiten (…) sind für den Spielbetrieb in der Bundesliga und 2. Bundesliga noch akzeptabel, im Bereich des Profifußballs insgesamt auf Dauer aber nicht zukunftsfähig".

Wenn der Sport-Club nicht nachweisen kann, dass er in einer absehbaren Frist in ein neues Stadion umziehen kann, werden für die Beseitigung der Mängel sehr hohe Investitionsbeträge für aufwändige Umbauten fällig. Ein weiteres Handicap: Seit 2005 ist ein gerichtlicher Vergleich des Verwaltungsgerichtshofs zwischen der Stadt und mehreren Anliegern in Kraft, der die Zuschauerkapazität auf höchstens 25 000 Plätze begrenzt wird. Weil das Limit mit heute 24 500 Plätzen praktisch bereits ausgeschöpft ist, wäre jeder weitere Um- oder Ausbau unzulässig.

Neben anderen Nachteilen (Mangel an Parkplätzen, Lage in einem Wohngebiet, schlechte verkehrliche Erschließung) kommt ein wirtschaftlicher Nachteil hinzu: Business-Plätze und VIP-Lounges, wie sie heute in allen Stadien üblich sind und die Einnahmen der Clubs verbessern, sind wegen der beengten Platzverhältnisse im Schwarzwaldstadion nicht möglich. Damit verliert der Verein eine wichtige Einnahmequelle und ist im Wettbewerb gegenüber anderen Bundesliga-Stadien wirtschaftlich benachteiligt.

2011 hat der Sport-Club zunächst in einer Studie des Bauunternehmens Freyler und 2012 zusammen mit der Stadt vom Beratungsbüro Ernst+Young die Option eines Um- und Ausbaus des Schwarzwaldstadion untersuchen lassen. Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Ein Umbau ist technisch möglich, würde jedoch funktionale Nachteile nach sich ziehen. Die Arbeiten würden sich über mehrere Jahre erstrecken, in denen der SC in einer Baustelle spielen müsste, mit eingeschränkter Platzkapazität und Verlusten beim Ticketverkauf.
  • Wirtschaftlich wäre ein Umbau nicht darstellbar: Die Baukosten liegen je nach Variante zwischen 50 und 60 Millionen Euro, die aus dem Stadionbetrieb nicht refinanziert werden können, weil die Zahl der Zuschauerplätze limitiert bleibt.
  • Alle funktionalen und strukturellen Mängel (Lage im Wohngebiet mit 40 Metern Distanz zur nächstgelegenen Wohnbebauung, unzureichende Parkmöglichkeiten, Lärmemissionen und Verkehrserschließung) würden auch bei einem Umbau weiter bestehen.
  • Juristisch wäre eine neue Baugenehmigung für einen Um- der Ausbau gar nicht mehr möglich oder hätte keinen Bestand vor Gericht, weil beispielsweise die Mindestanforderungen beim Lärmschutz gegenüber der Wohnbebauung nicht eingehalten werden können.

Zahlen und Fakten auf einen Blick

Kostenprognose Infrastruktur:

Position / Kategorie Mio. Euro
Erschließungsstraßen, 1200 Kfz-Parkplätze, Bus-Parkplätze und -Haltestellen 22,5
Standortspezifische Aufwendungen (Entsorgungs- und Verlagerungskosten) 5,0
Öffentliche Ver- und Entsorgungsinfrastruktur 1,0
Gewährleistung der P+R-Kapazitäten 1,0
Ausgleich Magerrasen (inkl. Dauerlasten und ggf. Forstausgleich) 2,5
Sonstige Ausgleichsmaßnahmen (Naturschutz) 3,0
Planungskosten (Bebauungsplan und Gutachten) 1,0
Zwischensumme 36,0
+ 10% Unvorhergesehenes 3,6
Gesamtkosten Infrastruktur (netto) 39,6
+ 19% MWSt. 7,5
Kostenprognose Infrastruktur (brutto, gerundet) 47,0
 
Entlastung  
GVFG-Förderung für Spange Granada-/Madisonallee (Bund, Land) - 4,9
Erschließungsbeitrag des Landes für Uni-Quartier - 1,6
Erstellung der nicht baurechtlich erforderlichen 1200 Kfz-Stellplätze durch eine städtische Gesellschaft - 3,0
Kostenentlastungen (brutto, gerundet) - 9,0
 
Baukostensumme Infrastruktur zu Lasten des städtischen Haushalts (gerundet) 38,0

Die Mängel des Schwarzwaldstadions auf einen Blick:

  • Das Spielfeld ist um fast 5 Meter zu kurz und weist in Süd-Nord-Richtung ein Gefälle von rund einem Meter auf.
  • Die Rettungs- und Fluchtwege sind extrem beengt, für einen Rettungsweg um das Spielfeld reichen die Platzverhältnisse nicht aus.
  • Unzureichende Plätze für Behinderte mit eingeschränkter Sicht aufs Spielfeld.
  • Die Bedingungen für TV-Übertragungen entsprechen nicht den Anforderungen der Sender.
  • Von einem Teil der Tribünen ist die Sicht durch Dachstützen auf das Spielfeld eingeschränkt.
  • Zu geringe und nicht erweiterbare Zuschauerkapazität.
  • VIP-Plätze und Lounges sind nicht möglich, mit negativen Auswirkungen der Wirtschaftlichkeit.

Gemeinderatssitzung vom 24.07.2018:
Kostenkalkulation Infrastruktur
Vorlage: G-18/162
Änderung Flächennutzungsplan 2020
Vorlage: G-18/098
Bebauungsplan
Vorlage: G-18/112
Erschließung
Vorlage: G-18/125
Stadion Freiburg Objektträger GmbH&Co. KG
Vorlage: G-18/106
Veränderungssperre
Vorlage: G-18/139

Gemeinderatssitzung vom 23.05.2017:
Offenlage des Bebauungsplan 'Neues Fußballstadion am Flugplatz', Plan-Nr. 2-74
Vorlage G-17/035

Gemeinderatssitzung vom 15.11.2016:
Information zur Standortplanung
Vorlage G-16/268

Gemeinderatssitzung vom 2.2.2016:
Gründung der Stadion Freiburg Objektträger-Gesellschaft
Vorlage G-16/019

Gemeinderatssitzung vom 15.12.2015
Vertrag mit dem Land Baden-Württemberg über Beteiligung an Infrastrukturmaßnahme
Vorlage G-15/047

Bau- und Umlegungsausschuss 17.6.2015
Bauleitplanverfahren Neues Stadion
Vorlage BA-15/003

Gemeinderatssitzung vom 19.5.2015:
Weiteres Vorgehen Neues Fußballstadion am Flugplatz
Vorlage G-15/069

Gemeinderatssitzung vom 3.2.2015:
Bericht über das Ergebnis des Bürgerentscheids
Vorlage G-15/048

Gemeinderatssitzung vom 18.11.2014:
Neues Fußballstadion am Flugplatz/ Wolfswinkel
Vorlage G-14/183
Vorlage G-14/183.1

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