Freiburger Sammlungen

Freiburg-Sammler Jürgen Weckerle

Neben üppigen Sträuchern und zarten Frühblühern ziert ein massiver Sandstein den Vorgarten des Ehepaars Weckerle in Herdern. Darauf prangt das Wappen der Stadt Freiburg. Einige Meter weiter, umsäumt von violetten Blümchen: ein Stück des Freiburger Münsters, schon etwas verwittert. Der Sammler Jürgen Weckerle öffnet die Tür und lädt uns ein, seine persönliche Freiburg-Galerie zu betreten.

Hat der Vorgarten schon eine kleine Vorahnung dessen vermittelt, was uns in Weckerles Heim erwarten würde, so bleibt beim Betreten des Hauses diesbezüglich kein Zweifel. Schon im Erdgeschoss weiß man kaum, wohin den Blick wenden, so viele Freiburg-Raritäten gibt es dort zu entdecken. An den Wänden prangen Dokumente, wie etwa die Urkunde des Münsterbauvereins von 1903 oder dem Festschießen vor dem Gasthaus Schützen von 1830. In einem großen Setzkasten über dem Sofa sind zahlreiche Taschenuhren gesammelt, daneben einige alte Pillenschachteln – diese sammelt Brigitte Weckerle, die das Hobby ihres Mannes teilt. Ihr ganzer Stolz sind Hunderte von Teddybären, die uns im ersten Stock aus gutmütigen Knopfaugen entgegenblicken.

Die schmale, knarrende Wendeltreppe führt uns nicht nur in das niedlich eingerichtete Kinder- beziehungsweise Teddyzimmer, sondern auch in Jürgen Weckerles Bibliothek. Mehr als 900 Bücher über Freiburg zieren dort die deckenhohen Regale – darunter viele Bildbände und Reiseführer. Auf den Gängen und im Treppenhaus des verwinkelten Freiburg-Labyrinths hat der Sammler keinen Platz an der Wand ausgespart: Wir kommen vorbei an historischen Freiburg-Stichen, alten, gerahmten Stadtplänen, Freiburg-Medaillen und einem in Blei eingefassten Glasschild der Freiburger Löwen-Brauerei. Daneben steht ein dicht bestücktes Regal mit Bierkrügen, Flaschen und Humpen von Freiburger Brauereien. Auf der Toilette findet man diverse Kloabzieher mit Freiburg-Aufdruck, auf dem Dachboden eine alte Umhängetasche der Freiburger Post, in einem Holzkasten Taschenspiegel mit Freiburg-Aufdruck – das Sammelsurium kennt keine Grenzen.

 Jürgen Weckerle öffnet eine weitere Tür und wir gelangen in den Raum, wo er wohl die meiste Zeit seiner Sammelleidenschaft widmet. Seit seiner Kindheit sammelt Weckerle Briefmarken. Das tat man früher, erklärt uns der Pensionär. Heute sammelt er vor allem Dokumente zur Geschichte der Post. Vielleicht, so mutmaßt er, sammelt er bis heute so viel, weil er in der Nachkriegszeit einen enormen Mangel erlebt hat.

Die Philatelie (= Briefmarkenkunde)ist der Schwerpunkt der umfangreichen Sammlung, die Weckerle in den vergangenen Jahrzehnten zusammengetragen hat. Kistenweise philatelistische Belege, Dokumente, Postkarten warten noch darauf, einsortiert zu werden, mehr als einhundert dicke Alben hat Weckerle schon gefüllt. Sie enthalten viele Postkarten aus seinem Stadtteil Herdern sowie Postkarten, welche die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die Nachkriegszeit dokumentieren. „Besonders wichtig sind für mich Altbriefe ab ca.1560, später Belege mit Poststempel“, erklärt Weckerle. Sie geben Aufschluss über zeitgeschichtliche Hintergründe: Wie wurde die Post zugestellt? Was wurde zensiert? Welche Regeln hatte die Post in einem bestimmten politischen Kontext zu befolgen?

Seine ruheständische Freizeit widmet Jürgen Weckerle zu einem großen Teil der Sammelleidenschaft: Vor allem spätabends bis tief in die Nacht hinein ist er im Internet unterwegs, um neue Schätze für seine persönliche Freiburg-Galerie zu finden, die wir nach einigen Stunden um etliche Freiburg-Geschichten reicher verlassen.

Foto: Lisa Blitz
Foto: Lisa Blitz
Foto: Lisa Blitz
Veröffentlicht am 27.04.2017